Demonica: Tödliche Verlockung (German Edition)
Umdrehen des Schlüssels ein Signal gewesen, stürzte in genau diesem Moment Sin aus dem Krankenhaus. Wraith folgte ihr hinaus, wobei der lange Ledermantel um seine Knöchel schlug, und dann waren auch schon die Kerkerer da, denen wiederum Eidolon auf den Fersen folgte. Innerhalb des Krankenhauses hätte er nicht viel tun können, um die beiden aufzuhalten, aber der Parkplatz stand nicht unter dem Schutz des Zufluchtszaubers.
Sin rannte auf den Krankenwagen zu, während Wraith ohne die geringste Anstrengung den Kerkerer-Vampir umlegte, indem er ihm einfach mit der Faust einen Hieb gegen die Kehle versetzte. Eidolon schnappte sich den Arm des Torrdrack , allerdings zu spät, um ihn daran zu hindern, einen Fesselpfeil abzuschießen; eine Waffe, die, wenn sie ihr Ziel durchbohrte, das Opfer so lange lähmte, bis sie in einem Kerkerer-Gefängnis ankamen.
Blitzschnell schlug Wraith den Pfeil mit einer Hand zur Seite, doch er streifte dennoch Sins Oberschenkel, als er taumelnd zur Erde sauste. Blut spritzte auf, doch auch wenn sie aufschrie, wurde sie nicht langsamer. Während Eidolon den Dämon aufhielt, hielt Wraith den Vampir am Boden fest, und Sin sprang auf den Beifahrersitz des Wagens.
»Fahr!«, schrie sie, während sie die Tür zuschlug.
Con drückte auf einen Knopf am Armaturenbrett, und gleich darauf begann die rückwärtige Wand des Parkplatzes zu schimmern, und eine Tiefgarage der Menschen wurde dahinter sichtbar.
Mit quietschenden Reifen schoss der Wagen aus der Parkbucht hinaus. Sobald sie das Portal passiert hatten, schloss es sich und verwandelte sich wieder in eine solide Betonmauer. Kein Mensch, sollte sich je einer von ihnen dorthin verirren, würde die Tür als solche erkennen.
Er wandte sich an Sin, die zurücksah, um sich zu vergewissern, dass die Kerkerer nicht irgendwie durch die Mauer hindurchbrachen. »Alles okay mit dir?«
»Ja klar. Warum?«
»Du blutest.«
Sie legte eine Hand auf die Wunde. »Hab schon Schlimmeres erlebt.«
Mit donnerndem Herzen fuhr er in den frühmorgendlichen Verkehr Manhattans hinaus, wobei sein aggressiver Fahrstil mehr als einen Fahrer dazu verleitete, kräftig auf die Hupe zu drücken. »Du musst Druck ausüben. Wir halten gleich an, und ich verarzte dich.«
»Ich sag doch, mir geht’s gut.«
»Jetzt stell dich nicht so stur an.« Er trat auf die Bremse, um das Taxi nicht zu zerquetschen, das vor ihm die Spur gewechselt hatte, auch wenn er mit voller Absicht seinen Krankenwagen und das andere Auto ein paar Farbspuren austauschen ließ, einfach nur so, damit sich der andere Fahrer in die Hose machte. »Du kannst dir gerade jetzt keine Infektion leisten.« Außerdem würde der Duft ihn noch in den Wahnsinn treiben, wenn er ihre Wunde nicht schleunigst bedeckte.
Sie verdrehte die Augen. »Werden E und Wraith Ärger kriegen?«
»Nachdem sie Kerkerer an der Ausübung ihrer Pflicht gehindert haben?« Er fragte sich kurz, ob er lügen sollte, doch dann entschied er, dass sie schon damit fertigwerden würde. »Jede Menge.« Er machte sich nicht erst die Mühe, sie darüber aufzuklären, dass er sich jetzt schon auf eine schöne Zeit mit den Stöcken, Peitschen und Wasserrädern der Folterknechte freuen konnte, weil er bezweifelte, dass sie das überhaupt interessierte.
»Verdammt«, flüsterte sie.
»Die packen das schon. E hat schließlich Erfahrung mit dem System, und Wraith ist … Wraith.«
»Ich will ihnen aber nichts schuldig sein. Sie stecken sowieso schon viel zu tief in meiner Scheiße.«
»Ah.«
»Ah, was?« Sie wandte sich vom Fenster der Beifahrerseite ab, um ihn anzufunkeln. »Was soll das schon wieder heißen?«
Sie musste kurz die Hand von der Wunde genommen haben, denn ein besonders intensiver Blutgeruch ließ seine Fänge pulsieren. Er atmete dagegen an, wie er es immer tat, wenn er versäumt hatte, sich rechtzeitig zu nähren und einen blutenden Patienten versorgen musste. Allerdings hatte er sich doch gerade erst von Sin genährt und dürfte eigentlich nicht so heftig reagieren.
Ein eisiges Schaudern erschütterte ihn bis ins Mark, als ihm ein hässlicher Gedanke kam. Was, wenn das schon das erste Anzeichen der Sucht war? Eigentlich dürfte so etwas frühestens nach dem sechsten Mal passieren, aber er hatte rasch gelernt, dass bei Sin nur wenig vorhersehbar war.
»Erde an Con.« Sin wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum und riss ihn sowohl aus dem Autopilot-Modus als auch den Gedanken, die er am liebsten gar nicht denken würde.
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