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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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in die betreffende Stellung einträte. Das war eine ungeheure Freude. Auskömmliches Gehalt, freie Wohnung und Verpflegung, alles wurde mir geboten, und ich antwortete, daß ich nicht nur dankbarst akzeptierte, sondern auch der Hoffnung lebte, mich aus meiner gegenwärtigen Stellung sehr bald loslösen zu können. Gleich am andern Morgen trug ich dementsprechend mein Anliegen meiner Prinzipalität vor und begegnete keiner Schwierigkeit. Eigentlich war man wohl froh, und auch mit Recht, mich loszuwerden, denn solchen »Politiker« um sich zu haben, der jeden Tag ins Schauspielhaus lief, um dort pro patria zu beraten, und bei dem außerdem noch die Möglichkeit einer plötzlichen Verbrüderung mit dem Blusenmann Siegerist nicht ausgeschlossen schien, hatte was Bedrückliches, ganz abgesehn von den nächstliegenden geschäftlichen Unbequemlichkeiten, die mein beständiges »Sich-auf-Urlaub-Befinden« mit sich brachte.
    So kam es denn, daß ich schon im Juni höchst vergnüglich nach Bethanien hin übersiedelte, nur ein ganz klein wenig bedrückt durch die Vorstellung, daß mir vielleicht ein »Singen in einem höheren Ton« dort zugemutet werden könnte. Sonderbarerweise aber hat es sich für mich immer so getroffen, daß ich unter Muckern, Orthodoxen und Pietisten, desgleichen auch unter Adligen von der junkerlichsten Observanz meine angenehmsten Tage verlebt habe. Jedenfalls keine unangenehmen.

In Bethanien
     

Erstes Kapitel
     
    Bethanien und seine Leute
     
    Ich war nun also in Bethanien eingerückt und hatte in einem der unmittelbar daneben gelegenen kleineren Häuser eine Wohnung bezogen. In ebendiesem Hause, dem Ärztehause, waren drei Doktoren einquartiert: in der Beletage der dirigierende Arzt Geheimrat Dr. Bartels, in den Parterreräumen einerseits Dr. Wald, andrerseits Dr. Wilms. Zwei von des letzteren Wohnung abgetrennte Zimmer mit Blick auf Hof und Garten bildeten meine Behausung. Bartels und Wald waren verheiratet, was einen Verkehr zwar nicht ausschloß, aber doch erschwerte, Wilms und ich dagegen trafen uns tagtäglich beim Mittagessen, das wir gemeinschaftlich mit einem ebenfalls unverheirateten bethanischen Inspektor in dessen im »Großen Hause« gelegenen Zimmer einnahmen. Drei Junggesellen: Wilms sechsundzwanzig, ich achtundzwanzig, der Inspektor einige dreißig. Das hätte nun reizend sein können. Es war aber eigentlich langweilig. Wilms war immer etwas gereizt, teils weil ihn das Pastor Schultzische Papsttum direkt verdroß, teils weil ihn die Haltung der beiden ihm vorgesetzten Ärzte, das mindeste zu sagen, nicht recht befriedigte. Dazu kam auch wohl noch die Vorahnung beziehentlich Gewißheit, daß er die , denen er sich jetzt unterstellt sah, sehr bald überflügeln würde. Dem nachzuhängen wäre nun gewiß sein gutes und für mich unter allen Umständen sehr unterhaltliches Recht gewesen, aber weil er bei seinen großen Vorzügen – seine größte Eigenschaft, fast noch über das Ärztliche hinaus, war seine Humanität – doch eigentlich was Philiströses hatte, so verstand er es nicht, seinen Unmut grotesk-amüsant zu inszenieren. Er hatte keine Spur von Witz und Humor und entbehrte alles geistig Drüberstehenden. Er wurde nur groß, wenn er das Seziermesser in die Hand nahm.
    So Wilms. Er war nicht interessant. Aber das war freilich auch das einzige, was sich gegen ihn sagen ließ, während es mit dem Inspektor auf manch ernsterem Gebiete bedenklich stand. Er hatte das rosige, gut rasierte Glattgesicht der Frommen, dazu auch die verbindlichen Manieren, deren sich diese zwar nicht immer, aber doch meist befleißigen. Insoweit wär’ es also mit ihm sehr gut auszuhalten gewesen. Aber er war ein Scheinheiliger comme-il-faut – Gott sei Dank der einzige, den ich in Bethanien kennengelernt habe –, und wenn er mit feinem Ohr hörte, daß spät am Abend noch die Oberin, Gräfin Rantzau, auf seinem Korridor erschien, um vor Nachtzeit noch einmal das Haus abzupatrouillieren, so begann er in seinem Zimmer auf und ab zu rutschen und Gott mit erhobener Stimme anzurufen, ihm seine Sünden zu verzeihen und wieder in Gnaden anzunehmen. Ob die Gräfin in diese Falle ging, weiß ich nicht; ich glaub’ es aber kaum, denn sie war klug und kannte die Menschen.
    Übrigens medisierten Wilms und ich, ich natürlich voran, bei unsren gemeinsam eingenommenen Mahlzeiten mit nie aussetzender Regelmäßigkeit und erzählten uns die bedenklichsten Geschichten, bei denen sich das Gesicht des Inspektors

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