Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
gewinnen«, bemerkte Frau Cluppins,
»Ich hoffe es«, sagte Frau Bardell.
»O, darüber kann gar kein Zweifel obwalten«, setzte Frau Sanders hinzu.
»Nun«, sagte Sam aufstehend und sein Gla« niederstellend, »alles, was ich sagen kann, ist, daß ich wünsche. Sie mögen ihn gewinnen.«
»Ich danke Ihnen, Herr Weller«, erwiderte Frau Bardell mit Inbrunst.
»Und was Dodson und Fogg betrifft, die solche Dinge aus Gewinnsucht betreiben«, fuhr Herr Weller fort, »sowie die übrigen liebevollen und großmütigen Männer ihres Gewerbes, die die Leute für nichts und wieder nichts aufeinander Hetzen und ihre Schreiber dazu brauchen, unbedeutende Zwistigkeiten zwischen Nachbarn und Bekannten aufzustöbern und an die Vermittlung des Gesetzes zu verraten – was diese betrifft, so kann ich nur soviel sagen, daß ich wünsche, sie möchten den Lohn bekommen, den ich ihnen gern gäbe.«
»O, ich wünsche, sie möchten den Lohn bekommen, den ihnen jedes liebevolle und großmütige Herz zu geben geneigt wäre«, sagte Frau Bardell, durch diese Worte völlig gewonnen.
»Dazu sage ich Amen«, versetzte Sam, »und sie sollten nur dabei kräftig und glücklich werden! Wünsche Ihnen gute Nacht, meine Damen.«
Zur großen Beruhigung der Frau Sanders durfte Sam sich entfernen, ohne von der Hauswirtin eine Einladung zu den Ferkelfüßchen und dem gerösteten Käse zu erhalten. Diesen Leckerbissen ließen die Damen unter dem jugendlichen Beistand von Master Bardell alsbald vollste Gerechtigkeit widerfahren. Die Gerichte verschwanden wirklich spurlos unter ihren Bemühungen.
Herr Weller wandte seine Schritte zu »Georg und Geier« zurück, und er gab getreulich seinem Herrn Bescheid über die wohlberechneten Anschläge der Herren Dodson und Fogg, die er bei seinem Besuche in Frau Bardells Hause erfahren hatte. Eine Unterredung mit Herrn Perker, die am folgenden Tage stattfand, bestätigte Herrn Wellers Angaben nur zu sehr. Herr Pickwick aber traf Vorbereitungen zu seinem Weihnachtsbesuche in Dingley Dell mit dem erfreulichen Vorgefühl, daß zwei bis drei Monate später vor dem Gerichtshof von Common- Pleas eine Entschädigungsklage wegen Bruchs eines Eheversprechens gegen ihn anhängig gemacht werden würde. Dabei würde die Klägerin alle Vorteile für sich haben, die sich nicht nur aus der Gewalt der Umstände, sondern auch aus der Gewandtheit und dem Scharfsinn der Herren Dodson und Fogg für sie ergeben mußten.
Achtundzwanzigstes Kapitel
Samuel Weller macht eine Wallfahrt nach Dorking und sieht seine Stiefmutter.
Da bis zur Zeit, die zur Abreise der Pickwickier nach Dingley Dell anberaumt war, noch zwei Tage fehlten, so setzte sich Herr Weller, nachdem er früh zu Mittag gespeist hatte, bei »Georg und Geier« in ein Hinterstübchen, um darüber nachzudenken, wie er diese Zeit am zweckmäßigsten anwenden könnte. Es war ein außerordentlich schöner Tag, und er hatte noch keine zehn Minuten lang in seinem Geiste nachgedacht, als er plötzlich einen Anfall von kindlicher Liebe und Zärtlichkeit verspürte. Der Gedanke, seinen Vater besuchen und seiner Stiefmutter sich vorstellen zu müssen, stand so gebieterisch vor seiner Seele, daß er ganz erstaunt war, wie er bisher diese Pflicht so gänzlich vergessen haben konnte. Um die Versäumnis unverzüglich wieder einzuholen, ging er sofort zu Herrn Pickwick hinauf und bat ihn um Urlaub, damit er seinen lobenswerten Entschluß ausführen konnte.
»Von Herzen gern, Sam, von Herzen gern«, sagte Herr Pickwick, dessen Augen vor Freude über diesen Beweis der zärtlichen Gefühle seines Dieners funkelten; »von Herzen gern, Sam.«
Herr Weller verneigte sich dankbar.
»Ich sehe mit Vergnügen«, sagte Herr Pickwick, »daß du ein so zartes Gefühl für deine kindlichen Pflichten hast, Sam.«
»Das habe ich immer gehabt, Sir«, erwiderte Herr Weller.
»Es freut mich sehr, das von dir zu hören«, sagte Herr Pickwick beifällig.
»Ja, Sir«, versetzte Herr Weller: »so oft ich etwas von meinem Vater haben wollte, bat ich ihn jedesmal auf die artigste und höflichste Weise darum, und wenn er es mir nicht gab, so nahm ich es selber, aus Furcht, ich möchte mich zu einer Unart verleiten lassen, wenn ich es nicht bekäme. Ich ersparte ihm auf diese Weise unendlich viel Verdruß, Sir.«
»Das ist es nicht gerade, was ich meine, Sam«, versetzte Herr Pickwick kopfschüttelnd mit leichtem Lächeln.
»Hatte immer ein zartes Gefühl, Sir – immer die besten Absichten, wie
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