Dem Winde versprochen
Kälte zitternd. Sie erschrak, als sie sah, was vor sich ging. Mit Hilfe seiner Arbeiter brandmarkte Paddy die Sklaven, wie er es mit dem Vieh tat. Blind vor Wut stürzte sie sich auf ihn.
»Du Tier! Du widerwärtiges Ungeheuer! Bastard!«, schrie sie und schlug gegen seine Brust.
Paddy fiel es nicht schwer, sie zu überwältigen. Er hielt mit einer Hand ihre beiden Handgelenke fest und zwang sie, vor ihm niederzuknien. Er versetzte ihr eine Ohrfeige, dass ihre Lippe aufplatzte. Sie war wie betäubt und konnte sich nicht wehren, als ihr Cousin ihr die Bluse herunterriss und ihren Rücken freilegte.
»Ich habe es satt!«, hörte sie ihn toben. »Ich hatte viel zu viel Geduld mit dir. Jetzt wirst du begreifen, dass du mir gehörst, genau wie diese dreckigen Neger.
Mir, mir, mir
!«, wiederholte er wutentbrannt und drückte ihr mit jedem Ausruf das glühende Eisen auf den Rücken. Melody schrie, bäumte sich auf und verlor das Bewusstsein.
Sie wachte, nackt auf dem Bauch liegend, in ihrem Bett wieder auf. Neben ihr saß Enda und legte kühle Tücher auf die pochenden Brandwunden. Mehrere Tage kümmerte sie sich um sie, fütterte sie und gab ihr zu trinken, ohne ein Wort zu sagen.
Nach diesem Übergriff fiel Paddy in eine tiefe Depression. Jede Nacht betrank er sich mit Maisschnaps und Gin. Melody hatte noch mehr Angst vor ihm als vorher. Sie mied ihn, doch er suchte ständig ihre Nähe, um sie zu schlagen und zu beleidigen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es zur großen Tragödie kommen würde. Sie war allein und mittellos und hatte den kranken Jimmy zu versorgen, doch ihr war klar: Wenn sie überleben wollte, musste sie fliehen.
Eines Nachts stürzte Paddy betrunken wie ein wild gewordener Stier in ihr Zimmer. Mit einem Ruck zog er ihr die Bettdecke weg und zerrte sie an den Füßen aus dem Bett. Melody fiel zu Boden und schlug sich den Kopf an. Verwirrt schrie sie um Hilfe, doch Paddy steckte ihr einen Lappen in den Mund. Mit einem Messer schlitzte er ihr Nachthemd auf und begrabschte sie überall: an den Brüsten, am Bauch, zwischen ihren Schenkeln. Seine Ginfahne schlug ihr ins Gesicht, als er sagte: »Das hätte ich von Anfang an tun sollen. Das wird dich gefügig machen.«
Melody versuchte mit aller Kraft, sich Paddy zu entwinden, doch vergebens. Er war schwer und ungemein stark. Melody dachte an das Messer unter dem Kopfkissen, und Tränen rannen über ihr Gesicht. Plötzlich wurde sie ganz ruhig. Reglos lag sie da.
Paddy sah darin einen Akt der Unterwerfung und wollte sie küssen, weshalb er den Lappen aus ihrem Mund nahm. Das war ein Fehler, denn Melody biss zu. Paddy schrie auf und hielt sich mit beiden Händen das schmerzende Kinn. Melody stieß ihn weg und stand auf. Sie eilte zum Bett, zog das Messer unter dem Kissen hervor, stürzte sich auf Paddy und stach ihm die Klinge in die linke Seite. Dieser hob den Kopf, sah sie ungläubig an – und fiel tot um.
Melody stand mit zerrissenem Nachthemd neben dem reglosen Körper, das Messer noch in der Hand. Sie hatte einen Menschen umgebracht. Sie spürte immer noch, wie die Klinge in
sein Fleisch eindrang. Ihr wurde schlecht, und sie ließ das Messer fallen.
Die Stimme von Jimmy, der weinend nach ihr rief, drang durch den Nebel von verworrenen Gefühlen zu ihr. Bestimmt war er aufgewacht, weil er Melodys Schreie gehört hatte. Sie handelte schnell. Sie vergewisserte sich, ob die Dienerschaft etwas gehört hatte, aber im Haus war es still. Enda war vermutlich wieder bei einem ihrer nächtlichen Ausflüge.
»Jimmy, wir müssen fliehen. Jetzt sofort.«
»Was ist los?«
»Ich habe keine Zeit, dir das jetzt zu erklären. Du musst dich allein anziehen, und dann legst du deine Sachen auf das Laken, besonders die warmen, und schnürst ein Bündel daraus. Mach schon, beeil dich!«
Melody zog sich an und band ihr Haar zusammen. Sie öffnete die Truhe mit ihren Habseligkeiten und tat das, was sie auch Jimmy befohlen hatte. Sie mussten sich warm anziehen, denn draußen war es eiskalt. Bevor sie sich auf den Weg in den Stall machten, gingen sie in die Küche und versorgten sich mit Proviant. Auf dem Rücken Fuocos ritten sie querfeldein, ohne Ziel, weit fort von der Estanzia Bella Esmeralda.
Tagelang hielten sie sich nur auf den Feldern auf und mieden die Dörfer, aus Angst, ein Trupp des Kommissars aus Capilla del Señor würde sie schnappen und einsperren. Die Vorräte gingen zur Neige, sie hatten Durst und ihnen war kalt. Jimmy war sichtlich mitgenommen,
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