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Demian

Demian

Titel: Demian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Antwort zu erhalten. Ach, möchte er doch such das vergessen haben, diese dummen, dummen Briefe! Er sagte nichts davon!
    Es gab damals noch keine Beatrice und kein Bildnis, ich war noch mitten in meiner wüsten Zeit. Vor der Stadt lud ich ihn ein, mit in ein Wirtshaus zu kommen. Er ging mit. Prahlerisch bestellte ich eine Flasche Wein, schenkte ein, stieß mit ihm an und zeigte mich mit den studentischen Trinkgebräuchen sehr vertraut, leerte auch das erste Glas auf einen Zug.
    Du gehst viel ins Wirtshaus?““ fragte er mich.
    ”Ach ja“, sagte ich träge, was soll man sonst tun? Es ist am Ende immer
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    noch das Lustigste.“
    Findest du? Es kann schon sein. Etwas daran ist ja sehr schön – der Rausch,
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    das Bacchische! Aber ich finde, bei den meisten Leuten, die viel im Wirtshaus sitzen, ist das ganz verlorengegangen. Mir kommt es so vor, als sei gerade das Wirtshauslaufen etwas richtig Philisterhaftes. Ja, eine Nacht lang, mit brennenden Fackeln, zu einem richtigen, schönen Rausch und Taumel! Aber so immer wieder, ein Schöppchen ums andere, das ist doch wohl nicht das Wahre? Kannst du dir etwa den Faust vorstellen, wie er Abend für Abend an einem Stammtisch sitzt?“
    Ich trank und schaute ihn feindselig an.
    Ja, es ist eben nicht jeder ein Faust“, sagte ich kurz.
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    Er sah mich etwas stutzig an.
    Dann lachte er mit der alten Frische und Überlegenheit.
    Na, wozu darüber streiten? Jedenfalls ist das Leben eines Säufers oder
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    Wüstlings vermutlich lebendiger als das des tadellosen Bürgers. Und dann
    – ich habe das einmal gelesenist das Leben des Wüstlings eine der besten Vorbereitungen für den Mystiker. Es sind ja auch immer solche Leute wie der heilige Augustin, die zu Sehern werden. Der war vorher auch ein Genießer und Lebemann.“
    Ich war mißtrauisch und wollte mich keineswegs von ihm meistern lassen.
    So sagte ich blasiert:
    Ja, jeder nach seinem Geschmack! Mir ist es, offen
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    gestanden, gar nicht darum zu tun, ein Seher oder so etwas zu werden.“

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    Demian blitzte mich aus leicht eingekniffenen Augen wissend an.
    Lieber Sinclair“, sagte er langsam, es war nicht meine Absicht, dir Un-
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    angenehmes zu sagen. Übrigens – zu welchem Zweck du jetzt deine Schoppen trinkst, wissen wir ja beide nicht. Das in dir, was dein Leben macht, weiß es schon. Es ist so gut, das zu wissen: daß in uns drinnen einer ist, der alles weiß, alles will, alles besser macht als wir selber. – Aber verzeih, ich muß nach Hause.“
    Wir nahmen kurzen Abschied. Ich blieb sehr mißmutig sitzen, trank meine Flasche vollends aus, und fand, als ich gehen wollte, daß Demian sie schon bezahlt hatte. Das ärgerte mich noch mehr.
    Bei dieser kleinen Begebenheit hielten nun meine Gedanken wieder an. Sie waren voll von Demian. Und die Worte, Ike er in jenem Gasthaus vor der
    Stadt gesagt, kamen in meinem Gedächtnis wieder hervor, seltsam frisch und unverloren. – Es ist so gut, das zu wissen, daß in uns drinnen einer W, der
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    alles weiß!“
    Ich blickte auf das Bild, das am Fenster hing und ganz erloschen war. Aber ich sah die Augen noch glühen. Das war der Dick Demians. Oder es war der, der in mir drinnen war. Der, der alles weiß.
    Wie hatte ich Sehnsucht nach Demian! Ich wußte nichts von ihm, er war
    mir nicht erreichbar. Ich wußte nur, daß er vermutlich irgendwo studiere und daß nach dem Abschluß seiner Gymnasiastenzeit seine Mutter unsere Stadt verlassen habe.
    Bis zu meiner Geschichte mit Kromer zurück suchte ich alle Erinnerungen an Max Demian in mir hervor. Wie vieles klang da wieder auf, was er mir einst gesagt hatte, und alles hatte heut noch Sinn, war aktuell, ging mich an!
    Auch das, was er bei unsrem letzten, so wenig erfreulichen Zusammentreffen über den Wüstling und den Heiligen gesagt hatte, stand mir plötzlich hell vor der Seele. War es nicht genauso mit mir gegangen? Hatte ich nicht in Rausch und Schmutz gelebt, in Betäubung und Verlorenheit, bis mit einem neuen Lebensantrieb gerade das Gegenteil in mir lebendig geworden war, das Verlangen nach Reinheit, die Sehnsucht nach dem Heiligen?
    So ging ich weiter den Erinnerungen nach, es war längst Nacht geworden, und draußen regnete es. Auch in meinen Erinnerungen hörte ich es regnen, es war die Stunde unter den Kastanienbäumen, wo er mich einst wegen Franz
    Kromer ausgefragt und meine ersten Geheimnisse erraten hatte. Eines ums andere kam hervor, Gespräche auf dem Schulweg, die

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