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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Der Kapitän!«
    Tyacke nahm den Hut unter den Arm und fuhr den Midshipman an: »Nehmen Sie Ihren Hut ab, Mann. Sie sind hier nicht dienstlich! Hier ist das Heim der Männer, vergessen Sie das nie!«
    Blythe beobachtete fast unterwürfig, wie Tyacke den Seeleuten mit einer Handbewegung zu verstehen gab, wieder an den sauber geschrubbten schmalen Tischen Platz zu nehmen. Noch immer roch es in diesem Deck nach Essen. Tyacke blieb stehen, um zuzuschauen, wie gerade das Modell eines Linienschiffs der fünften Klasse vollendet wurde. Die Messekameraden beobachteten die Fertigstellung kritisch.
    Einer meinte spaßhaft: »Das hier wird das einzige Schiff bleiben, daß Jake je kommandieren wird, Sir!«
    Tyacke hörte sie lachen, spürte ihre unerwartete Kameradschaft und ihre einfache Freude über das, was man sonst als Eindringen bezeichnen könnte.
    »Werden wir den Franzmännern den Hintern versohlen, Sir?« Der Mann schwieg, als Tyacke ihn ansah.
Franzmänner.
Viele von den Leuten hier unten hatten keine Ahnung, wo sie waren oder wohin sie segelten. Wetter, Essen, Sicherheit – das bedeutete auf dem Kanonendeck etwas ganz anderes als oben. Hier roch es geballt nach Menschen, nach Bilge, Teer, nach Hanf und Farbe.
    Er antwortete: »Wir kämpfen gegen die Feinde des Königs, Leute. Doch meistens geben wir Seiner Majestät nur eine Hand, die andere ist für uns selber.« Er sah ihre gespannten Gesichter. »Für uns alle.«
    Einige starrten seine fürchterlichen Narben an, andere hingen nur an seinen Augen. Gelächter war zu hören, an den anderen Messetischen versuchte man mitzukriegen, was er hier sagte.
    Wieder eine Stimme: »Trinken Sie einen Becher Rum, Sir?«
    »Ja, einen!« Ihm war, als antworte jemand anders. »Einen. Denn ich muß für morgen einen klaren Kopf behalten!«
    In der ungläubigen Stille sah man ihn den Becher mit unverdünntem Rum leeren. Er nickte und atmete tief durch. »Das war Nelsons Blut, Männer.« Dann richtete er sich auf, soweit es im niedrigen Deck ging. Auch gebückt zwischen den Balken stehend, war er immer noch beeindruckend.
    »Gott segne euch, Männer!«
    Man jubelte ihm zu, und der Lärm brandete durch das niedrige Deck. Dann sagte Tyacke: »Weiter geht es, Mr. Blythe.«
    Sie gingen durch die Messen der Seesoldaten, durch die Kasernen, wie sie beharrlich genannt wurden. Sauber gestapelt die Trommeln mit den weißgekalkten Brustriemen, die Stells mit Musketen und Bajonetten. Scharlachrote Röcke, erfreutes Grinsen, ein- oder zweimal Händeschütteln mit Unteroffizieren.
    Tyacke fühlte wieder die frische Seeluft im Gesicht und war froh, daß alles vorbei war. Er wußte, wer ihm beigebracht hatte, wie wichtig solche Nähe zu den Männern war, die alle auf ihn bauten.
    Eine vertraute Gestalt lehnte an einem der schwarzen 24-Pfünder. Es war Troughton, der Koch mit dem Holzbein, der seine Schrecken vor Abukir mit ihm geteilt hatte.
    »Die haben Sie gewonnen, Kapitän. Die alte
Indomitable
liegt jetzt wie ein Spielzeug in Ihrer Hand.«
    Man rief ihn weg, und Tyacke war froh darüber. Der junge Seemann mit dem frischen Gesicht, den es wie ihn umgeworfen hatte, als die Welt um sie herum explodierte, ahnte wahrscheinlich mehr als jeder andere, wie es wirklich um ihn bestellt war.
    Er wandte sich an Midshipman Blythe, der ihn mit einer Mischung aus Bewunderung und Furcht ansah.
    »Männer, Mr. Blythe. Ordentliche, alltägliche Leute, die keinem je auffallen würden, wenn sie auf den Straßen oder den Feldern arbeiten würden.«
    Blythe nickte und schwieg.
    Tyacke fuhr fort: »Aber sie machen die Kraft eines Schiffes aus. Also lassen Sie sie nie unnötig sterben!«
    Der Schatten des Midshipman verschmolz mit der Dunkelheit. Vielleicht hatte er etwas bei diesem Rundgang gelernt – bis zum nächsten Mal.
    Er dachte an den Mann, dessen Flagge im Mast wehte, und lächelte. Dann griff er in geteertes Rigg und murmelte: »Also dann – ran!«

Und wofür?
    Richard Bolitho blickte in den kleinen Spiegel und fühlte, wie sanft seine Haut sich nach der sorgfältigen Rasur Alldays anfühlte. Das Schiff war gänzlich dunkel. Bei solch niedriger Bewölkung würde es spät hell werden. Dennoch fühlte er, daß das Schiff schon zu Leben erwacht war. Einige Männer hatten bereits zu tun, und in der feuchten Luft hing der fette Geruch des Frühstücks.
    Und wenn ich mich geirrt habe? Es überraschte ihn, daß ihn das Gesicht im Spiegel anlächelte. Er wußte einfach, daß er recht hatte. Das hing nicht nur mit

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