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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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gelegt, die aus Bändern von grober Sackleinwand gemacht sind.«
    »Na ja«, sagte Herr Pickwick.
    »Na ja«, wiederholte Herr Weller, »der Vorteil springt in die Augen. Um sechs Uhr morgens werden die Stricke an einem Ende abgelöst und sämtliche Schlafgänger fallen herunter. Die Folge ist, daß sie völlig wach ganz ruhig aufstehen und fortgehen.«
    »Verzeihung, Sir«, sagte Sam, seinen Wortschall plötzlich hemmend. »Ist dies Bury Saint Edmunds?«
    »Ja, das ist’s«, erwiderte Herr Pickwick.
    Die Kutsche rasselte durch die wohlgepflasterten Straßen eines hübschen Städtchens von wohlhabenden und reinlichem Aussehen, und hielt vor einem großen Gasthof in einer breiten, offenen Straße, beinahe gerade der alten Abtei gegenüber.
    »Und dies«, sagte Herr Pickwick emporschauend, »ist der Engel. Wir steigen hier ab, Sam, aber einige Vorsicht ist notwendig. Bestelle ein besonderes Zimmer, und nenne meinen Namen nicht. Du verstehst mich.«
    »Wie ein Orakel, Sir«, versetzte Herr Weller mit einem schlauen Winke, und nachdem er Herrn Pickwicks Gepäck aus dem hintern Kasten genommen, in den es in der Eile geworfen war, als sie in die Eatanswiller Postkutsche stiegen, verschwand Herr Weller, um seinen Auftrag auszurichten. Augenblicklich wurde ein besonderes Zimmer bestellt und Herr Pickwick ohne Verzug hineinbugsiert.
    »Nun ist das Erste, Sam«, sagte Herr Pickwick, »das Erste, was geschehen muß –«
    »Das Essen, Sir«, unterbrach ihn Herr Weller, »Es ist schon sehr spät.«
    »Ach ja«, sagte Herr Pickwick, auf seine Uhr sehend. »Du hast recht, Sam.«
    »Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, mein Herr«, fügte Herr Weller hinzu, »so würde ich mich an Ihrer Stelle nach dem Essen zu Bett begeben und erst morgen ans Werk gehen, nachdem ich erst mal ordentlich ausgeschlafen hätte. Nichts ist so erquickend, wie ein ordentlicher Schlaf, Sir, sagte die Kellnerin, ehe sie das Glas Opium leerte.«
    »Du magst wohl recht haben, Sam«, versetzte Herr Pickwick. »Aber ich muß mich zuerst überzeugen, daß er im Hause ist und nicht so schnell fortgeht.«
    »Überlassen Sie das mir, Sir«, sagte Sam. »Lassen Sie mich ein hübsches, kleines Abendessen bestellen, unten nachforschen, während es zubereitet wird: in fünf Minuten will ich dem Hausknecht jedes Geheimnis entlockt haben.«
    »Mach es so«, sagte Herr Pickwick.
    Und Herr Weller entfernte sich alsbald.
    In einer halben Stunde saß Herr Pickwick vor einem sehr befriedigenden Abendessen; und in drei Viertelstunden kam Herr Weller mit der Nachricht zurück, Herr Charles Fitz-Marshall habe befohlen, man solle ihm sein Zimmer bis auf weiteres vorbehalten. Er sei ausgegangen, um den Abend in einem benachbarten Privathause zuzubringen: weiter habe er den Hausknecht angewiesen, bis zu seiner Zurückkunft aufzubleiben, und sei dann mit seinem Diener weggegangen.
    »Kann ich nun morgen mit seinem Diener anbinden«, schloß Herr Weller seinen Bericht, »so muß er mir alle Verhältnisse seines Herrn entdecken.«
    »Was fällt dir ein?« fiel Herr Pickwick ein.
    »Wohin denken Sie, Herr: das ist so der Brauch bei den Dienern«, erwiderte Herr Weller.
    »Ach, ich habe nicht daran gedacht«, sagte Herr Pickwick. »Gut.«
    »Dann können Sie die Sache angreifen, wie es am besten geht, Herr, und wir können uns danach richten.«
    Da es sich zeigte, daß das die beste Anordnung war, die gctroffen werden konnte, so ward der Vorschlag endlich angenommen. Herr Weller zog sich mit der Erlaubnis seines Herrn zurück, um seinen Abend auf seine Weise zuzubringen, und sah sich bald darauf in der Trinkstube von der versammelten Gesellschaft zum Präsidenten erwählt. Er erfüllte den ehrenvollen Posten so sehr zur allgemeinen Zufriedenheit, daß das Gelächter und Beifallsgeschrei bis in Herrn Pickwicks Zimmer drang und die gewohnte Zeit seiner Ruhe wenigstens um drei Stunden abkürzte.
    Am folgenden Morgen früh vertrieb Herr Weller sodann die Nachwehen des vorhergehenden Abends durch ein Halbpennysturzbad (er hatte nämlich einem jungen Kavalier, der im Stallknechtdienst angestellt war, das genannte Geldstück gegeben, um ihm so lange Wasser über Kopf und Gesicht zu pumpen, bis er vollkommen hergestellt sein würde). Da ward er einen jungen Burschen in maulbeerfarbener Livree gewahr, der auf einer Bank im Hofe saß, mit einer Miene tiefen Nachsinnens. Er las in einem Dinge, das einem Gebetbuche gleich sah, warf aber nichtsdestoweniger von Zeit zu Zeit einen

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