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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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die geringste Beleidigung antust, so entlasse ich dich auf der Stelle.«
    »Aber, Sir –« meinte Sam.
    »Schweig«, versetzte Herr Pickwick, »und heb den Hut wieder auf.«
    Dieses aber verweigerte Sam allerdings, und nachdem er von seinem Herrn einen strengen Verweis erhalten hatte, ließ sich der Agent, der Eile hatte, herab, ihn selbst aufzuheben, wobei er eine Masse Drohungen gegen Sam ausstieß, die dieser Gentleman mit vollkommener Gemütsruhe entgegennahm und bloß bemerkte, wenn Herr Namby die Güte haben wolle, seinen Hut wieder aufzusetzen, so werde er ihn bis ans letzte Ende der nächsten Woche herunterschlagen. Herr Namby, der von einem solchen Prozeß nicht viel Ersprießliches erwarten mochte, wollte Herrn Weller nicht in Versuchung führen und rief bald darauf Smouch herein. Diesem sagte er, der Fang sei gemacht, er solle warten, bis der Verhaftete sich vollends angekleidet hätte und stolzierte dann hinaus. Smouch forderte Herrn Pickwick in griesgrämigem Tone auf, sich möglichst zu beeilen, denn es gebe viel zu tun, stellte sofort einen Stuhl vor die Tür und setzte sich darauf, bis der alte Herr mit seiner Toilette fertig war. Nun wurde Sam nach einer Mietskutsche fortgeschickt, und das Triumvirat fuhr nach der Colemansstraße. Glücklicherweise war die Entfernung kurz, denn Herr Smouch, der eben kein bezauberndes Talent für Unterhaltung besaß, war bei dem physischen Gebrechen, dessen wir oben erwähnt, in einem so beschränkten Raum ein entschieden unangenehmer Gesellschafter.
    Der Wagen fuhr in die sehr enge und düstere Straße und hielt vor einem Haus mit eisernen Gittern an sämtlichen Fenstern an; die Türpfosten schmückte die Aufschrift: »Namby, Agent der Sheriffs von London.« Das innere Tor wurde von einem Gentleman geöffnet, den man für einen verwahrlosten Zwillingsbruder des Herrn Smouch hätte halten können, und der für sein Amt mit einem gewaltigen Schlüssel versehen war. Dieser wies Herrn Pickwick in das Gastzimmer.
    Das Gastzimmer war eine einfache Vorderstube, deren Haupteigenschaften in frischem Sand und veraltetem Tabaksrauch bestanden. Herr Pickwick verbeugte sich gegen die drei Personen, die drinnen saßen, befahl Sam, Herrn Perker zu holen, zog sich in einen dunklen Winkel zurück und betrachtete von da aus mit einiger Neugierde seine augenblicklichen Kameraden.
    Einer davon war ein Bursche von neunzehn oder zwanzig Jahren, der, obgleich es erst zehn Uhr war, bereits Wacholderbranntwein mit Wasser trank und eine Zigarre dazu rauchte – Vergnügungen, denen er, nach seinem roten Gesicht zu schließen, die letzten zwei Jahre seines Lebens so ziemlich ganz gewidmet haben mußte. Ihm gegenüber saß, mit der Zehe seines rechten Fußes im Feuer herumstöbernd, ein plumper Bursche von etwa dreißig Jahren, mit bleichem Gesicht und rauher Stimme. Er besaß offenbar diejenige Weltkenntnis und die lockende Freiheit im Benehmen, die man sich in Kneipen und an gemeinen Billarden erwerben kann. Der dritte Insasse des Zimmers war ein Mann von mittleren Jahren: er hatte einen sehr alten, schwarzen Rock an, sah blaß und verstört aus und lief unaufhörlich auf und ab; nur von Zeit zu Zeit schaute er mit großer Ängstlichkeit zum Fenster hinaus, als erwartete er jemand, und begann dann sogleich seinen Spaziergang wieder.
    »Sie können heute morgen mein Rasiermesser haben, Herr Ayresleigh«, sagte der Mann, der im Feuer stöberte, indem er seinem Freunde, dem jungen Burschen, zuwinkte.
    »Danke, ich werde es nicht brauchen. Ich hoffe, etwa in einer Stunde frei zu kommen«, erwiderte der andere in hastigem Tone, ging sofort aus neue ans Fenster, und als er abermals getäuscht sich abwenden mußte, seufzte er tief und verließ das Zimmer, worüber die zwei andern in lautes Gelächter ausbrachen.
    »Einen solchen Spaß habe ich noch nie erlebt«, sagte der Gentleman, der das Rasiermesser angeboten hatte und Price zu heißen schien. Er bekräftigte diese Versicherung mit einem Fluche und lachte dann aufs neue, worauf natürlicherweise der junge Bursche, der seinen Kameraden für einen der witzigsten Köpfe von der Welt hielt, auch lachte.
    »Sie werden es kaum glauben«, sagte Herr Price, sich gegen Herrn Pickwick wendend, »daß dieser Mensch gestern schon eine Woche hier war und sich noch nie rasiert hat, weil er aufs bestimmteste wissen will, daß er in einer halben Stunde freikomme und deshalb glaubt, er könne es aufschieben, bis er wieder nach Hause komme.«
    »Der arme Mann!«

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