Dem Killer auf der Fährte
Männer und die Kinder kochen, und wenn wir allein sind, würden wir uns lieber die Arbeit sparen, als ob wir nicht auch Menschen wären, die es brauchen oder verdienen, umsorgt und ernährt zu werden. Wenn wir niemanden haben, der für uns sorgt, sorgen wir auch nicht für uns selbst. Also hat sie mit dem Hüttenkäse gekocht? Er war in einer Mahlzeit? Das halte ich schon eher für möglich. Was war es, Fruchtsalat?«
»Eine Art Auflauf, so was Ähnliches wie Lasagne.«
»Woher wissen Sie das?«
»Jemand hat es mir erzählt.«
»Aha. Wissen Sie, sie hat den Hüttenkäse eigentlich für den Hund gekauft. Als ich hörte, wie es passiert ist, dachte ich zuerst, jemand hätte versucht, ihren Hund zu töten und nicht sie.«
»Wirklich?«
»Ja. Ben und ich haben uns beide darüber gewundert. Er und Elaine waren sehr gute Freunde, müssen sie wissen.«
Um meine Verlegenheit zu verbergen, beugte ich mich herunter und kraulte den samtigen Kopf des Ridgebacks, der weiter schlief, als liege er im Koma.
Sheila fuhr fort: »Ben hat eine Menge Freundinnen. Ich nenne sie seinen Harem.« Sie lachte fröhlich. »Aber Elaine stand ihm von allen am nächsten. Das war sogar ein kleines Problem für mich. Möchten Sie etwas Kaffee? Er ist mit Koffein, und ich lebe praktisch davon.«
»Ja, gern«, antwortete ich.
In der Küche stand eine mit getrockneten Teig- und Sahnespritzern gesprenkelte Kaffeemaschine. Drumherum lagen stapelweise geöffnete Briefe, Zeitungen und Zeitschriften, Broschüren, Plastikspielzeug, Papiertüten und zahlreiche Gemälde von untalentierter Kinderhand. Sheila füllte zwei angeschlagene Keramikbecher.
»Zucker?« fragte sie.
»Ja, bitte.«
Das hätte ich nicht sagen sollen. Sie entdeckte, daß sowohl die Zuckerdose als auch die Zuckerschale leer waren und mußte eine Reihe vollgestopfter Schubladen durchwühlen, bevor sie eine Schachtel Sucanat, ein Produkt aus dem Bioladen, entdeckte. »Es ist nicht ganz dasselbe wie Zucker«, meinte sie entschuldigend, als sie die Schachtel auf den Tisch stellte und sich endlich hinsetzte, »aber es ist gar nicht so schlecht, schrecklich süß jedenfalls.«
Süß? Es schmeckte wie Sirup mit reichlich Saccharin. Aber ich nehme an, daß man leiden muß, um gesund zu leben.
»Jedenfalls«, setzte Sheila unsere Unterhaltung fort, »war Elaine immer so aktiv. Sie und Ben waren ständig hinter mir her, daß ich mich mehr in der Frauenbewegung engagieren sollte. Und daß ich mehr lesen sollte.« Sie langte hinter sich und zog aus einem Stapel etwas, das aussah wie ein Informationsblatt. »So etwas zum Beispiel: Literaturzeitschrift für Frauen. Ben hat es mir zu Weihnachten geschenkt.« Sie klang ironisch.
In Cambridge gibt es viele Männer, von dieser Sorte, ich wette, es sind dieselben, die vor zwanzig Jahren ihre Freundinnen zu den Vietnam-Demonstrationen und zu einem Frühstück bei den Black Panthers geschleppt haben, statt sie in ein Theater oder Restaurant einzuladen. Jetzt flüstern sie einem als Liebesschwur ins Ohr, daß sie ihren Anteil an der Hausarbeit übernehmen würden, und statt roter Rosen schenken sie der Frau ihres Herzens das Abonnement einer radikalfeministischen Zeitschrift.
»Und das erste Exemplar hab ich ja noch gelesen, aber dann bin ich nicht einmal dazu gekommen, die nächsten auch nur aufzuschlagen. Das Problem ist, daß ich nicht sehr gut organisiert bin.«
»Aber Sie haben doch einfach nur schrecklich viel zu tun«, widersprach ich. »Sie haben Ihre Arbeit, und die Kinder, und den Hund, und den Haushalt.«
»Es gibt Leute, die das schaffen«, sagte sie. »Oder ich habe jedenfalls den Eindruck, daß sie es schaffen.«
In diesem Moment hörte man von draußen Autotüren zuschlagen und den Klang von hellen Kinderstimmen.
»Da sind sie ja«, meinte Sheila. »Wenn sich jetzt nur noch der Kater blicken ließe, könnten Sie loslegen.«
Der Vorwand für meinen Besuch war ein Foto von dem Ridgeback zusammen mit den Moss-Kindern und der Familienkatze. Sheila hatte mir erzählt, der Hund und der Kater wären so gute Freunde, daß sie sich oft nebeneinander zusammenrollten und schliefen. Ich hatte bisher den Eindruck, daß Es außer Schlafen keine weiteren Aktivitäten zeigte, aber als die Stimmen jetzt näher kamen, hob er seinen Kopf und klopfte mit dem Schwanz mehrmals auf den Boden, was für ihn wahrscheinlich ein Trommelfeuer der Begeisterung war. Dann erhob er sich bedächtig und trottete zur Tür.
Die Kinder, vier Jungen, waren
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