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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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herausrückte, dass er dich am Flussufer mit dem Engländer gesehen hat. Mein Gott, Melody! Wie konntest du unseren Vater nur so verraten?«
    »Tommy!«, flehte sie und bedeckte ihr Gesicht.
    »Du wirst Pablo heiraten«, befahl er. »Der arme Teufel liebt dich trotz allem immer noch.«
    »Das werde ich nicht tun. Ich liebe ihn nicht.«
    »Du wirst tun, was ich dir sage.«
    »Unser Vater hätte gewollt, dass ich jemanden heirate, den ich liebe.«
    »Unser Vater hätte dich getötet, bevor er mit angesehen hätte, dass du zur Hure eines Engländers wirst. Du wirst Pablo heiraten!«
    »Es reicht«, donnerte Blackravens Stimme durch den Raum. »Es wundert mich, dass ich so viel Geduld mit dir habe, Maguire, wahrscheinlich aus Rücksicht auf deine Schwester. Ich fordere dich auf, jetzt zu gehen, oder ich versichere dir, ich werde zu Methoden greifen, die dir nicht gefallen werden.«
    »Meine Geschwister kommen mit mir«, sagte Tommy herausfordernd.
    Blackraven lachte verächtlich auf.
    »Ach, und wo willst du sie hinbringen? Unter das Dach eines alten Karrens? Und mit welchem Geld willst du sie ernähren, kleiden und die Medizin für Jimmy bezahlen?«
    »Es sind meine Geschwister, und ich werde mich um sie kümmern.«
    »Das fällt dir aber ziemlich spät ein.«
    »Tommy, bitte, verschwinde«, schluchzte Melody und versuchte, ihn zu packen.
    »Lass mich los! Verlier keine Zeit, nimm deine Sachen und die von Jimmy. Du kommst mit mir.«
    Blackraven wollte sich auf ihn stürzen.
    »Nein, Roger! Tu ihm nichts! Verschwinde, Tommy! Um Himmels willen, mach, dass du wegkommst.«
    »Sie Hurensohn werden sich für die Ehre meiner Schwester verantworten, morgen früh um fünf auf der Alameda.«
    Melody schrie auf, hielt Blackraven am Revers fest und sah ihn flehentlich an.
    »Welche Waffe du auch wählst, ich würde ohnehin gewinnen. Du würdest dein Leben verlieren, was mir vollkommen egal
wäre, doch deine Schwester würde mir das nie verzeihen. Also spar dir die Angeberei! Ich werde die Aufforderung zum Duell nicht annehmen. Isaura wird meine Frau werden. Und jetzt verschwinde!« Er warf ihm das Messer vor die Füße.
    Vielleicht lag es an Blackravens Ton, vielleicht an seinem finsteren Gesichtsausdruck, jedenfalls reagierte Tommy, als habe er plötzlich bemerkt, dass er gegen ein siebenköpfiges Monster kämpfte. Er nahm das Messer und steckte es wieder in die Leibbinde, dann hob er noch einmal drohend die Faust in Blackravens Richtung und rannte davon.
    Béatrice, die sich die ganze Zeit über im Nebenzimmer aufgehalten hatte, kam herein und nahm Melody in die Arme. Trotz der widersprüchlichen Gefühle, die das Mädchen in den letzten Tagen in ihr geweckt hatte, empfand sie in diesem Moment großes Mitleid mit ihr.
    Blackraven fuhr sich verzweifelt durch die Haare, als er die beiden Arm in Arm hinausgehen sah. Er wollte Melody trösten, doch er traute sich nicht, denn er befürchtete, sie würde ihn zurückweisen.
    Er musste diesen Tommy Maguire aufhalten, oder er wäre bald tot, und das wäre ein schlimmer Schlag für Melody. Der Sklavenaufstand war ein zu riskantes Unterfangen, als dass man ihn solch einem Heißsporn überlassen konnte, dem Leidenschaft vor Verstand ging. Er würde Maguires Verschwörung ein Ende machen, auch wenn sie seinen Plänen nutzte, die Regierung des Vizekönigreichs und die Monarchisten auszuhöhlen. Letzte Nacht hatte er wegen der Sache mit der Wäscherin nicht mit Papá Justicia sprechen können. Er würde versuchen, es heute noch nachzuholen.
     
    Melody hatte sich über einen weiteren Befehl Blackravens hinweggesetzt: Sie war zu Madame Odile geflüchtet. Nach dem Streit mit Tommy war es mit Melodys Seelenfrieden vorbei und
alle Freude wie ausgelöscht. El Retiro schien ihr von dunklen Wolken umgeben zu sein.
    Sie zweifelte nicht an der Aufrichtigkeit ihrer Liebe zu Blackraven – nur Gott wusste, wie viel er ihr bedeutete –, sondern fragte sich, ob es klug war, ihn zu lieben. Wenn sie ihn heiratete, würde sie die Liebe ihres Bruders verlieren und das Andenken ihres Vaters mit Füßen treten. Es würde schwer auf ihrem Gewissen lasten, ihre Familie verraten und zerstört zu haben. Vor einiger Zeit hatte sie schon einmal voller Kummer mitansehen müssen, wie die Familie Maguire nach Fidelis’ Tod zerbrach. Eine neue Trennung würde sie nicht zulassen.
    Sie musste bei dem einzigen Menschen ihr Herz ausschütten, dem sie alles erzählen konnte. Mit Madame Odile könnte sie über die Qual und das

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