Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
gleichzutun. Er ist Mitglied von zwei oder drei Klubs, und man beneidet ihn, schmeichelt ihm und haßt ihn in allen. Bisweilen wird er von einem armen Verwandten – etwa einem verheirateten Neffen – um eine kleine Unterstützung angegangen, was er mit edler Entrüstung über die Unbesonnenheit junger Eheleute, die Wertlosigkeit einer Frau, die Anmaßung, Familie zu haben, die schwere Sünde bei jährlich hundertfünfundzwanzig Pfund in Schulden zu geraten und andere unverzeihliche Verbrechen erörtert. Mit einer selbstgefälligen Hinweisung auf sein eigenes Beispiel und einer zarten Anspielung auf Kirchspielunterstützung schließt er. Wenn er stirbt, so geschieht es, indem ihn nach dem Mittagessen der Schlag rührt. Sein Vermögen hat er der Bibelgesellschaft vermacht, die zu seinem Gedächtnis, ein Täfelchen errichtet, das ihre Bewunderung seines christlichen Wandels in dieser Welt und ihre tröstliche Gewißheit seiner Seligkeit in der anderen verkündet.
Nächst Mietskutschern, Kabriolettführern und Omnibuskondukteuren, die wir ganz besonders in unser Herz geschlossen haben und ganz nach dem Maße ihrer unerschütterlichen Unverschämtheit und vollkommenen Selbstbeherrschung bewundern, gewährt uns keine Menschenklasse eine größere Ergötzlichkeit als die der Londoner Lehrburschen. Sie sind gegenwärtig nicht mehr eine wohlorganisierte Körperschaft, verbunden durch feierlichen Vertrag, um ruhigen und friedlichen Leuten Schrecken einzujagen, sooft es ihnen beliebt, sich in die Köpfe zu setzen, beleidigt zu sein und Prügel in die Hände zu nehmen. Sie sind jetzt nur noch durch Lehrbriefe gebunden, und ihre Tapferkeit wird durch die heilsame Furcht vor der neuen Polizei und die Aussicht auf ein dumpfiges Arresthaus, ein Polizeiverhör und eine dahinter lauernde Geldstrafe leicht im Zaume gehalten. Demungeachtet sind sie noch immer eine eigentümliche Menschenklasse und nicht minder ergötzlich, weil unschädlich. Wer hätte sie nicht sonntags in den Straßen gesehen und bemerkt? Wo gäbe es sonst so wackere Versuche im Prunken und Großtun, wie die sind, die sie an ihren stattlichen Personen entwickeln? Vor ein paar Sonntagen gingen wir auf dem Strand hinter einem kleinen Häufchen von ihnen her, das uns für den ganzen Tag Unterhaltungsstoff gab. Sie kamen aus der City. Es war zwischen drei und vier Uhr nachmittags, und sie begaben sich in den Park. Es waren ihrer vier, sie gingen Arm in Arm in einer Reihe und prangten in weißen Glacéhandschuhen wie ebenso viele Bräutigame, in hellen Sommerbeinkleidern von Zeug, wie man es noch nie gesehen, und Röcken, für die unsere Sprache noch keinen Namen, hat –; einer Art Kreuzung zwischen Reise- und Überröcken, mit den Kragen der einen und den Aufschlägen der anderen und Taschen, die nur ihnen selbst eigentümlich waren.
Sämtliche vier Gentlemen führten tüchtige Handstöcke mit großen Troddeln an den Griffen, die sie bisweilen anmutig rund umwirbelten, und ihr Gang erhielt durch ihr Bemühen, eine gleichgültig-leichte und kecke Haltung zu behaupten, einen krampfhaft-renommistischen, unwiderstehlich lächerlichen Anstrich. Einer von ihnen hatte eingezwängt in der Westentasche eine Uhr von der Größe und Gestalt eines Ribstoner Apfels, und verglich sie sorgfältig mit den Uhren aller Kirchen und sonstigen öffentlichen Gebäuden, an denen der Weg vorüberführte; und als sie endlich im St.-James-Park angelangt waren, mietete einer von ihnen, der sich der bestgemachten Stiefel erfreute, ausdrücklich einen zweiten Stuhl, um die Füße darauf zu stellen, und genoß seine Naturfreuden für zwei Groschen mit einem Gehaben, das alle Unterschiede zwischen Brookes und Snooks, Crockfords und Bagnigge Wells vernichtete.
Wir können über Leutchen dieser Art lächeln, allein sie erregen nie unsere Galle. Sie pflegen auf dem besten Fuße mit sich selber zu stehen und sind daher fast notwendig gegen jedermann freundlich gesinnt. Und zeigen sie etwa ein wenig Geckerei an ihren eigenen Personen, so ist diese ohne Zweifel erträglicher als das frühreife Laffentum vom Quadranten, das knebelbärtige Dandytum von Regent-Street und Pallmall oder äffische Großtuerei an irgendeinem Orte.
Ein Weihnachtsschmaus
Weihnacht! – Der muß wahrlich ein Menschenhasser sein, in dessen Brust durch die Wiederkehr des Weihnachtsfestes kein frohes Gefühl, in dessen Seele durch sie keine freundliche Erinnerung geweckt wird. Es gibt Leute, die euch sagen werden, Weihnacht
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