Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Demolition

Demolition

Titel: Demolition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
Vom Netzwerk:
Freizeit-Zentrums kamen in die Registratur getrottet, angeführt von der blutüberströmten Chef-Sekretärin, die auf sie einschwatzte.
    »Sie müssen eingreifen. Sie müssen. Ich übernehme die Verantwortung.«
    »Nur die Ruhe, Mr. Reich«, sagten sie mit jenen Grunzlauten zu ihm, mit denen Stallknechte wilde Hengste zu besänftigen pflegen. »Nur ruhig. Nur ruhig. Nur immer ruhig. Nur die Ruhe.«
    »Verschwindet, ihr Hornochsen.«
    »Immer nur ruhig, Mr.. Reich. Alles ist in Ordnung, Mr. Reich.« Sie verteilten sich an strategisch günstigen Punkten, um ihn in die Mitte zu bekommen, während das Lärmen und Treiben anschwoll, immer mehr Telefone surrten, Stimmen durcheinanderriefen.
    »Wo ist sein Arzt? Verständigen Sie seinen Arzt. Jemand soll Kingston anrufen.« - »Haben Sie die Polizei angerufen?« -»Nein, bloß nicht. Keinen Skandal. Setzen Sie die Rechtsabteilung in Kenntnis, ja? Ist die Ambulanz noch nicht geöffnet?« Reichs Atemzüge gingen in Schnaublauten. Er kippte Regale um und versperrte den drei stämmigen Männern den Weg, dann senkte er den Kopf und brach durch, lief durch die Büroräume zum Rundumkorridor und zum Horizontal-Pneu-System. Die Tür öffnete sich; er drückte den Knopf für WISSENSCHAFT 57. Er betrat die Kabine, die daraufhin hinüber zur Wissenschaftlichen Abteilung zischte, wo er sie verließ. Er befand sich in der Labor-Etage. Sie lag im Dunkeln. Wahrscheinlich nahm das Personal an, er sei hinunter auf die Straße geflüchtet. Er hatte einige Zeit gewonnen. Noch außer Atem suchte er die Laboratoriums-Bibliothek auf, knipste die Beleuchtung an und begab sich in den Alkoven ans Abrufgerät. Vor einem Sitzpult ragte eine milchig weiße Kristallscheibe auf, schräg wie ein Zeichenbrett. Daneben war eine komplizierte Kontrollapparatur mit vielen Knöpfen und Tasten.
    Reich setzte sich und drückte auf EIN. Die Scheibe erhellte sich, und aus einem oberhalb der Kopfhöhe angebrachten Lautsprecher meldete sich eine Automatenstimme. »Wissensbereich?« Reich drückte auf die Taste WISSENSCHAFT. »Teilgebiet?« Reich wählte ASTRONOMIE. »Frage?«
    »Das Universum.«
    Klicken; Stille; Klicken. »Der Begriff Universum bezieht sich in seinem vollständigen physikalischen Sinn auf die Gesamtheit der existenten Materie.«
    »Welche Materie existiert?«
    Klicken; Stille; Klicken. »Materie existiert in Ansammlungen, deren Ausmaß vom kleinsten Atom bis zu den größten bekannten astronomischen Erscheinungen materieller Natur reicht.«
    »Was ist die größte bekannte astronomische Erscheinung materieller Natur?« Reich drückte auf die Taste ABBILDUNG.
    Klicken; Stille; Klicken. »Die Sonne.« Die Kristallplatte zeigte eine grelle Aufnahme der Sonne im Zeitraffer-Tempo.
    »Aber was ist mit den anderen Sonnen? Den Sternen?«
    »Klicken; Stille; Klicken. »Es gibt keine Sterne.«
    »Und die Planeten?«
    Klicken; Stille; Klicken. »Es gibt die Erde.« Ein Bild der in Rotation befindlichen Erde erschien.
    »Und die anderen Planeten? Mars? Jupiter? Saturn...?«
    Klicken; Stille; Klicken. »Es gibt keine anderen Planeten.«
    »Der Mond?«
    Klicken; Stille; Klicken. »Es gibt keinen Mond.«
    Reich nahm einen tiefen, zittrigen Atemzug. »Wir versuchen es noch einmal von vorn. Angefangen mit der Sonne.«
    Die Kristallscheibe zeigte erneut die Sonne. »Die Sonne ist die größte bekannte astronomische Erscheinung materieller Natur«, begann die Automatenstimme. Plötzlich verstummte sie. Klicken; Stille; Klicken. Das Bild der Sonne verblaßte langsam. Die Stimme sprach weiter. »Es gibt keine Sonne.« Die Abbildung verschwand vollends, hinterließ ein Nachbild, das Reichs Blick erwiderte... bedrohlich, stumm, furchtbar... der Mann ohne Gesicht. Reich heulte auf. Er sprang empor, kippte das Sitzpult rückwärts, Er packte es und schmetterte es auf das fürchterliche Ungesicht. Dann wirbelte er herum und taumelte von der Bibliothek ins Labor, aus dessen Räumlichkeiten in den Korridor. Am Pneu-Lift drückte er ERDGESCHOSS. Die Tür sprang auf; er wankte hinein, und die Plattform beförderte ihn siebenundfünfzig Stockwerke hinab ins riesige Foyer des Monarch-Hochhauses. Drunten wimmelte es nun von Mitarbeitern der Tagschicht, die zu ihren Arbeitsplätzen eilten. Während sich Reich durchs Gedränge schob, widmete man ihm wegen der Rißwunden und des Blutes in seinem Gesicht Blicke des Staunens. Dann bemerkte er ein Dutzend uniformierter Angehöriger der Schutzabteilung, die sich ihm näherten.

Weitere Kostenlose Bücher