Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
Kopf und trägt die Sache vor, ohne auch nur ein einziges Mal anzustoßen; ja, es geht ein Gerücht, daß er dabei einst einen Scherz gemacht habe, der fast einem der Späße Mr. Hoblers gleichgekommen sei, wie der erste Bediente des Bürgermeisters, der zufällig gegenwärtig gewesen, nachher einem Freund im Vertrauen gesagt hat.
Oder man sehe ihn sonntags in seinem Staatskleid mit seinem dreieckigen Hut auf dem Kopf, einem Stab mit mächtigem Knauf zur Schau in der Linken und einem dünnen Rohr zum Gebrauch in der Rechten. Mit welcher Würde weist er die Kinder an ihre Plätze, und mit welch heiliger Scheu schielen ihn die kleinen Buben von der Seite an, wenn er die Schar, sobald alle sitzen, mit einem den Kirchspieldienern eigentümlichen Starr- und Autoritätsblick überschaut. Befinden sich die Kirchenvorsteher und Armenpfleger in ihren mit Gardinen versehenen Kirchstühlen, so nimmt er auf einem ganz oben im Kirchgang ausdrücklich für ihn bestimmten Mahagonisitz Platz und teilt seine Aufmerksamkeit zwischen dem Gebetbuch und den Knaben. Plötzlich – und gerade beim Anfang der Abendmahlsliturgie, wenn die ganze Gemeinde das tiefste Stillschweigen bewahrt, das nur durch die Stimme des Geistlichen unterbrochen wird –, plötzlich hört man mit erstaunlicher Vernehmlichkeit, da, wo die Kinder sitzen, einen Penny auf das steinerne Pflaster im Kirchgang fallen. Beachtet jetzt wohl Simmons’ Schlauheit und Geistesgegenwart!
Seine unwillkürliche Miene des Schauders weicht augenblicklich dem Ausdruck vollkommenster Gleichgültigkeit, als ob er ganz allein das Geräusch nicht gehört hätte. Die Kriegslist gelingt. Der Ärmste, der das Geldstück hat fallen lassen, fühlt mit dem rechten und linken Fuß und bückt sich ein paarmal danach; der Kirchspieldiener hat sich inzwischen leise in seine Nähe geschlichen und begrüßt seinen Kopf, wenn er wieder emportaucht, mehrmals sehr unsanft mit seinem oben erwähnten Rohr, zum großen Vergnügen einiger junger Leute im nächsten Kirchstuhl, die noch lange ihre Heiterkeit durch Husten zu unterdrücken suchen.
Dies sind einige Züge der Würde und Wichtigkeit eines Kirchspieldieners – einer Würde, die wir ihn nie aufgeben sahen, den einzigen Fall ausgenommen, wenn eine Feuerspritze nötig wurde, dann ist freilich alles rührig, geschäftig, beflissen. Ein paar kleine Knaben laufen, so schnell sie’s vermögen, zum Kirchspieldiener und melden ihm, daß sie einen Rauchfang hätten brennen sehen. In größter Eile wird die Feuerspritze herausgebracht; zwanzig Buben sind versammelt; sie spannen sich vor; fort rasselt die Spritze über das Pflaster, und der Kirchspieldiener rennt atemlos nebenher, bis man vor einem stark nach Ruß riechenden Hause anlangt.
Der Kirchspieldiener klopft eine halbe Stunde mit Macht, allein die Hausbewohner nehmen keine Notiz davon, die Spritze wird nach dem Werkhaus zurückgebracht, und der Kirchspieldiener fordert am andern Tag von dem Unglücklichen, dem er zu Hilfe geeilt war, die ihm gesetzlich zukommende Belohnung. Wir haben nur ein einziges Mal eine Kirchspielfeuerspritze bei einer wirklichen Feuersbrunst gesehen. Sie rasselte mit der Schnelligkeit von drei und einer halben Meile in der Stunde heran. Wasser in genügender Menge war schon früher angekommen. Die Pumpen wurden in Bewegung gesetzt – das Volk schrie – der Kirchspieldiener schwitzte entsetzlich; allein, als man das Feuer zu löschen gedachte, wurde zum großen Unglück die Entdeckung gemacht, daß sich niemand auf das Füllen verstand und daß achtzehn Knaben und ein Mann zwanzig Minuten gepumpt und sich fast tot gepumpt hatten, ohne auch nur die mindeste Wirkung zu erzielen.
Die wichtigsten Personen nach dem Kirchspieldiener sind der Werkhausmeister und der Kirchspiellehrer. Der Küster, wie jedermann weiß, ist ein kleines, gedrücktes Männchen in Schwarz, mit einer dicken, sehr langen Uhrkette, an der zwei große Petschafte und ein Uhrschlüssel baumeln. Er ist stets geschäftig, doch niemals mehr, als wenn er, mit den zusammengeknüllten Handschuhen in der einen Hand und einem großen roten Buch unter dem anderen Arm, in eine Kirchspielversammlung eilt. Von den Kirchenvorstehern und Aufsehern reden wir nicht weiter; denn wir alle wissen von ihnen, daß sie achtbare Gewerbsleute sind, Hüte mit flachen Rändern tragen, und bisweilen, den wichtigen Umstand, daß sie eine Emporkirche vergrößert oder ausgeschmückt oder eine Orgel neu gebaut haben, durch goldene
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