Dem Himmel entgegen
auf dem Sofa zusammen. Der Kampf hatte sie viel Kraft gekostet.
“Es muss noch einen anderen Weg geben”, sagte Maggie, während sie ihre Arme auf Wunden untersuchte.
“Wenn es den gibt, wüsste ich gerne, wie er aussieht.” Er wollte Marions Kopf streicheln, aber sie schlug seine Hand zur Seite.
“Ich hasse dich!” brüllte sie zornig, rutschte vom Sofa und rannte in ihr Zimmer, als wäre sie auf der Flucht.
Harris fuhr sich durchs Haar. Die Tür zum Kinderzimmer wurde mit aller Macht zugeschlagen.
Maggie verdrehte die Augen. “Wie oft müsst ihr das machen?”
“Sechs Mal am Tag muss ich den Blutzucker messen, drei Mal muss ich ihr Insulin spritzen. Mindestens. Das bedeutet sechs bis neun Stiche mit der Nadel pro Tag.”
“Meine Güte!”
“Ja. Zuerst hat sie versucht, tapfer zu sein, aber jetzt ist es zu einem täglichen Krieg geworden.”
“Ich mag es fast nicht sagen – es scheint, als würdest du ihn verlieren.”
Er senkte den Kopf. “Das ist das Problem. Ich darf nicht verlieren. Ihr Leben hängt davon ab.” Erschöpft griff er nach dem Testgerät, warf einen Blick auf den Wert und nickte, zufrieden mit dem Ergebnis.
“In den ersten Wochen nach dem Krankenhaus habe ich es vermasselt und ihre Werte nicht gecheckt. Sie machte einen guten Eindruck, und ich dachte, ich könnte mal eine Messung überspringen. Im nächsten Moment wurde sie schwach, begann zu schwitzen, und ihre Hände zitterten. Gott sei Dank gibt es Traubenzucker. Aber ich kann dir sagen, das hat mich zu Tode geängstigt.
“Jetzt geht es ihr gut. Und das ist alles, was zählt.”
“Du hast Recht. Ich werde mich darum kümmern, dass es ihr auch weiterhin gut geht.” Er blickte Maggie an, um ihre Reaktion auf seine nächste Äußerung besser beurteilen zu können. “Ich habe übrigens eine Pflegerin engagiert, die hier wohnen und sich den ganzen Tag um Marion kümmern wird.”
Maggie machte große Augen. “Die hier wohnen wird? Hier? Aber, Harris, das Haus ist viel zu klein. Wo soll sie schlafen?”
“Sie kann in meinem Zimmer wohnen. Ich werde mich in meinem Büro einrichten.”
“Das wird dir auf Dauer zu eng. Und ich spreche nicht über die Raumaufteilung und die Möblierung.”
“Vielleicht. Aber ich muss das tun. Wenigstens im Moment.” Maggie wollte etwas erwidern, doch Harris hob abwehrend die Hände. “Es ist alles in die Wege geleitet, Maggie. Ich habe eine Anzeige geschaltet, und sie hat bereits zugesagt zu kommen. Bitte. Mach mir jetzt keine Vorhaltungen. Was ich brauche, ist Unterstützung. Marion und ich brauchen Unterstützung.”
Maggie wollte noch eine Menge sagen, aber sie presste die Lippen aufeinander. Sie nickte und schlang ihre Arme um Harris. Für sie war es keine Frage, für die beiden da zu sein. In den fünf Jahren, in denen Harris und sie Seite an Seite gearbeitet hatten, hatten sie gelernt, wie wichtig Ruhe und Umsicht in ihrem Job waren. Wenn sie miteinander sprachen, dann nur das Nötigste. Meistens ging es um die Patienten oder was noch zu tun war. Harris und Maggie verstanden sich auch ohne Worte. Obwohl Maggie die Glucke des Vogelcenters war und oft und gerne ihre Meinung preisgab, mischte sie sich so gut wie nie in Harris’ Privatleben ein. Die wichtigsten Informationen tauschten sie kurz aus, so dass man im Bilde war, was gerade zu Hause passierte.
Bob ist entlassen worden. Marion hat die Grippe. Die Kinder haben heute Ferien bekommen und sind zu Hause. Die Waschmaschine hat den Geist aufgegeben
. Ihre Loyalität und Verbundenheit war tief und ehrlich – und obwohl die Freundschaft niemals thematisiert wurde, wurde sie auch nicht in Frage gestellt.
“Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du mich brauchst”, sagte sie.
“Das werde ich machen.”
Harris klopfte leise an Marions Zimmertür. Sie antwortete nicht. Besorgt horchte er an der Tür und war erleichtert, nichts zu hören. Schlimmer wären laute Schluchzer gewesen – und Flüche, wie gemein ihr Daddy doch war. Behutsam öffnete er die Tür, um sie nicht zu wecken, falls sie schlief. Er steckte den Kopf durch den Spalt und sah sie auf dem Bett liegen und mit Lulu spielen. Ihr Kopf schnellte hoch, als sie ihn hörte, ihre Augen blitzten vor Neugierde, doch im nächsten Moment sah sie ihn wütend an.
“Darf ich reinkommen?”
“Nein!”
“Aber ich komme trotzdem rein.” Er ging zu ihr, sammelte unterwegs schmutzige Kleider vom Boden auf und setzte sich zu ihr ans Bett. “Hasst du mich immer
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