Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
eine Seitentür oder wohl auch durch ein Fenster aus dem Theater spediert, so daß die Polizei das Nachsehen hatte. Es kam zu häufigen Kämpfen zwischen Polizei und Publikum, bei denen ein Mensch beinahe zu Tode gekommen wäre.
    Es verging wohl kein Abend, ohne daß feurige Reden aus dem Parterre, den Logen oder von der Galerie herunter gehalten wurden, ja zuweilen hörte man ihrer ein halbes Dutzend auf einmal.
    Die Sheriffs hatten ununterbrochen mit Feststellungen von allerhand Verstößen gegen die öffentliche Ruhe zu tun, und so ging es wohl siebzig Abende hindurch. –An allen Ecken, in allen Gängen, auf allen Sitzreihen des Theaters sah man Plakate angeheftet, die sich auf die Vorgänge bezogen, oder in denen allerhand Jux verkündigt wurde, z. B.:
    Öffentliche Bekanntmachung. – Dieses Haus ist mit sämtlichem Inventar preiswert zu verkaufen, da die Herren Kemble & Co. ihr Geschäft an den Nagel zu hängen gedenken.
    Oder:
    Sobald die Vorstellungen ihren Anfang nahmen, drehte sich das ganze Publikum wie ein Mann herum und wandte der Bühne den Rücken zu. Waren die Vorstellungen zu Ende, was wegen des schrecklichen Lärms meistens schon gegen halb zehn Uhr der Fall war, dann stimmte alles eine Parodie auf die Volkshymne an, in welcher Gott um Segen für Johnny Bull gebeten wurde, damit er den Genuß aus den höheren Theaterpreisen recht lange für sich habe; dann wurde zu Ehren der alten Preise ein Ringeltanz ausgeführt, worauf wieder Reden über Reden gehalten wurden, bis dann endlich alles sich in seine Penaten zurückzog.
    Wie bei allen öffentlichen Fragen, waren die Ansichten der Presse natürlich auch bei dieser geteilt. Während die Times und die Morning Post das neue System befürworteten, trat das Morning Chronicle für die alten Preise ein und führte die Sache der Tumultanten mit ebenso viel Eifer wie Beharrlichkeit.
    Als der Spektakel ein paar Abende hindurch gedauert hatte, schickte John Kemble zu Grimaldi und ließ ihm sagen, da das Publikum kein Drama sehen wolle, gedächte er es mit einer Pantomime zu probieren und ließ für den folgenden Abend den Don Juan ankündigen, in welchem Grimaldi seine alte Rolle, den Scaramuz, spielen sollte. Grimaldi wurde mit großem Jubel begrüßt, und es traf sich merkwürdigerweise, daß gerade an diesem Abend so gut wie gar keine Ruhestörungenvor sich gingen. Grimaldi schrieb sich das zum Teil als sein persönliches Verdienst zu gute und war darüber nicht wenig erfreut. Auch Kemble war wieder heiter und guter Dinge und schüttelte dem Kollegen, als er abgetreten war, kordial die Hand.
    »Bravo, Joe, bravo!« sagte er zu ihm, »jetzt haben wir sie, und nun wollen wir vorderhand bei der Pantomime bleiben.«
    Das taten sie wohl, aber daß »sie sie damit gehabt hätten«, traf nicht zu, denn am andern Abend ging der Spektakel wieder von frischem los und weit ärger als zuvor, so daß das ganze Theaterpersonal erklärte, noch nie im Leben einen so gräßlichen Spektakel gehört zu haben.
    Am 25. Dezember kehrte endlich wieder Ruhe ein, nachdem die Theaterdirektion die Erklärung abgegeben hatte, es bei den alten Preisen lassen zu wollen, und alle Klagen gegen Personen zurückzog, die infolge dieses in der Theatergeschichte ohne Beispiel dastehenden Spektakels mit den Gerichten in Kollision, gekommen waren. John Kemble fiel die unangenehme Aufgabe zu, dem Publikum im Theater hiervon Mitteilung zu machen. Er bewies hierbei ebenso große Ruhe wie Würde. Das Publikum klatschte ihm Beifall, und von allen Sitzreihen regneten Zettel auf die Bühne mit dem Aufdruck: »So ist’s recht! Nun sind wir zufrieden!«
    Damit war der Krawall aus der Welt.
    Zu Weihnachten wurde »Harlekin als Hausierer, oder: Der Spukbrunnen« in Szene gesetzt und höchst beifällig aufgenommen, auch an zweiundfünfzig Abenden hintereinander wiederholt.
    Im März des Jahres 1810 trat Grimaldi zum ersten Male als Scaramuz im »Deserteur von Neapel« auf; auch die »Mutter Gans« wurde wieder gegeben. Im Juli wurde das Theater geschlossen und im Oktoberwieder eröffnet. Im Sadlers-Wells-Theater kam keine Novität heraus, und in Covent-Garden trat Grimaldi wie immer zu dieser Zeit in einer neuen Pantomime auf: »Harlekin Asmodi, oder: Kupido auf Krücken«, die sechsundvierzigmal hintereinander gegeben wurde.
    In diesem Monate mußte Grimaldi den Clown auf allen beiden Bühnen spielen. In Sadlers-Wells war die Pantomime das erste, im Covent-Garden das letzte Stück, das gegeben wurde. In

Weitere Kostenlose Bücher