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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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sagte er.
    In der Stille reichte er Lady Catherine Somervell seinen Arm, so daß Avery niederknien und ihr in die Schuhe helfen konnte. Er sah einen Teerflecken auf ihrem Fuß und einen deutlichen Riß im Strumpf.
    Dann stimmten Trommeln und Pfeifen
Hearts of Oak
an. Erst dann musterte Bolitho den Großmast genauer, an dem seine Flagge bis zur Stenge aufstieg, wo sie hell im Wind auswehte.
    Er fühlte, daß Lady Somervell den Tränen nahe war.
    Obwohl die feine Gesellschaft gegen sie beide war, hatten sie dies erreicht und waren dabei zusammengeblieben.
    Er starrte auf die Flagge, bis seine Augen tränten. Oder täuschten ihn seine Gefühle?
    Seine Flagge. Das St. Georgs-Kreuz.
    Es gab auch Jubelrufe – doch nicht wegen der Flagge oder wegen des besonderen Ereignisses. Man jubelte ihr zu. Die Frau eines Seemanns war an Bord gekommen, um ihnen allen zu beweisen, daß sie sich um sie kümmerte, um sie alle und um ihren Mann.
    Der Lärm ebbte ab, und Catherine verbeugte sich leicht vor Tyacke und sagte: »Sie sehen
sehr
gut aus, James Tyacke!« Als er sich verbeugte, um ihre Hand zu ergreifen, hob sie ihr Gesicht und küßte ihn auf die Wange. »Sie sind hier sehr willkommen.« Dann blickte sie nach unten auf die stummen, alles beobachtenden Seeleute und Seesoldaten. »Sie werden Sie nie im Stich lassen!«
    Sie könnte beide gemeint haben, dachte Tyacke. Oder auch das Schiff, die
Indomitable.

Unruhige See
    Sir Richard Bolitho saß auf der langen lederbezogenen Bank unter den hohen Heckfenstern und beobachtete, wie sich die See hob und achtern brach. Das Schiff zitterte nicht mehr unter dem quietschenden Rollen der Kanonenräder. Er nahm an, daß Leutnant Scarlett sich entschlossen hatte, die Übung wieder mal abzubrechen und auf besseres Wetter zu warten. Die Mannschaften konnten so auch wieder Kräfte sammeln. Drill an Segeln und Kanonen: Bereits einen Tag nach Falmouth hatte Tyacke alle Mann gefordert. Tyacke hatte immer, wenn er sich auf dem Achterdeck sehen ließ, zu ihm hinübergeschaut, als wolle er seine Meinung hören. Doch Bolitho hatte sich nicht geäußert. Er hatte genug eigene Probleme, wollte sich deshalb nirgendwo anders einmischen oder Vorschläge machen.
    Er spürte, wie sich das Holz in seinen Rücken drückte, als das Schiff in ein tiefes Wellental fiel. Jede Wante und jede Rah quietschte unter dem Druck. Jetzt war es später Nachmittag, bald würde die Wache wechseln. Er blickte auf den unvollendeten Brief, der vor ihm lag, und stellte sich ihr Gesicht vor – wann auch immer sie die Zeilen lesen würde. Falls sie nicht auf ein befreundetes Schiff treffen würden, das nach England segelte, würde der Brief erst in Antigua der Post übergeben werden.
    Er rieb sich die Stirn und sah sie wieder vor sich. Sie hatte das Schiff mit dem Bootsmannsstuhl verlassen. Er hatte darauf bestanden. Wieder hatte es Beifallsrufe gegeben, als man ihr in das große Boot half. Und dann hatten Allday und Avery sie sicher an Land begleitet.
    Nur sie kannte den Schmerz, den ihre Trennung ihm zufügte. Aber sie wußte auch, was ihr noch so kurzer Besuch an Bord für die Männer bedeutete, die in ein unbekanntes Schicksal segelten. Nach sechs Tagen lagen bereits tausend Seemeilen zwischen Falmouth und dem Schiff. Heute nacht würden sie die Azoren passieren und den vierzigsten Breitengrad überqueren, immer noch mit Kurs Südsüdwest.
    Wieder sah er auf die dunkelblaue See mit ihren anrollenden gelben Kämmen.
Indomitable
hielt sich gut und nahm jedes Hindernis mit einer Art von Hochmut, den er bisher kaum gekannt hatte. Von den neuen Männern an Bord, die von der Marine und ihrer erbarmungslosen Gleichgültigkeit nichts wußten, waren viele entweder seekrank geworden oder bewußtlos, wenn das stampfende und rollende Deck sie als unachtsame Neulinge gegen Kanonen oder Relingstützen geschleudert hatte.
    Aber sie würden lernen, sich zu bewegen, weil sie keine andere Wahl hatten. Bolitho war aufgefallen, daß Tyacke bei jedem Drill an Deck war, auch wenn ein schneller Kurswechsel die Toppleute nach oben schickte. Die neuen, die Landratten, und die Seesoldaten blieben unten an den Brassen, um im heulenden Wind die Rahen zu trimmen.
    Er hatte Scarlett gehört, der nach einem besonders anstrengenden Exerzieren die Backbord-Batterie gelobt hatte: »Diesmal war es besser, Sir!«
    »Aber noch nicht gut genug, Mr. Scarlett!« hatte Tyacke geantwortet. »Für Klar-Schiff-zum-Gefecht brauchen wir immer noch zwölf Minuten. Ich will

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