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Demolition

Demolition

Titel: Demolition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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Urplötzlich lief er wie ein Besessener los und durch die Halle zum Ausgang, entzog sich der Einkreisung durch die Uniformierten. Er erreichte die Drehtüren und wirbelte hindurch auf den Fußweg. Dort blieb er mit einem Ruck stehen, als sei er vor weißglühendes Eisen gelaufen. Er sah keine Sonne.
    Die Straßenbeleuchtung brannte; die Hochstraßen funkelten; Jumper-Lichter schwebten auf und ab; die Geschäfte waren hell erleuchtet... und über alldem war nichts... nichts außer weiter, schwarzer, abgründiger Unendlichkeit. »Die Sonne!« brüllte Reich. »Die Sonne!« Er deutete nach oben. Die Angestellten, die zum Eingang strömten, betrachteten ihn aus argwöhnischen Augen und hasteten an ihm vorüber. Keiner hob den Blick. »Die Sonne! Wo ist die Sonne? Versteht ihr mich denn nicht, ihr Narren? Die Sonne!« Reich zerrte die Leute an den Armen, schüttelte seine Fäuste gegen den Himmel. Da kam der erste Uniformierte der Schutzabteilung des Monarch-Hochhauses aus der Drehtür; sofort ergriff Reich von neuem die Flucht.
    Er lief den Bürgersteig hinunter, wandte sich dann scharf nach rechts und rannte durch eine Passage mit Ladengeschäften, die voller gleißender Beleuchtung waren und Betriebsamkeit. Am Ende der Passage lag der Eingang zu einem Pneu-Lift, der hinauf in die Ebene der Hochstraßen führte. Reich sprang hinein. Als sich hinter ihm die Tür schloß, sah er die Uniformierten, die ihn verfolgten, kaum zehn Meter weit entfernt. Dann schoß die Liftplattform siebzig Stockwerke empor, und er geriet ins Netzwerk der Hochstraßen. Er gelangt auf einen kleinen Auto-Parkplatz, der ans Monarch-Hochhaus angebaut war und eine Ausfahrt zur nächsten Hochstraße besaß. Reich warf dem Parkwächter im Vorbeilaufen Kredits zu und bestieg ein Auto. Er drückte den Knopf mit der Bezeichnung ABFAHRT. Der Wagen fuhr an. Vor der Ausfahrt drückte er den Knopf mit dem Wort LINKS. Das Fahrzeug bog nach links ab und fuhr weiter. Andere Möglichkeiten zur Fahrzeuglenkung standen ihm nicht zur Verfügung. Links, rechts; Halt, Abfahrt. Der Rest war automatisiert. Außerdem waren die Autos in ihrer Verwendung völlig auf die Hochstraßen beschränkt. Er konnte Stunden damit zubringen, hoch über der Stadt im Kreis zu fahren, gefangen wie ein Hund in einem Rad. Der Wagen benötigte keinerlei Aufmerksamkeit. Reich blickte abwechselnd über die Schulter rückwärts und an den Himmel. Droben war keine Sonne... und doch gingen alle ihren Angelegenheiten nach, als habe es nie die Sonne gegeben. Es schauderte ihn. War dies wieder so etwas wie der Ein-Auge-Trick? Plötzlich verlangsamte das Auto und stoppte; und er saß mitten auf der Hochstraße fest, auf halber Strecke zwischen dem Monarch-Hochhaus und dem riesigen Gebäude der Visifon & Visigraf. Er hämmerte auf das Armaturenbrett. Nichts geschah. Er sprang aus dem Fahrzeug und hob die Heckklappe, um das Relais zu untersuchen. Da sah er weit hinten auf der Hochstraße die Uniformierten gelaufen kommen und begriff, was dem Auto fehlte. Der Betrieb der Fahrzeuge geschah durch Energieträgerwellen. Man hatte den Parkplatz mit seinen Fahrzeugen von der Zufuhr abgeschnitten und versuchte ihn nun einzuholen. Reich verließ sich wiederum auf seine Beine und lief hinüber zum V & V-Gebäude. Die Hochstraße durchquerte das Bauwerk und war in dessen Innerem gesäumt von Läden, Restaurants, einem Theater... und dort war ein Reisebüro! Ein sicherer Ausweg. Er konnte hier ein Ticket kaufen, eine Ein-Mann-Gondel besteigen und zu irgendeinem Flughafen abschwirren... Er brauchte ein wenig Zeit, um sich neu zu orientieren... alles zu reorganisieren... und er hatte ein Haus in Paris. Er überquerte den Mittelstreifen, wich mehreren Autos aus und stürmte ins Reisebüro. Es wirkte ein bißchen wie eine kleine Bank. Ein schmaler Schalter. Ein Gitterfensterchen, ringsum geschützt mit einbruchsicherem Plastikmaterial. Reich trat an den Schalter, klaubte Geld aus seinen Taschen. Er klatschte Kreditnoten auf den Schalter und schob sie unterm Gitter durch. »Ein Ticket nach Paris«, sagte er. »Behalten Sie den Rest. Wo geht's zu den Gondeln? Beeilung, Mann! Beeilung!« »Paris?« erhielt er zur Antwort. »Es gibt kein Paris.« Reich starrte durch die trübe Plastikfläche und sah - bedrohlich, stumm, mit festem Blick -den Mann ohne Gesicht. Er torkelte zweimal um die eigene Achse, während sein Herz wummerte, es in seinem Schädel pochte, dann erspähte er die Tür und rannte hinaus. Blindlings

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