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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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wäre nicht mehr für sie, was es vormals gewesen – bei jedem neuen Christfeste hätten sie sich um eine teure Hoffnung, eine schöne Aussicht ärmer als das Jahr zuvor gefunden, und das neueste erinnere sie nur an ihre verschlimmerte Lage, ihr vermindertes Einkommen – an die Gastereien, zu denen sie einst vorgebliche Freunde geladen und die kalte Begegnung, die ihnen jetzt in ihrem Unglück widerführe. Hinweg mit so trübseligen Gedanken – wiewohl jeder sie in sich hervorrufen kann an jedem Tag im Jahr, der lange genug die Welt gesehen. Erwählt nicht den frohesten der dreihundertundfünfundsechzig zu euren schmerzlichen Rückerinnerungen, sondern rückt euren Stuhl näher an das prasselnde Feuer – füllt die Gläser und stimmt den Rundgesang an – und ist euer Zimmer kleiner, als es vor einem Dutzend Jahren war, und ist euer Glas mit dampfendem Punsch statt mit funkelndem Weine gefüllt, so nehmt die böse Zeit auch für gut, leert es flugs, trällert euer altes Lieblingslied und dankt Gott, daß es nicht noch schlimmer mit euch steht. Schaut nur die fröhlichen Gesichter eurer am Kamin versammelten Kinder an! Vielleicht ist ein kleiner Stuhl leer – fehlt ein liebes, kleines Haupt, dessen Anblick des Vaters Herz erfreute und der Mutter Stolz erweckte. Laßt das Vergangene hinter euch – denkt nicht daran, daß das liebliche Kind, dessen Gestalt jetzt zu Staub zerfällt, noch vor einem kurzen Jahre mit der Blüte der Gesundheit auf den Wangen und mit Augen, strahlend in kindlicher, ahnungsloser Lust, vor euch saß. Gedenkt der Segnungen, deren ihr euch jetzt erfreut – deren viele einem jeglichen zuteil werden – nicht eurer vergangenen trüben Schicksale, deren mancherlei einen jeden treffen. Füllt euer Glas abermals mit fröhlichen Mienen und einem zufriedenen Herzen. Wir bürgen euch mit unserm Leben dafür, euer Weihnachtsfest wird heiter und euer neues Jahr glücklich sein.
    Wer wäre unempfindlich gegen die Ergießungen guter und edler Gefühle, jenes Nehmen und Geben von Zärtlichkeit und Liebe, woran diese Zeit des Jahres so reich ist? Eine Familienweihnachtsfeier! Wir kennen nichts Herrlicheres. Schon in dem Namen Weihnacht scheint ein Zauber zu liegen. Kleine Eifersüchteleien und Zerwürfnisse sind vergessen; Mürrische, die sich seit langer Zeit absonderten, werden gesellig; Vater und Sohn oder Bruder und Schwester, die Monate lang mit kalten oder gar abgewendeten Blicken aneinander vorübergingen, schließen einander inbrünstig in die Arme und vergessen bei ihrem gegenwärtigen Frohsinn und Glück die Streitigkeiten, die ihre Einigkeit unterbrach; Herzen, die sich nacheinander sehnten, aber durch falschen Stolz, übertriebene Begriffe von Selbstwürde getrennt waren, werden wiederum vereinigt, und alles atmet Wohlwollen und liebende Zuneigung. O, daß Weihnacht das ganze Jahr hindurch währte, und daß die unsere bessere Natur entstellenden Vorurteile und Leidenschaften zum wenigsten niemals die trennten, denen sie stets fremd bleiben sollten!
    Die Weihnachtsfamiliengesellschaft, die wir im Sinne haben, ist mitnichten eine bloße Versammlung von Verwandten, die verabredet wurde vor ein paar Wochen, nur für dieses Jahr, ohne eine Vorläuferin im zu Ende gehenden, oder eine wahrscheinliche Wiederholung im folgenden zu haben; nein, eine jährlich wiederkehrende Vereinigung aller, nur nicht gar zu entfernt wohnender, junger und alter, reicher und armer Familienmitglieder, der sämtliche Kinder zwei Monate vorher in fiebriger Erwartung entgegensehen. Sonst war sie beim Großvater; aber der Großvater und die Großmutter sind zu alt und zu schwach geworden, haben den eigenen Haushalt aufgegeben und ihre Wohnung beim Onkel George genommen. Die Gesellschaft versammelt sich daher stets in Onkel Georges Hause, nur tut die Großmutter unabänderlich das Beste dazu, und der Großvater läßt es sich nicht nehmen, nach dem entfernten Newgatemarkte zu wandern und den Truthahn zu kaufen, den er sich im Triumph nachtragen läßt; und der Träger muß dann stets außer dem bedungenen Lohn sein Gläschen haben, um Tante George »ein fröhliches Weihnachtsfest und ein glückliches Neujahr zuzutrinken«. Die Großmutter ist in den letzten Tagen äußerst verschwiegen und geheimnisvoll, obwohl demungeachtet Gerüchte umlaufen, daß sie für die Mägde neue Hauben mit roten Bändern, für die Kinder Bleistifte, Federn und Bücher eingekauft, und Tante Georges Bestellung beim Zuckerbäcker noch ihre

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