Demonica: Tödliche Verlockung (German Edition)
»Was meinst du mit ›ah‹?«
»Ich frag mich nur, was in dir vorgeht.« Er kam vor einer roten Ampel zum Stehen und beobachtete die ersten Strahlen der Morgensonne, die zwischen zwei Gebäuden hervorspähten. »Du hast nicht deswegen gefragt, ob sie Ärger bekommen werden, weil du dir Sorgen machst, sondern weil du deinen Brüdern nichts schulden willst. Wieso?«
Überraschenderweise erschoss sie ihn nicht auf der Stelle. Stattdessen wurde sie auf einmal ganz still, und das verlockende Aroma ihres Blutes – ihr Aroma – verbreitete sich im Wagen. Er warf einen Blick auf ihr Bein, wo die karminrote Flüssigkeit inzwischen zwischen ihren Fingern hervorsickerte. Er umklammerte das Lenkrad mit solcher Kraft, dass seine Knöchel weiß unter der Haut hervorschimmerten, während der Sanitäter in ihm, der sie am liebsten auf der Stelle behandelt hätte, gegen den Dhampir kämpfte, der gleich wieder von ihr kosten wollte. Vielleicht lag da hinten ja noch irgendwo ein Beutel 0 positiv rum.
Sie veränderte ihre Position und warf den Kopf gegen die Sitzlehne, was den unseligen Effekt hatte, ihre kleinen Brüste zu betonen und die Elastizität des schwarzen Trägerhemds auf die Probe stellte, das sie unter ihrer Lederjacke trug.
Das Lenkrad ächzte unter der Gewalt seines Griffs, als der Mann in ihm zu dem Sanitäter und den Dhampir in den Ring sprang. Diese verdammten Sukkuben. Er riss den Lenker herum, und mit quietschenden Reifen kam der Wagen auf einem Parkplatz zum Stehen.
»Was machst du denn?«, fuhr sie ihn an. »Oh mein Gott, kannst du überhaupt Auto fahren?«
Er zog einen Parkschein, suchte sich einen Platz und schaltete den Motor ab, ohne sich Sorgen zu machen, dass sie den Menschen auffallen könnten. Der mit einem Zauber belegte Krankenwagen war für menschliche Augen zwar nicht unsichtbar, jedoch nahmen sie ihn nur unterbewusst wahr. Die Menschen würden dem Fahrzeug ausweichen, im Verkehr darauf reagieren, aber sie würden weder in ihm noch in seinen Passagieren irgendetwas Seltsames oder Interessantes sehen.
Nein, seine Sorge galt in diesem Augenblick den Dämonen.
Und seinem eigenen Verlangen, was ebenfalls eine Art Dämon war, wenn auch eine völlig andere.
»Kletter nach hinten«, sagte er angespannt. »Ich werde jetzt deine Wunde behandeln.«
»Ich hab dir doch gesagt –«
»Das ist mir egal.« Seine Stimme war kalt, sein Körper heiß, und diese Mischung war pures Gift für seine Geduld. »Du befindest dich in meinem Krankenwagen, in meiner Zuständigkeit, also befolgst du meine Regeln.«
Wütend starrte sie ihn an. »Und was, wenn die Kerkerer uns finden?«
»Das werden sie nicht.« Er griff zwischen die beiden Sitze und schob die kleine Tür auf, die in den hinteren Wagenteil führte. »Sie werden erst mal an den naheliegenden Orten nach dir suchen, und nicht auf den städtischen Parkplätzen.«
»Und wenn du mich zusammengeflickt hast?«
Gute Frage. So weit hatte er noch nicht vorausgedacht. Vermutlich weil sein Gehirn von ihrem Duft überschwemmt war. »Ich nehm dich mit«, sagte er schließlich. »Du kommst mit mir nach Hause.«
6
»Ich komm ganz bestimmt nicht mit dir nach Hause.«
»Darüber können wir reden, während ich dich zusammenflicke.« Con wies mit dem Daumen nach hinten. »Los.«
Widerwillig kletterte Sin zwischen den beiden Vordersitzen hindurch und duckte sich durch die Luke, die die Fahrerkabine vom hinteren Teil des Krankenwagens trennte. Ein trübes rotes Licht erhellte diesen Teil, und dieselben Zufluchtszauber-Symbole wie im UG waren an die Wände gekritzelt, doch abgesehen davon hätte sie sich ebenso gut in einem menschlichen Krankenwagen befinden können.
Ihr Bein pochte heftig, als sie sich durch den engen Gang zwischen der Sitzbank und der Trage vorwärts arbeitete, aber diese Wunde war nicht mal annähernd so schlimm wie der Schmerz, der sich in ihrem Arm ausbreitete. Sie musste gar nicht erst hinsehen, um zu wissen, dass ein gewaltiger Riss das Dermoire über ihrem Bizeps zerteilt hatte. Der Schmerz hatte plötzlich zugeschlagen, aber sie hatte ihn schweigend ertragen, so wie sie es immer tat. Als Assassine gestand sie ihren Opfern nie den Luxus eines Schreis zu, und sie verdiente das genauso wenig wie diese – so sah sie es jedenfalls.
Sie verdiente es auch nicht, dass der Riss behandelt wurde. Sie würde Con erlauben, ihr Bein zu behandeln, aber ihr Arm war tabu.
Con zerrte die schwarzen Gummijalousien vor den Fenstern hinunter, sodass auch
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