Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
gut – besser und immer besser. Sie sind der Herr, von dem wir gehört haben. Ja, wir kennen Sie, Herr Pickwick, wir kennen Sie.«
»Diese verwünschten Zeitungsberichte über meinen Prozeß!« dachte Herr Pickwick. »Sie wissen alles von mir.«
»Sie sind der Herr, der in Clapham Green wohnt und den Gebrauch seiner Glieder dadurch verlor, daß er sich erkältete, nachdem er Portwein getrunken – der sich wegen heftiger Schmerzen nicht rühren konnte, und dem man das Wasser vom Königsbad hundertunddrei Grad stark nach London auf sein Zimmer schickte, wo er badete, nieste und an demselben Tage wieder genas. Äußerst me-erkwürdig!«
Herr Pickwick erkannte das in dieser Annahme liegende Kompliment an, besaß jedoch Selbstverleugnung genug, es gleichwohl abzulehnen, und benutzte ein augenblickliches Stillschweigen des Herrn Bantam, um ihm seine Freunde, die Herren Tupman, Winkle und Snodgraß vorzustellen. Natürlich war der Kurdirektor ganz überwältigt von Entzücken und Ehre.
»Bantam«, sagte Herr Dowler: »Herr Pickwick und seine Freunde sind Fremde. Sie müssen ihre Namen einschreiben. Wo ist das Buch?«
»Das Verzeichnis der ausgezeichneten Gäste in Ba-ath wird um zwei Uhr im Brunnensaal aufliegen«, erwiderte der Kurdirektor. »Wollen Sie vielleicht unsre Freunde in dieses Prachtgebäude führen und mich in den Stand setzen, ihre persönlichen Namensunterschriften zu bekommen?«
»Sehr gern«, versetzte Dowler. »Das ist übrigens ein langer Besuch. Es ist Zeit, daß wir gehen: ich werde in einer Stunde wieder hier sein. Kommen Sie!«
»Es ist heute abend Ball«, sagte der Kurdirektor und ergriff zum Abschiede Herrn Pickwicks Hand abermals. »Die Ballabende in Ba-ath sind paradiesische Momente, zauberhaft durch Musik, Schönheit, Eleganz, guten Ton, Etikette – und – und – durch die Abwesenheit aller Handels- und Gewerbsleute, die sich mit dem Begriff eines Paradieses durchaus nie vereinigen lassen und alle vierzehn Tage in Guildhall als gleich zu gleich sich gern gesellen, was zum mindesten merkwürdig ist. Adieu indessen!«
Und nachdem er die ganze Treppe hinab beteuerte, er sei unendlich befriedigt, entzückt, überwältigt und geschmeichelt, stieg Angelo Cyrus Bantam, Esquire und Kurdirektor, in einen sehr eleganten Wagen, der ihn vor der Tür erwartete, und rasselte davon.
Zur bestimmten Stunde begaben sich Herr Pickwick und seine Freunde von Dowler begleitet nach dem Brunnensaal und schrieben ihre Namen in das Fremdenbuch ein – ein Beweis von Herablassung, wodurch sich Angelo Bantam noch mehr überwältigt fühlte als zuvor. Die ganze Gesellschaft sollte Einlaßkarten zur Abend- Reunion haben; allein, da sie noch nicht fertig waren, so erklärte Herr Pickwick trotz aller Gegenvorstellungen Angelo Bantams, er werde um vier Uhr seinen Sam nach der Wohnung des Kurdirektors in Queensquare schicken, um sie abzuholen. Nachdem sie sofort einen kurzen Spaziergang durch die Stadt gemacht und einstimmig erklärt hatten, die Parkstraße habe sehr große Ähnlichkeit mit jenen senkrechten Straßen, die man in Träumen sieht und um alles in der Welt nicht hinaufgehen kann, kehrten sie in den Weißen Hirsch zurück, und Sam wurde mit dem eben erwähnten Auftrag fortgeschickt.
Sam Weller setzte seinen Hut sehr leicht und graziös auf den Kopf, steckte die Hände in die Seitentaschen und schritt mit gutem Bedacht nach Queensquare, indem er unterwegs etliche der beliebtesten Lieder des Tags, wie sie mit ganz neuen Variationen für das edle Instrument, Leierkasten genannt, komponiert wurden, vor sich hin pfiff. Vor der ihm bezeichneten Nummer in Queensquare angelangt, hörte er auf zu pfeifen und klopfte munter ans Haus, das sogleich von einem bepuderten Portier in prachtvoller Livree und von ebenmäßigem Körperbau geöffnet wurde.
»Wohnt hier Herr Bantam, Kollege?« fragte Sam Weller, nicht im mindesten eingeschüchtert durch den Strahlenglanz, den die Person des gepuderten Lakaien mit der prachtvollen Livree um sich verbreitete.
»Warum, junger Mann?« war die stolze Gegenfrage des Gepuderten.
»Weil Sie, wenn es sich so verhält, mit dieser Karte zu ihm gehen und ihm sagen sollen, Herr Weller sei da. Ist’s gefällig?« sagte Sam, trat dabei höchst kaltblütig in die Hausflur und setzte sich nieder.
Der gepuderte Lakai schlug die Tür heftig zu und schnitt ein grimmiges Gesicht; allein diese beiden Demonstrationen verfehlten ihren Eindruck auf Sam, der mit allen äußern Zeichen kritischer
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