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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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zu überqueren, und galoppierte dann weiter. Minuten später war sie da.
    »Señora!«, rief Bustillo überrascht.
    »Wo ist Mister Blackraven?« Bustillo schwieg. Wütend wiederholte sie ihre Frage: »Was ist los, Bustillo? Warum sagen Sie nichts? Warum sehen Sie mich so an?«
    »Señora«, stammelte er, »ich dachte … also … «
    »Nun reden Sie schon!«
    »Der Patrón ist gestern zur Ensenada de Barragán aufgebrochen. Wie er mir sagte, wollte er heute früh in See stechen.«
    Melody starrte den Verwalter ungläubig an. Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen.
    »Señora, soll ich Ihnen beim Absteigen behilflich sein?«
    »Nein, danke.«
    Sie nahm die Zügel und gab Fuoco die Sporen, Richtung Fluss. Betäubt durch das gleichmäßige Hufgetrappel ließ sie sich bis zum Ufer tragen. Dort sprang sie aus dem Sattel und lief zum Fluss, direkt in das Wasser hinein. Sie rief nach Roger, bis ihr Hals zu schmerzen begann. Der Río de la Plata war eine einzige glatte Fläche. Über dem Wasser ging kein Lüftchen. Vor ihr tat sich eine einsame, imposante Landschaft unter einem wolkenlosen Horizont auf. Ein Schlund aus Wasser verschluckte ihre Schreie und ihre Verzweiflung, und spuckte nichts wieder aus.
    »Roger! Komm zurück!«, flehte sie und ging immer weiter hinein in die Fluten. »Verlass mich nicht! Roger! Nimm mich mit!«
    Irgendwann spürte sie, dass sie keinen Boden mehr unter den Füßen hatte. Die sanfte Strömung hielt sie umfangen. Sie stellte sich vor, sie schwebe bis zum Horizont. Sie brauche nur die Hand auszustrecken und schon könne sie den Punkt fassen, an dem Himmel und Wasser sich berühren. Mit offenen Augen
starrte sie in den blauen Glanz, der sie umgab und sie wiegte. Auf einmal hatte sie das Gefühl, sie würde aus dem Wasser hinauf in die Lüfte steigen. Dann wurde alles dunkel um sie herum.
    Es war Somar, der sie entdeckt und aus dem Wasser geholt hatte. Er legte sie auf den Sand und umhüllte sie mit seinem Umhang.
    »Herrin! Was hatten Sie vor? Wie könnte ich meinem Herrn vor die Augen treten, wenn Ihnen ein Unglück widerführe?«
    Melody kam langsam wieder zu sich. Sie drehte den Kopf und sah direkt in Somars Gesicht. Sie hatte ihn noch nie aus einer solchen Nähe betrachtet: die großen schwarzen Augen, die spitze Nase und die vorstehenden Wangenknochen. Sie sah die Tätowierungen auf seiner Wange, seltsame Symbole aus schwarzer Tinte.
    »Er ist fort, Somar«, sagte sie weinend. »Er ist ohne mich gegangen.«
    Somar hob sie hoch, setzte sie auf Fuoco, nahm die Zügel und führte ihn den Abhang hinauf. Melody schluchzte leise. Im Haus angekommen, brachte Somar sie zu Bett. Dann ließ er sie allein. Kurz darauf kam eine Sklavin, die ihr schweigend half, die nassen Sachen auszuziehen.
    »Da, nehmen Sie.«
    Somar war zurückgekehrt und hielt ihr ein Glas hin. Die bernsteinfarbene Flüssigkeit roch sehr gut. Roger hatte manchmal so gerochen, wenn er sie küsste. Sie nippte nur ein wenig davon.
    »Geht es Ihnen schon etwas besser?« Melody nickte. »Gut. Dann ruhen Sie sich jetzt ein wenig aus.«
    »Wann kommt er wieder?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Melody schaute zu Boden und fing wieder an zu weinen. »Ich habe schreckliche Dinge zu ihm gesagt. Ich war so wütend, und jetzt tut es mir leid.«
    Der Diener sah sie schweigend an. In seinem Gesicht war nicht
die Spur eines Vorwurfs. Sie wischte sich die Tränen ab und atmete tief durch. Somar machte Anstalten zu gehen.
    »Geh nicht, Somar! Lass mich nicht allein!«
    »Sie müssen sich ausruhen.«
    »Nein, ich kann keine Ruhe finden. Bitte sprich mit mir. Sag mir, wie du Roger kennengelernt hast. Erzähl mir von ihm. Bitte.«
    Er sah Melody an und stellte einen Stuhl an das Kopfende des Bettes.
    »Ich habe ihn auf einem Sklavenschiff kennengelernt.«
    In dem Moment machte es sie nicht einmal wütend, dass Roger mit Sklaven gehandelt hatte.
    »Er war sehr jung damals, verwegen und ein wenig verrückt. Er hatte keine glückliche Kindheit und hat darunter sehr gelitten. Er hatte seine Familie verlassen, um seinen eigenen Weg zu finden, und war auf einem Piratenschiff gelandet, auf dem Sklaven transportiert wurden. Das war nicht sein freier Wille, man hatte ihn gezwungen. Sie wissen nicht, wie das Leben in diesen Häfen der Karibik ist. Man muss ständig auf der Hut sein, sonst bekommt man einen Schlag auf den Kopf und findet sich wenig später auf offener See wieder. So ist es auch Roger ergangen.« Es war das erste Mal, dass er seinen Herrn beim

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