Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
Vom Netzwerk:
Mitmenschen ihre Freiheit raubt?«
    »Die Sklaven sind nicht wie wir.«
    »Das sagen die Engländer von den Iren ebenfalls.«
    Auch bei der Erziehung der Kinder waren sie uneins. Maguire hielt Lesen für Zeitverschwendung. Für ihn war es weit wichtiger, dass sie sich auf dem Hof auskannten. Das galt auch für Isaura, die er Melody nannte.
    »Du wirst aus meiner einzigen Tochter noch einen Bauerntrampel machen, ganz wie der Vater.«
    »Ich werde aus deiner Tochter eine Frau machen, die sich zu helfen weiß und nie Hunger leiden wird.«
    Melody verbrachte den größten Teil des Tages auf dem Pferd. Zusammen mit ihrem Vater, dem Vorarbeiter Domingo, dessen
Sohn Pablo und ihrem Bruder Tommy ritt sie über die Felder der Estanzia. Tommy hatte nach Lastenias Meinung ein sehr irisches Temperament entwickelt. Manchmal war er nicht unter Kontrolle zu bringen, nicht einmal von Fidelis, mit dem er häufig stritt.
    Melodys Begeisterung für Musik und Gesang war Lastenias einziges Lockmittel, um sie zu den Büchern zu bringen.
    »Du willst also Klavier und Harfe spielen? Und singen? Dann musst du erst einmal Lesen und Schreiben lernen.«
    Nur James, den alle Jimmy riefen, hing aufgrund seiner körperlichen Schwäche die ganze Zeit an Lastenias Rockzipfel. Im Unterschied zu seinen Geschwistern war Jimmy ein ruhiger, folgsamer Junge, der es gern hatte, wenn Lastenia ihm Geschichten vorlas.
    Melody war dreizehn, als ihre Tante Enda Feelham und ihr zwanzigjähriger Sohn Patrick – »Paddy« – Maguire nach Bella Esmeralda, so der Name der Estanzia, zogen. Fidelis’ Bruder James war im Jahr zuvor an einer unbekannten Krankheit gestorben und hatte Frau und Sohn in Armut zurückgelassen.
    Fidelis wusste, dass er bei seiner Schwägerin in der Schuld stand, weil sie ihm vor Jahren nach der Folter durch die Engländer das Leben gerettet hatte. Auch wenn sie damals bei den Leuten als Hexe verschrien war, hielt er sie für eine gute Frau.
    Enda und Paddy wurden in die Familie aufgenommen und gewöhnten sich recht schnell an den Alltag auf dem Gut. Paddy hängte sich sofort an Fidelis, von dem seine Mutter so oft gesprochen hatte. Weil er sehr geschickt im Umgang mit dem Vieh und bei der Feldarbeit war, gewann er schnell die Zuneigung seines Onkels, worauf Tommy zunehmend eifersüchtig reagierte.
    Enda war eigenbrötlerisch und tauchte nur zu den Mahlzeiten auf. Lastenia mochte sie nicht sonderlich. Fast hatte sie ein wenig Angst vor ihrer Schwägerin, weil diese manchmal mit merkwürdigen Gegenständen in der Hand wie in Trance da saß. Und keiner konnte Lastenia ausreden, dass seit der Ankunft von
Enda und Paddy merkwürdige Dinge vorgingen: Geräusche in der Nacht, unerklärliche Todesfälle bei den Tieren, Fehlgeburten, plötzliche und heftige Gewitter, zerstörte Ernten und seltsame Krankheiten.
    Als Melody fünfzehn war, starb ihre Mutter. Obgleich sie sich nie besonders gut verstanden hatten, konnte das Mädchen sich nur schwer mit ihrem Tod abfinden. Lastenia starb an einer Pilzvergiftung und hatte einen langen, schmerzvollen Todeskampf. Immer, wenn es in der Nacht geregnet hatte, war das Feld am Morgen übersät mit Pilzen, die Lastenia und die Köchin sammelten und zu köstlichen Gerichten verarbeiteten. Eigentlich kannten sie sich aus mit Pilzen, doch dieses Mal musste eine von ihnen einen Fehler gemacht und den tödlichen Pilz in den Korb gelegt haben, der später auf Lastenias Teller landete.
    Am meisten unter dem Tod der Mutter litt Jimmy, um den sich Melody von da an kümmerte. Tommy und Pablo beschwerten sich immer häufiger über Paddy, der grausam zu den Feldarbeitern war, die Frauen befingerte und Vergnügen daran hatte, Tiere zu quälen. Er hatte Pablos Hund angezündet und ihn so schwer verletzt, dass dieser getötet werden musste. Er flößte den Hühnern Alkohol ein und malträtierte die Schweine, Katzen und Insekten mit glühenden Zigaretten. Er hatte sich mit dem Kommissar von Capilla del Señor, Gotardo Guzmán, angefreundet, einem finsteren Gesellen, der mit einer Gruppe von Viehdieben, die in der Gegend ihr Unwesen trieb, gemeinsame Sache machte.
    Paddy hatte eine Schwäche für Hunde- und Hahnenkämpfe, betrank sich gern in der Dorfkneipe und landete am Ende im Bett irgendeines Flittchens. Er war ein geschickter Ränkeschmied, und es gelang ihm, einen Keil zwischen Fidelis und seinen Sohn zu treiben, sodass er bald das Sagen auf der Estanzia hatte. Nicht einmal Domingo, der Vorarbeiter, hatte einen derartigen

Weitere Kostenlose Bücher