Demonica: Tödliche Verlockung (German Edition)
früher hatten wir mal einen Kerl, der sich von den Schmerzen anderer ernährte. Das war der perfekte Job für ihn, bis er irgendwann entschied, dass es ihm eigentlich nicht recht war, wenn sich die Patienten durch ihn besser fühlten. Und die Sache mit dem Sex … ich weiß nicht. Ich schätze, das hängt von der jeweiligen Inkubus- oder Sukkubusrasse ab. Shade kommt gut zurecht, solange die Schicht nicht zu lange dauert. Wieso? Überlegst du vielleicht, dich uns anzuschließen? Ich wette, du würdest problemlos einen Partner finden, der dir gern, ähm, zwischendurch aushilft.«
Oh ja, und wäre diese Unterhaltung mit Shade, der für die Sanitäter zuständig war, nicht der reinste Spaß? »Danke, aber ich hab schon einen Job.«
Er schüttelte den Kopf, schraubte eine Flasche auf, benetzte einen Tupfer mit dem Inhalt und fuhr damit über die Wunde. »Das hier ist ein Gerinnungsmittel, das Eidolon aus dem Speichel von Vampiren entwickelt hat. Bei Wunden, die von übernatürlichen Wesen zugefügt wurden, ist es wesentlich effektiver als alles, was Menschen je erfunden haben.«
»Igitt.«
»Wär’s dir vielleicht lieber, wenn ich mal drüber lecke?« Die dunkle, schwüle Note in seiner Stimme wickelte sie ein wie ein Seidenband.
Was sollte sie darauf nur antworten? Sowohl ein Ja als auch ein Nein wären gleichermaßen Lüge und Wahrheit. Am Ende brachte sie ein zittriges »Nein« heraus, von dem sie nur hoffen konnte, dass es sich in seinen Ohren überzeugender anhörte als in ihren. Sie räusperte sich und wechselte das Thema. »Kannst du dich nicht ein bisschen beeilen? Ich muss in meine Assassinenhöhle zurück.«
Er warf ihr einen amüsierten Das-kannst-du-vergessen-Blick zu, als ob sie über keinerlei Mitspracherecht verfügte, was ihre Zukunft anging. »Ich hab dir doch schon gesagt, dass du mit zu mir kommst.« Er tupfte noch ein letztes Mal über die Wunde, aus der das Blut dank des Vampirspuckegebräus nicht mehr strömte, sondern nur noch langsam sickerte. »Die Kerkerer sind auf der Suche nach dir. Die naheliegenden Orte werden sie natürlich zuerst absuchen.«
»Ach ja, Käpt’n Obermotz, in der Höhle gibt es für so was extra Schlägertypen, die für die Sicherheit zuständig sind.« Als Con kurz dabei innehielt, den Deckel von einer kleinen Flasche Desinfektionsmittel zu schrauben, um ihr einen Das-ist-doch-wohl-nicht-dein-Ernst-Blick zuzuwerfen, seufzte sie. »Ich weiß ja, dass sie die Kerkerer nicht aufhalten können, aber sie würden mich zumindest vorwarnen.«
»Bist du dir da sicher? Jetzt könnte es kurz wehtun …« Als er die Flüssigkeit spritzte, biss sie vor Schmerz die Zähne fest aufeinander. »Beihilfe ist ein schweres Vergehen. Oder lieben deine Wachen dich etwa so sehr?«
Nein, das taten sie nicht. Erneut überkamen sie Gewissensbisse, als sie daran dachte, wie Eidolon und Wraith ihr zu Hilfe gekommen waren, obwohl sie wussten, was auf dem Spiel stand.
Genau wie Con. Sie musterte ihn, während er weiter mit ihrer Wunde beschäftigt war. Seine behandschuhten Hände bewegten sich routiniert und sanft. Das hatte sie nicht erwartet. Von dem Moment an, in dem sie diesen wunderbaren Mann zum ersten Mal gesehen hatte, war er ständig angespannt gewesen. Hart. Er hatte sie gegen die Seite ebendieses Krankenwagens geschubst, in dem sie sich gerade befanden. Er hatte mit seinem Partner Luc darum gewettet, dass er sie flachlegen könnte.
Und das hatte er.
Jetzt kümmerte er sich sorgfältig um ihre Wunde und bemühte sich darum, sie in Sicherheit zu bringen. »Warum hilfst du mir?«, platzte es aus ihr heraus.
»Du schuldest mir immer noch zehn Mäuse.«
Sie schenkte ihm ein aufgesetztes Lächeln. »Sehr witzig. Aber du hilfst mir bestimmt nicht, weil ich dich hab auffliegen lassen, als du mit Luc diese Wette am Laufen hattest und mehr als die Hälfte des Gewinns eingestrichen hast.«
»Na fein. Wie wär’s damit? Du bist für die Warg-Epidemie verantwortlich, und solange du in einer Zelle eingesperrt bist, hat Eidolon keinen Zugang zu dir, den er braucht, um ein Heilmittel zu entwickeln«, sagte er. »Außerdem bin ich das deinen Brüdern schuldig.«
Selbstverständlich half er ihr nicht, weil er sie mochte oder so. Was vollkommen in Ordnung war, weil sie ihn schließlich auch nicht mochte. Noch kindischer konnte sie wohl kaum klingen, oder? »Wieso bist du ihnen was schuldig?«
Eine seiner gewaltigen Schultern hob sich zu einem Achselzucken. »Ich war damals auf keinem guten
Weitere Kostenlose Bücher