Dem Winde versprochen
Teufel, wegen dem du durch die Hölle gehen musstest. Er ist weg. Für immer. Tot.«
»Tot? Hast du …?«
»Ja. Ich habe das für dich getan. Du musst wissen, ich habe ihn schrecklich leiden lassen.«
Elisea fing an zu weinen. Sie hatte sich oft und voller Genugtuung Sabas langsamen, qualvollen Tod vorgestellt. Doch jetzt fühlte sie sich schuldig, weil Servando sich an dieser verachtenswerten Kreatur die Hände schmutzig gemacht hatte. Womöglich würde ihr Geliebter dafür in die Hölle kommen.
Ihn störte es nicht, dass sie weinte. Im Gegenteil, das war ihm lieber als die Gleichgültigkeit der letzten Wochen. Vielleicht würde auf die Tränen ja irgendwann ein Lächeln folgen. Er umarmte sie und fühlte, dass sie von nun an zueinander gehörten.
»Eines Tages werden wir alles vergessen haben, was uns widerfahren ist, und wir werden glücklich sein«, ermutigte er sie.
»Ich werde nie vergessen können.«
»Doch, zusammen werden wir das schaffen.«
Elisea löste sich von Servando. Mit dem Ärmel wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und sah ihn eindringlich an. Es folgten lange Sekunden des Schweigens. Elisea überlegte, ob sie ihn nicht fortschicken sollte. Was hatten sie schon für eine Zukunft? Sie versuchte, die Kraft dazu zu finden, doch es wollte ihr nicht gelingen. Ihr Herz brauchte diesen Mann.
»Ich liebe dich, Servando, von ganzem Herzen.«
»Elisea, meine Liebste.«
»Aber ich bin innerlich zerstört. Ich werde nie mehr dieselbe sein können. Und ich habe Zweifel, ob ich mich dir jemals wieder hingeben kann.«
»Das macht mir nichts aus. Wenn ich nur deine Hand nehmen
darf, so wie jetzt, und eine Weile allein mit dir verbringen und reden und lesen, würdest du mich überglücklich machen.«
»Ja? Das würde dir genügen?«
»Ich werde dich nie wieder anrühren, wenn das zu schmerzlich für dich ist, aber schick mich nicht fort. Ich werde dir mein Leben schenken, Elisea, wenn du es mir erlaubst, und ich werde dein Sklave sein, bis zu meinem Tod und darüber hinaus.«
Somar nahm den Weg am Fluss entlang nach El Retiro. Er fand Blackraven, der in der Bibliothek im Sessel saß, die eine Hand auf der Stirn, in der anderen ein Glas Brandy. Sansón sprang auf und begrüßte ihn mit wedelndem Schwanz und Freudengebell.
»Wo ist sie?«, fragte Roger, ohne sich zu rühren.
»Wie du vermutet hattest: bei Madame Odile.«
»Hast du sie gesehen?«
»Nein, sie schlief. Ich habe mit Madame gesprochen.«
»Und was hat sie gesagt?«
»Dass sie in Tränen aufgelöst ankam. Sie haben sich eine Weile unterhalten, und dann ist Miss Melody eingeschlafen. Madame meinte, es sei ratsam, dass sie die Nacht dort verbringt.«
»Nein!«, herrschte ihn Blackraven an.
»Madame hat mir versichert, das Bordell bliebe aus Rücksicht auf sie geschlossen.«
»Das ist mir gleich.«
»Roger, bitte, du kannst dich der Vernunft nicht verschließen. Es ist besser, wenn sie ein wenig Abstand bekommt, zumindest bis morgen. Sie ist verletzt und durcheinander. Das war zu viel auf einmal für sie. Allein, dass du Sklavenhändler warst, musste sie gegen dich aufbringen. Und dann noch die Geschichte mit Victoria … «
»Du brauchst mir nicht alle Fehler aufzuzählen, die ich gemacht habe.« Blackraven stand auf. »Trotzdem hätte Isaura nicht an mir zweifeln dürfen. Was sie mir an den Kopf geworfen hat!
Ich hätte mir Bella Esmeralda unter den Nagel reißen wollen! Das ging entschieden zu weit.« Er warf das Glas in den Kamin, wo es zerschellte. »Was glaubt sie denn, was für ein Ungeheuer sie als Ehemann hat? Wenn ich den Dingen ihren Lauf gelassen und mich von dem ganzen Aufruhr ferngehalten hätte, wäre ich jetzt nicht in dieser Situation.«
»Du weißt, dass das nicht stimmt. Wenn du gestern Abend nicht eingegriffen hättest, wäre für Miss Melody heute eine Welt zusammengebrochen. Und wenn du sie so leiden gesehen hättest, hättest du dich auch schuldig gefühlt. Du hast das Richtige getan, du kannst beruhigt sein. Miss Melody ist eine der wenigen vernünftigen Frauen, die ich kenne.«
»Vernünftig! Ha!«
»Du musst sie verstehen, Roger.«
Blackraven ließ sich wieder in seinen Sessel fallen und seufzte. Nein, er konnte sie nicht verstehen. Wie hatte sie ihn nur so verletzen können? Er hatte immer gewusst, dass er sie nicht so lieben durfte. Das war ein großer Fehler gewesen, denn das machte ihn schwach und verwundbar.
»In wenigen Tagen werde ich nach Rio de Janeiro in See stechen, mit Marie und
Weitere Kostenlose Bücher