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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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schüchtern und sprach immer mit dem zitternden Ton der Befangenheit, was jedoch nicht von einem Naturfehler, sondern vielmehr von einer gewissen blöden Scheu herzurühren schien. Diese entsprang aus dem Bewußtsein, daß er durch den Mangel an Geld oder Gönner oder Verbindungen oder Unverschämtheit »niedergehalten« wurde. Er sah mit Ehrfurcht an dem Prokurator empor und machte dem Anwalt eine tiefe Verbeugung.
    »Ich habe noch nie das Vergnügen gehabt, Sie zu sehen, Herr Phunky«, sagte Prokurator Snubbin mit vornehmer Herablassung.
    Herr Phunky verbeugte sich. Er hatte das Vergnügen gehabt, den Prokurator zu sehen und ihn auch mit dem ganzen Neide des armen Mannes schon acht und ein Vierteljahr lang beneidet.
    »Wie ich höre, sollen Sie in dieser Sache mein Adjunkt sein?« fragte der Prokurator.
    Wäre Herr Phunky ein reicher Mann gewesen, so hätte er augenblicklich nach seinem Schreiber geschickt, um seinem Gedächtnis nachhelfen zu lassen. Wäre er ein kluger Mann gewesen, so hätte er den Zeigefinger an die Stirn gelegt und sich zu erinnern gesucht, ob er bei der Unzahl seiner Geschäfte auch dieses übernommen habe oder nicht; so aber war er weder reich noch klug (wenigstens in diesem Sinne), errötete also und verbeugte sich.
    »Haben Sie die Akten gelesen, Herr Phunky?« fragte der Prokurator.
    Hier hätte Herr Phunky die Bemerkung hinwerfen sollen, er habe die ganze Sache vergessen; aber da er die Akten, die ihm im Laufe des Prozesses vorgelegt worden waren, gelesen und seit den zwei Monaten, während deren er zu Herrn Prokurator Snubbins Adjunkten erhoben worden war, Tag und Nacht an nichts anderes mehr gedacht hatte, errötete er noch tiefer und machte eine abermalige Verbeugung.
    »Das ist Herr Pickwick«, sagte der Prokurator, mit seiner Feder nach der Stelle hindeutend, wo dieser Herr stand.
    Herr Phunky verbeugte sich gegen Herrn Pickwick mit der Ehrerbietung, die ein erster Klient erwecken muß, und verneigte sich dann wieder gegen den Prokurator.
    »Sie gehen vielleicht mit Herrn Pickwick«, sagte dieser, »und – und – und hören, was Herr Pickwick Ihnen mitzuteilen hat. Wir werden natürlich eine Besprechung darüber halten.«
    Mit dieser Andeutung, daß er jetzt lange genug unterbrochen worden sei, hielt Herr Prokurator Snubbin, der nach und nach immer nachdenklicher geworden war, für einen Augenblick sein Glas vor die Augen, machte nach allen Seiten eine leichte Verbeugung und vertiefte sich wieder in die vor ihm liegenden Akten eines endlosen Prozesses, der durch die Handlung eines vor einigen hundert Jahren verstorbenen Mannes entstanden war. Er, d. h. der Mann, hatte nämlich einen Fußpfad gesperrt, der von einem Orte, wo niemand herkam, nach einem andern führte, wo niemand hinging.
    Herr Phunky ließ sich nie darauf ein, durch eine Tür zu gehen, bevor Herr Pickwick und sein Anwalt durchgegangen waren, und so verstrich eine geraume Zeit, bis sie in das Viertel gelangten, Als sie es endlich erreicht hatten, gingen sie auf und nieder und hielten eine lange Konferenz, die darauf hinauslief, daß es sehr schwer zu bestimmen sei, wie der Spruch ausfallen würde; daß sich überhaupt niemand herausnehmen könne, den Ausgang eines Prozesses zu berechnen; daß es ein sehr großes Glück sei, der Gegenpartei in bezug auf die Akquisition des Herrn Snubbin zuvorgekommen zu sein: Ergebnisse, an die sie noch andere Bedenklichkeiten und Trostgründe knüpften, wie sie bei einer solchen Sachlage gewöhnlich vorgebracht werden.
    Hierauf wurde Herr Weller von seinem Herrn aus einem süßen Schlafe erweckt, der eine Stunde lang gedauert hatte. Nachdem sie von Herrn Lowten Abschied genommen hatten, kehrten sie nach der City zurück.

Dreiunddreißigstes Kapitel
    Beschreibt ausführlicher, als es die Staatszeitung je getan hat, eine lustige Abendgesellschaft, die Herr Bob Sawyer in seiner Wohnung im Borough gibt.
     
    In der Gegend von Lantstreet herrscht eine Ruhe, die die Seele mit einer Art von Melancholie überschattet. In dieser Straße sind immer eine Menge Häuser zu vermieten; dazu handelt es sich um eine Nebenstraße, die immer in liebliches Helldunkel gehüllt ist. Ein Haus in Lantstreet würde den Namen einer Residenz erster Klasse im strengen Sinne des Wortes nicht rechtfertigen, aber trotzdem gehört sie zu den Gegenden, die wir jedermann empfehlen können. Hat jemand Lust, sich von der Welt zurückzuziehen, sich aus dem Bereiche der Verführung zu entfernen, der Möglichkeit einer

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