Dem Killer auf der Fährte
Affäre mit Elaine Walsh gehabt. Rita hat mir davon erzählt.«
»Mmhh«, meinte Kevin.
»Du hast davon gewußt?«
»Ja.«
»Woher? Hat er es zugegeben?«
»Himmel, du willst wissen, ob er es zugegeben hat?« Kevin schüttelte den Kopf.
»Er hat also damit angegeben. Und das macht dir zu schaffen, ja?«
Kevin hat eine blasse, fast durchscheinende Haut, die im Sommer zahllose Sommersprossen bekommt, aber da es jetzt tiefer Winter war, überzog sich sein Gesicht mit einer gleichmäßigen, tiefen Röte. Vor dem Hintergrund des wintergrauen Himmels und der Wasserspiegelungen auf dem See hob sich Kevins roter Haarschopf bestens ab. Als er nun auch noch errötete, leuchtete sein ganzer Kopf in einem lodernden Glühen.
»War das so ein typisches Männergespräch?« Ich versuchte, wieder zu Atem zu kommen. »Und du hast sein Gerede obszön gefunden?«
»Zuerst er, und jetzt auch noch du.«
»Hat er gemeint, du bist prüde, oder was?«
»Er hat mir erklärt, alle Frauen wären gleich. Und
dann hat er mir ganz genau und mit allen Details beschrieben, wie sie gleich sind.«
»Du bist ja tatsächlich prüde.« Ich verlangsamte meine Schritte. »Was hat er gesagt? Daß sie phantasievoll war? Oder unkonventionell? Ist das fein genug umschrieben?«
»Er hat's sicher nicht mit diesen Worten gesagt.« Kevin lief in einem kurzen Abstand vor mir weiter.
»Ich finde, das ist beleidigend«, antwortete ich. »Elaine hätte das auch nicht gefallen. Ich glaube nicht, daß sie das Ausplaudern einer sexuellen Affäre für einen wesentlichen Beitrag zur Emanzipation gehalten hat. Würdest du bitte etwas langsamer laufen? Und es hat außerdem etwas Unanständiges. Ich kann verstehen, daß du daran Anstoß nimmst. Aber warum hat er denn nicht den Mund gehalten? Hat er nicht gemerkt, daß er damit einen schlechten Eindruck macht? Worauf wollte er hinaus?«
»Oh, ich hab' schon kapiert, worauf er hinaus wollte.« Kevin lief immer noch ein paar Schritte vor mir. Er drehte jetzt den Kopf nach hinten, so daß ich ihn besser hören konnte, und fuhr fort: »Worauf er hinaus wollte, kann ich dir sagen: Warum würde ein Typ wie er eine Frau umbringen, die so eine phantastische Nummer im Bett ist?«
»Oh Gott, Kevin, Elaine hätte euch beiden eine Überdosis verpaßt, wenn sie das gehört hätte. Und lauf jetzt endlich langsamer, verdammt noch mal. Ich trainiere nicht für den Marathon.« Aber Kevin tut es. Fast ständig. »Aber was ist mit dem Medikament, dem Sinequan?«
»Da war nichts zu holen. Ja, er hat es Miss Zalewski gegeben. Nein, er hatte nicht den Eindruck, daß sie selbstmordgefährdet war. Er hat sich später lange gefragt, warum er dieses Medikament ausgewählt hat und ist sogar zu einem anderen Psychiater gegangen, um, ich zitiere: >an dem Problem zu arbeiten<. Gemeinsam mit diesem anderen Psychiater hat er dann, ich zitiere noch einmal: >eine Erinnerung wieder in das Bewußtsein geholt<.«
»Eine Erinnerung an was?«
»Es scheint, daß vor einiger Zeit ein Pharmakonzern, der dieses Medikament herstellt, versucht hat, die Arzte dazu zu bringen, es verstärkt zu verschreiben. Also haben sie nicht nur eine Anzeigenkampagne gemacht, sondern sie haben sogenannte Kaufanreize geboten.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Sie haben Schallplatten mit klassischer Musik verschenkt.«
»Soll das ein Witz sein?«
»Nein, wirklich. Und Moss holte die Erinnerung in sein Bewußtsein, daß er sich angewöhnte, Sinequan zu verschreiben, weil ihm die Schallplatten gefielen. Ich wette, wenn er ein Rezept ausgeschrieben hat, erklangen in seinem Kopf lauter Geigen. Und er mag Geigen.«
»Und weil er gleich ein ganzes Orchester haben wollte, hat er Elaine auch welche gegeben?«
»Nein, Miss Walsh nicht.«
»Kein >Miss< bitte«, sagte ich. »Was soll eigentlich dieses Machogehabe? Mußt du denn immer ein bißchen zu schnell für mich gehen? Wenn du Lust auf einen Wettlauf hast, such dir jemanden in deiner Größe und gib' mir Rowdy. Ich komme besser mit den beiden Hunden klar.«
»Entschuldige.«
»Ich bin keine tolle Läuferin, weißt du. Ich mache das hier nur, weil die Hunde den Auslauf brauchen. Also, hat er einmal jemandem, der Elaine kannte, Sinequan verschrieben? Hat er dazu was gesagt?«
»Daß mich das nichts angehen würde«, antwortete Kevin.
»Das mußte er sagen. Therapeuten dürfen nicht über ihre Klienten reden. Oder Patienten, oder wie immer sie sie nennen. Es ist wirklich alles streng vertraulich.«
»Was du nicht
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