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Dem Feuer zu nah

Dem Feuer zu nah

Titel: Dem Feuer zu nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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stellte, würden sie nicht mehr verletzen können. Auch nicht die Fragen, die sie in seinen Augen las. Er würde sie nicht dazu bringen, sich der Antworten zu schämen, die sie ihm gab. Niemals, das schwor sie sich. Sie hatte zu lange und zu hart gekämpft, um sich von irgendjemandem erniedrigen zu lassen.
    Aber so sehr sie auch danach suchte, sie fand ihn nicht, den stillen, geschützten Winkel ihrer Seele, in den sie sich hätte flüchten können. Es war, als könnte Jared ihr auch dorthin folgen.
    Sorgsam trocknete sie sich das Gesicht ab und wischte das Waschbecken aus. Die ganze Zeit lauschte sie, ob Jared davonfuhr. Aber von draußen drang nur das Krachen der Blitze, das Grollen des Donners und das Geflüster alter Geister herein.
    Jared saß am Küchentisch vor seinen ausgebreiteten Papieren, als sie hereinkam. Als sie stehen blieb, hob er den Kopf und nahm die Brille ab, doch sie kehrte ihm den Rücken zu und ging hinaus, um in der Natur zu sein. Der Wind nahm zu und die Bäume rauschten. Der Regen, der Sturm, das Donnern zogen über die Berge, heulten durch den Wald und tobten sich am Blockhaus aus.
    Die Luft roch so, wie sie es liebte. Wie verzaubert. Savannah legte den Kopf in den Nacken und atmete den Duft ein. Als der Sturm den Regen unter das Dach der Veranda trieb und die Tropfen ihr ins Gesicht peitschten, blieb sie, wo sie war. Als ein Blitz so nah am Haus über den Himmel zuckte, dass er die Bäume zu versengen schien, war sie dankbar dafür.
    Nach einer Weile schob Jared die Papiere zur Seite und trat zu Savannah hinaus. Sie war vollkommen durchnässt, Haar und Shirt klebten an ihr. Es war kalt, aber sie fröstelte nicht. Schließlich drehte sie sich zu ihm um und lehnte sich an den Pfosten.
    „Noch mehr Fragen?”
    Er hatte inzwischen die Krawatte abgenommen und die Ärmel aufgekrempelt, doch noch immer kam er sich wie ein Anwalt vor dem Zeugenstand vor. „Ich hätte meine Frage vorhin nicht so stellen sollen”, begann er und fand es entsetzlich, wie förmlich er sich anhörte. „Ich entschuldige mich dafür. Aber nicht dafür, dass ich eine Antwort haben möchte. Ich frage dich noch einmal, ob du dich prostituiert hast.”
    „Das nennt man, die Frage anders formulieren … nicht wahr, Herr Anwalt?”
    „Ich habe ein Recht, es zu erfahren.”
    „Wieso?”
    „Verdammt, ich schlafe mit dir. Ich lebe schon fast mit dir zusammen.”
    Übelkeit stieg in ihr auf, doch sie ließ es sich nicht anmerken. „Habe ich mich von dir bezahlen lassen?” Ihr Blick wurde warnend, als er näher kam. „Fass mich nicht an. Was fällt dir ein, MacKade, mein Haus zu betreten, als wäre es deins, und mir meine Vergangenheit vorzuwerfen, als wärst du ein Teil davon? Hör zu, mein Haus gehört ebenso mir allein wie meine Vergangenheit.”
    Er trat näher, bis er direkt vor ihr stand. Das Gewitter draußen schien auch in ihm zu toben. „Ja oder nein?”, fragte er.
    Als sie ihn zur Seite schieben wollte, hielt er sie fest. Sie biss die Zähne zusammen und funkelte ihn an.
    „Du denkst, ich will es wissen? Nein, ich muss es wissen und bin auf jede Antwort vorbereitet. Weil ich dich liebe.” Er legte zwei Finger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. „Ich liebe dich, Savannah.”
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie wich zurück und schob Jared mit aller Kraft von sich. „Geh zur Hölle, Jared”, schrie sie ihn an. „Du wirst meine Gefühle für dich nicht in den Dreck ziehen. Soll ich dich etwa für deinen Großmut bewundern? Soll ich dir dankbar sein, dass du eine Frau wie mich liebst? Dass du mich trotz meiner Vergangenheit liebst?”
    „Nicht.” Jared musste sich beherrschen, um nicht nach ihr zu greifen, als sie sich umdrehte. Er durfte sie jetzt nicht berühren, er hatte es nicht verdient. „Bitte, geh jetzt nicht. Du hast recht, Savannah. Du hast vollkommen recht.”
    Sie starrte durch das Fliegengitter auf das Zuhause, für das sie ihr ganzes Leben lang gekämpft hatte. Sie schloss die Augen und dachte an den Mann, der hinter ihr stand. Nie hätte sie geglaubt, einen Mann wie ihn bekommen zu können. Plötzlich fühlte sie sich zutiefst kraftlos, erschöpft von ihren eigenen Hoffnungen und Ängsten.
    „Ich habe mich nie verkauft”, sagte sie leise und mit ausdrucksloser Stimme. „Nicht einmal, als ich nichts zu essen hatte. Ich hätte es tun können, es gab genug Gelegenheiten und viele Leute, die annahmen, dass ich genau das tue. Aber ich habe es nicht getan. Es wäre für mich

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