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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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glaube, Ihre Ansicht ganz richtig auszusprechen, nicht wahr, lieber Herr?« sagte der kleine Mann, sich an Herrn Pickwick wendend.
    »Ganz richtig«, erwiderte dieser Gentleman.
    Herr Prokurator Snubbin nahm seine Lorgnette, hielt sie vor die Augen, betrachtete Herrn Pickwick einige Sekunden lang mit großer Aufmerksamkeit, wandte sich dann an Herrn Perker und fragte mit leichtem Lächeln:
    »Ist die Sache Herrn Pickwicks sicher?«
    Der Anwalt zuckte die Achseln.
    »Lassen Sie Zeugen vorladen?«
    »Nein.«
    Das Lächeln auf dem Gesicht des Prokurators nahm einen bestimmteren Ausdruck an: er wiegte sein Bein stärker, und sich in seinem bequemen Stuhl zurücklehnend, hustete er zweideutig.
    Diese Andeutungen der Gedanken des Prokurators über den Gegenstand mochten so unbedeutend sein, wie sie wollten, sie entgingen der Aufmerksamkeit Herrn Pickwicks nicht. Er setzte die Brille, durch die er das Mienenspiel des Rechtsgelehrten beobachtete, fester auf die Nase und sagte ohne alle Rücksicht auf Herrn Perkers Winke und Stirnrunzeln mit großem Nachdruck –
    »Mein Wunsch, Sie in solcher Angelegenheit zu sprechen, Sir, erscheint einem Mann, der notwendig so viel mit derlei zu tun hat, ohne Zweifel höchst sonderbar.«
    Der Prokurator machte den Versuch, mit ernster Miene aufs Feuer zu sehen, aber das Lächeln kam ihm wieder.
    »Herren von Ihrem Fach, Sir«, fuhr Herr Pickwick fort, »sehen die schlechteste Seite der menschlichen Natur – alle ihre Streitsucht, alle ihre Böswilligkeit und Gehässigkeit entschleiert sich
    vor Ihnen. Sie wissen aus Erfahrung, wieviel bei den Geschworenengerichten auf den äußeren Eindruck ankommt (ich will damit weder Ihnen, noch diesen zunahetreten): und die sind geneigt, bei andern ein Verlangen vorauszusetzen, die Mittel, die Sie aus den reinsten, ehrenvollsten Gründen und in der löblichen Absicht, Ihren Klienten so nützlich wie möglich zu werden, stets in Anwendung zu bringen und die sie in der Praxis nach ihrem vollen Wert schätzen gelernt haben – Sie sind geneigt, sage ich, bei andern die Neigung vorauszusetzen, diese Mittel zum Betrug und zu selbstsüchtigen Zwecken zu mißbrauchen. Ich glaube in der Tat, daß dieser Umstand die gemeine, aber sehr verbreitete Ansicht hervorgerufen hat, als wäre Ihr Stand ein argwöhnischer, mißtrauischer und allzu vorsichtiger. Ich weiß, Sir, daß mir unter den gegebenen Verhältnissen eine solche Erörterung Ihnen gegenüber nur schaden kann. Trotzdem bin ich zu Ihnen gekommen, um in dem, was mein Freund Herr Perker gesagt hat, genau verstanden zu werden: nämlich daß ich an der Treulosigkeit, die mir zur Last gelegt wird, unschuldig bin. Wenn ich auch von dem unschätzbaren Wert Ihres Beistandes überzeugt bin, Sir, so erlauben Sie mir doch zu bemerken, daß ich, im Falle Sie mir nicht unbedingt Glauben schenken, die Unterstützung Ihrer Talente lieber entbehren, als genießen möchte.«
    Lange bevor Herr Pickwick diese Rede, die wirklich im Verhältnis zum Geist des Redners sehr prosaisch war, beschlossen hatte, war der Prokurator in tiefes Nachdenken versunken. Nach einigen Minuten aber, während deren er seine Feder wieder ergriffen hatte, schien er sich der Anwesenheit seiner Klienten wieder zu erinnern, und den Kopf vom Papiere erhebend, fragte er etwas auffahrend –
    »Wer ist mein Adjunkt in dieser Sache?«
    »Herr Phunky, Prokurator Snubbin«, erwiderte der Anwalt.
    »Phunky – Phunky«, sagte der Prokurator; »diesen Namen habe ich noch nie gehört. Es muß ein sehr junger Mann sein.«
    »Ja, es ist ein sehr junger Mann«, versetzte der Anwalt. »Er ist erst kürzlich zugelassen. Warten Sie, ich will mich besinnen – ah, es fällt mir ein: es sind noch keine acht Jahre, daß er zugelassen ist.«
    »Ah, das habe ich mir gedacht«, sagte der Prokurator in jenem mitleidigen Ton, in dem man gewöhnlich von kleinen, hilflosen Kindern spricht. – »Herr Mallard, schicken Sie nach Herrn – Herrn –«
    »Phunky – Holborn Court, Grays Inn«, fiel Perker ein – (Holborn Court ist, beiläufig gesagt, das jetzige South-Square) – »Herr Phunky, und lassen Sie ihm sagen, es würde mich freuen, wenn er sich auf einen Augenblick hierher bemühen wollte.«
    Herr Mallard entfernte sich, um seinen Auftrag auszurichten, und Prokurator Snubbin versank wieder in Nachdenken, bis Herr Phunky erschien.
    Obgleich als Sachwalter noch ein Kind, war er doch ein völlig ausgewachsener Mann. Er war in seinem Benehmen außerordentlich

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