Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde
auch wenn ich dann Zeit für mich habe, werde ich sie wieder mit vielen neuen Aktivitäten zustopfen.
Nie zu spät
Wir kommen aus der Vergangenheit. Wir schleppen die Verletzungen unserer Lebensgeschichte mit uns herum. Wir haben in der Vergangenheit Schuld auf uns geladen. Aber wir sollen nicht um die Vergangenheit kreisen. Jeder Augenblick lädt uns ein, neu anzufangen. Es ist nie zu spät für einen Neubeginn. In jedem Augenblick liegt der Zauber der Neuheit. Die Zeit, die jetzt anfängt, ist unverbraucht. Von dieser unberührten, unverfälschten, unverbrauchten Zeit sollen wir lernen: Auch unsere Seele kann jetzt neu anfangen. Sie kann neu werden durch den immer neuen Gott.
Komm zur Mitte
Es gibt ein Ritual, das man mitten im Trubel des Alltags machen kann, entweder im Büro, wenn man das Gefühl hat, dass zu viel auf einen einströmt, oder im Auto, wenn einen der Verkehr umtost, oder beim Warten auf den Bus oder auch beim Kochen und bei der Hausarbeit:
Bleibe für einen Augenblick stehen und gehe vom Kopf durch das Herz in den Grund deiner Seele. Du kannst diesen Grund der Seele nicht im Körper lokalisieren. Aber stelle dir einfach vor, du gehst mit deiner Aufmerksamkeit in den Unterbauch, dort, wo der Atem beim Ausatmen stehen bleibt. Stelle dir vor, dass dort in der Tiefe alles in dir ruhig ist. Und dann beobachte von dieser inneren Ruhe aus alles, was sich außen bewegt: die Anrufe, die Wünsche der Mitarbeiter, die vielen Mails, die auf dich warten, die Fragen der Kinder.Halte kurz inne. Und dann wende dich von deiner Mitte aus von neuem den Tätigkeiten zu, mit denen du gerade beschäftigt bist. Du wirst sehen, dass du sie anders vollziehen kannst. Du bist nicht mehr im Hamsterrad, sondern in deiner Mitte. Das Drehen des Rades bringt dich nicht aus deiner Ruhe. Alle Bewegung entsteht aus der Ruhe.
Hinein ins wahre Leben
Spüre deiner Sehnsucht nach. Dann wirst du entdecken: Sehnsucht ist keine Flucht vor dem Leben. Sehnsucht ist intensiveres Leben. Sie ist nichts, was dich vertröstet. Sie führt dich mitten ins wahre Leben. Hier und jetzt.
Lass sie nicht zudröhnen vom Lärm des Alltags. Lass sie nicht zuschütten von der Banalität des Konsums. Lass dich nicht vertrösten von leeren Versprechungen. Spüre in dir selber die Höhen und Tiefen deines Lebens. Mach dich auf und folge dem, was deine Sehnsucht dir zeigt: die Spur des unbegreiflichen Geheimnisses deines Lebens.
Bis alles reif ist
Der Zeitphilosoph Karlheinz Geißler meint: „Nur wer warten kann, kann auch etwas erwarten.“ Wer nichts mehr zu erwarten hat, dessen Leben wird eintönig und leer. Das Erwarten ist wie eine Verheißung für unser Leben. Wir erwarten einen Besuch. Wir erwarten, dass alles besser wird. Wir erwarten, dass unsere Wünsche und Sehnsüchte erfüllt werden. Doch heute tun sich die Menschen schwer, auf etwas zu warten. Sie möchten alles sofort haben. Ein toskanisches Sprichwort sagt diesen Ungeduldigen: „Du kannst noch so oft an der Olive zupfen, sie wird deshalb nicht früher reif.“ Prozesse des Reifens brauchen ihre Zeit. Wir müssen warten können, bis in uns etwas heranreift, bis Vertrauen wächst, bis das, wonach wir uns sehnen, in uns Wirklichkeit wird, und bis die Zeit reif ist, eine Entscheidung zu fällen.
Nicht nur gackern, sondern brüten
Friedrich Nietzsche hat schon über die gelästert, die keine Geduld haben. Offensichtlich war schon damals die Tugend der Geduld selten: „Alles gackert, aber wer will noch still auf dem Neste sitzen und Eier brüten.“ Alle geben sich wichtig. Viele verbreiten Hektik, um zu beweisen, wie wichtig sie sind. Sie gackern wie die Hühner. Aber kaum noch einer bringt die Geduld auf, Eier zu brüten. Ohne „brüten“ aber gibt es kein neues Leben. Nietzsche weiß, dass die Geduld die Tugend ist, die neues Leben ausbrütet. Es braucht Zeit, bis das Leben sich entfalten kann. Wir können es nicht beschleunigen. Die Geduld lässt es aufblühen. Wenn wir Geduld aufbringen, erleben wir die Zeit anders. Wir schauen nicht unruhig auf die Uhr. Wir lassen uns nicht drängeln. Wir nehmen die Zeit als „Ausbrüten“ dessen, was in der Tiefe unseres Herzens geboren werden möchte.
Innenschau
Dass die Beschleunigung in allen Bereichen zunimmt, in der Arbeit, in der Gesellschaft, in der Familie, in der Schule, darüber klagen heute viele. Sie fühlen sich überfordert von dem „Immer schneller“. Das Tempo wird immer mehr hochgeschraubt. Doch es gibt einen Ausweg. Der
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