Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde
nehmen starke Medikamente, um das Tempo zu halten.Doch irgendwann streikt der Körper. Oder aber die Seele signalisiert uns, dass es so nicht weitergeht. Sie wird in eine Erschöpfungsdepression fallen. Das ist dann gleichsam: zum Teufel fahren. Da geht dann nichts mehr. Wir haben keinen Antrieb mehr. Und es braucht oft eine lange Zeit der Therapie, um wieder in unsere Kraft zu kommen. Wenn wir die Kraft immer maßvoll eingesetzt hätten, hätten wir mehr erreicht. Denn die Auszeit, die die Depression erzwingt, lässt uns weit zurückhängen hinter dem, der auf seinem Pferd im guten Rhythmus reitet.
Die Leere und die Fülle
Gegenüber der Ungeduld, die heute weit verbreitet ist und uns daran hindert, warten zu können, singt Ulla Hahn ein Loblied auf die Wartenden. Sie preist die Wartenden selig: „Selig sind die Wartenden. /An ihnen saust / Der Erdball vorüber. / Das schärfste Stück Welt / Löst ihren Blick nicht /Aus der verheißenen Richtung.“
Die Wartenden sind auf ein Ziel ausgerichtet. All das Nebensächliche saust an ihnen vorbei. Sie lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie lassen sich nicht von ihrem Warten abhalten, auch nicht durch Gefahren von außen. Sie wissen, was sie wollen. Sie warten auf das, was ihre tiefste Sehnsucht erfüllt. Das Warten – so meint David Runcorn – „trennt vorübergehende Leidenschaften von echten Sehnsüchten“. Es zeigt uns, worauf es sich lohnt zu warten. Es öffnet unseren Blick fürdie tiefe Sehnsucht, die auf dem Grund unseres Herzens verborgen ist. Wenn wir mit dieser Sehnsucht in Berührung kommen, dann weitet sich unser Herz und wir spüren jetzt schon im Warten die Fülle des Lebens. Warten ist nicht einfach Leere, sondern eine Leere, die sich füllt mit allem, wonach wir uns sehnen.
Langeweile − eine Einladung
Langeweile empfindet nur, wer nicht mit sich in Berührung ist. Er erwartet seine Lebendigkeit von dem, was ihm in der Zeit begegnet. Er ist von äußeren Ereignissen abhängig. Wenn sich nichts Spektakuläres ereignet, dann erlebt er die Zeit als langweilig. Letztlich fühlt er sich selbst langweilig. Er fühlt sich selbst ohne Leben. So ist er unfähig, die Zeit mit Leben zu erfüllen.
Jeder von uns wird Momente der Langeweile erleben. Wir sollten uns darüber nicht wundern, sondern die Erfahrung der Langeweile als Herausforderung verstehen, über uns und unsere Lebendigkeit nachzudenken. Wie erlebe ich mich denn selber? Fühle ich mich nur lebendig, wenn möglichst viel „los“ ist, wenn ständig etwas Interessantes geschieht? Oder fühle ich das Leben auch in mir? Die Langeweile ist eine Einladung, jetzt im Augenblick zu sein, mich zu spüren, das Seinum mich herum zu spüren, die Zeit wahrzunehmen als Geheimnis. Dann wird die Langeweile zu einer guten Weile, in der ich gerne verweile, weil in diesem Augenblick schon alles da ist, was ich zum Leben brauche.
Müdigkeit – eine Chance
Die Zeit frisst Sie auf? Sie zerrinnt Ihnen zwischen den Fingern? Sie bestimmt Sie, hat Sie in der Hand? Was tun, wenn Sie nur eine große Müdigkeit empfinden? Damit Sie die Zeit als „kairos“, als angenehme und geschenkte Zeit erfahren, brauchen Sie einmal einen guten Rhythmus, zum andern eine andere innere Einstellung zur Zeit. Wenn Sie Ihre Zeit rhythmisieren, wenn Sie dabei Ihrem eigenen Biorhythmus folgen, dann werden Sie nicht so leicht müde. C. G. Jung meint, die rhythmisierte Zeit würde im Menschen Energie hervorrufen. Die Müdigkeit ist oft ein innerer Widerstand gegen einen Rhythmus, der dem eigenen nicht entspricht. Ein guter Weg, die Zeit zu rhythmisieren, geht über die Rituale. Rituale schaffen eine heilige Zeit. Heilig ist das, was der Welt entzogen ist. Die heilige Zeit gehört Ihnen und Gott. Darüber kann und darf niemand verfügen.
Freund oder Feind
Gerade im Arbeitsleben spüren wir es: Wir können uns nicht aussuchen, was wir täglich zu arbeiten haben. Vieles ist uns vorgegeben und nimmt unsere Zeit in Anspruch. Es ist uns in den seltensten Fällen vergönnt, über unsere Zeit frei zu verfügen. Wir müssen uns auf das einlassen, was uns jeder Tag an Anforderungen stellt. Aber es kommt darauf an, wie ich mich auf die Zeit einlasse und mich auf das einstelle, was da auf mich zukommt. Ich kann die Zeit als Gegner ansehen. Dann werde ich ständig mit meiner Zeit kämpfen. Ich werde sie möglichst gut ausnutzen und ich werde versuchen, die Arbeitszeit möglichst schnell hinter mich zu bringen, um mehr Zeit für mich zu haben. Aber
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