Demonica: Tödliche Verlockung (German Edition)
für unzurechnungsfähig. Also, nachdem sie versucht hatte, uns zu töten, indem sie uns als Neugeborene im Schnee aussetzte, haben unsere Großeltern uns adoptiert, uns Sinead und Loren genannt und sie in ein Irrenhaus gesteckt.«
»Dann wart ihr also davon überzeugt, dass ihr Menschen wart?«
»Oh ja.« Manchmal, wenn die Ärzte glaubten, die Behandlung ihrer Mutter hätte angeschlagen und es ihr besser ging, durften Sin und Lore sie besuchen. Aber diese Besuche nahmen jedes Mal ein hässliches Ende. »Das einzige Mal, dass wir das ernsthaft bezweifelt haben, war, wenn wir unsere Mutter besuchen durften, ohne dass jemand anders dabei war, und sie uns erzählte, sie wünschte, wir wären tot. Wir wären eine Ausgeburt des Teufels.«
Cons Hände erstarrten auf ihrem Rücken, und er fluchte. »Das muss verdammt wehgetan haben.«
Sie zuckte mit den Achseln, aber ja, es hatte wehgetan. Lore war ganz gut damit klargekommen, aber Sin hatte nach diesen Besuchen immer tagelang geweint. »Meine Großeltern haben uns darüber hinweggeholfen.«
»Das klingt, als ob deine Großeltern gute Menschen gewesen wären.«
»Das waren sie auch.« Wenn sie sich anstrengte, konnte Sin immer noch die selbstgebackenen Plätzchen ihrer Großmutter riechen. Konnte sich an die Umarmungen erinnern, die abendlichen Geschichten. An die Art, wie sich ihre Großeltern manchmal insgeheim anlächelten. Sie hatten einander sehr geliebt. Sie hatten nie viel Geld besessen, aber die harten Zeiten, die sie durchlebten, brachten sie einander nur noch näher.
»Und dann ist meine Mutter aus dem Krankenhaus geflohen. Lore und ich waren achtzehn. Es war zwei Tage vor unserem neunzehnten Geburtstag, und wir lebten nach wie vor bei unseren Großeltern, als sie einbrach und sie umbrachte. Der einzige Grund, warum sie nicht auch uns tötete, war, dass ich mich gerade noch rechtzeitig zur Seite wälzen konnte, als sie versuchte, mir ein Messer ins Herz zu rammen. Stattdessen landete es in meiner Schulter. Ich schrie, und dann kam Lore aus seinem Zimmer und warf sich auf sie.«
Con drückte ihr einen Kuss aufs Haar, der so zärtlich, so vertraut war, dass sie harsch den Atem einsog. Als Con klar wurde, was er getan hatte, versteifte sich sein riesiger Körper, als könnte er selbst nicht fassen, was gerade passiert war. »Tut mir leid«, sagte er rau, aber ob es ihm leidtat, dass er sie auf diese Weise geküsst hatte, oder ob sie ihm wegen ihrer Vergangenheit leidtat, das wusste sie nicht.
So oder so fühlte sie sich dabei unbehaglich. Und vielleicht ein klitzekleines bisschen … warm.
»Schon okay. War keine große Sache.« Aber diese Tapferkeit war nur gespielt, und sie fragte sich, ob er das wusste. In Wahrheit war sie zu jener Zeit untröstlich gewesen, am Boden zerstört. Sie war in eine Art Schockzustand gefallen, der wochenlang angehalten hatte. Wenn Lore sie nicht gezwungen hätte zu essen, zu leben, wäre sie vielleicht gestorben. »Lore hat sich um mich gekümmert. Wir blieben noch über ein Jahr in dem Haus, und dann fanden wir raus, dass alles, was unsere Mom über uns gesagt hatte, der Wahrheit entsprach.«
Diese Nacht würde sie nie vergessen. Es war Vollmond gewesen. Neblig. Unheimlich. Ihr rechter Arm hatte zu brennen begonnen, und dann hatte sie voller Entsetzen zusehen müssen, wie auf ihrer Haut eine Art rote Striemen erschienen. Lore war von seiner Arbeit in einer Fabrik nach Hause gekommen, er war mit schmerzverzogenem Gesicht ins Haus getaumelt, sein Arm hatte genauso gebrannt wie ihrer.
»An manches erinnere ich mich nur noch vage.« Sie fuhr Cons Rippen mit den Fingern nach, denn sie musste irgendetwas mit den Händen tun, weil sie an ihren Dolch nicht drankam, den sie gern durch die Luft wirbelte, wenn sie nervös war. »Andere Dinge sehe ich kristallklar vor mir. Wir entwickelten unsere Dermoires und ein verzweifeltes … Verlangen. Lore hat’s am schlimmsten erwischt. Er kämpfte gegen das an, was mit ihm passierte, und dann hat er sich in einen schrecklichen Wutanfall hineingesteigert.« Sie erschauerte, als sie sich daran erinnerte, wie sich seine Haut rot verfärbt hatte, übersät mit schwarzen, hervortretenden Adern. Seine Augen hatten in mörderischer Entschlossenheit geglüht, rot wie Feuer. »Ich schätze, reinrassige Semini drehen während ihres ersten Reifungszyklus irgendwie durch, und sie brauchen jede Menge Sex, um ihn zu überstehen. Lore … bei ihm war es anders.« Zumindest, solange er sich im Haus
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