Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)
tot sehen.« Sie trat vor und schob Roag beiseite. »Ich will, dass er vernichtet wird.«
Roags empörtes Keuchen echote durch den Raum, im Tunnel erschauerten sogar die Senslinge. »Das kannst du nicht tun«, rief er. »Dazu hast du kein Recht.«
Azagoth legte die Finger über seiner Brust zusammen und nagelte sie mit seinem eiskalten Blick an die Wand. »Worum du bittest, wird nur selten ausgeführt. In meinem ganzen Leben habe ich nur eine Handvoll Seelen vernichtet, und das nicht ohne Konsequenzen. Warum also, liebste Tochter, sollte ich Satans Zorn für diesen einen Dämon riskieren?«
Sie warf einen Blick auf Roag, der neben dem Torbogen zum Tunnel stand. Seine Augen leuchteten karminrot wie das Höllenfeuer, und er strahlte eine derartige Bosheit aus, dass die Dämonenseelen, die ihm am nächsten waren, immer wieder versuchten, sich von ihm zu entfernen, nur um von ihrer Eskorte zurückgehalten zu werden.
»Er ist ein durch und durch böses Wesen, Vater, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Er hat sich mit gefallenen Engeln eingelassen, einschließlich meines Bruders, deines Sohns Rami, auch unter dem Namen Rariel bekannt. Angesichts seiner Geschichte und seiner Stärke fürchte ich, dass Roags Zeit in Sheoul-gra nur kurz bemessen sein würde und er stark genug ist, um mitsamt seinen Erinnerungen wiedergeboren zu werden. Er wird niemals aufhören, nach Rache zu trachten, und eine Seele wie die seine wird nur Satan dienen und ihm zu mehr Macht verhelfen.«
Schatten flackerten in Azagoths Augen auf, und ihr Magen zog sich vor Angst zusammen. »Wo wir gerade von Rami sprechen … ich spüre seine Lebenskraft nicht mehr.«
Sie nickte. »Ich habe ihn vernichtet, Vater.«
Die Schatten tanzten schneller, wurden dunkler. »Wo hast du ihn getötet?
»Sheoul. Im Verbotenen Abyssal.«
»Dein Dienst an der Menschheit hat dich einiges gekostet.« Langsam kam Azagoth auf die Füße und ging zu Roag. Der verschrumpelte Dämon bebte, als sich die Hand ihres Vaters um seine Kehle schloss.
Roag schloss die Augen. »Bitte … nein … «
»Ich weiß, wer du bist«, flüsterte Azagoth. »Ich sah jede einzelne Seele, die du gefoltert und getötet hast, als sie durch meinen Torbogen kam. Ich spürte ihr Leiden. Meine Tochter hat recht, und selbst wenn sie mich nicht darum gebeten hätte, deiner Existenz für immer ein Ende zu setzen, hätte ich es getan. Denn du musst wissen, dass Gott für alles und jedes ein Gegenstück verlangt. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Und für das Böse in dir gibt es in der menschlichen Welt kein reines, gutes Gegenstück. Du bringst das Universum aus dem Gleichgewicht. Darum sollst du verschwinden.«
Mit diesen Worten drückte er zu.
Roag riss die Augen auf, und sein stummer Schrei gellte wie ein schriller Pfeifton durch Idess’ Kopf, als sein Körper heftig zu zittern begann. Dann entzündeten sich die Fingerspitzen ihres Vaters, und Flammen jagten über Roags bereits verbrannten Körper, bis nur noch Asche in der Gestalt eines Dämons übrig blieb.
Und dann war da nichts mehr. Keine Asche, keine Seele, keine Bosheit.
Aus irgendeinem Grund ging ihr der Song »Don’t Fear The Reaper« von Blue Oyster Cult durch den Kopf, als er sich wieder ihr zuwandte. »Kann ich sonst noch etwas für dich tun?«
Der freundliche Ton hätte sie fast dazu verleitet, mit »Noch eine Portion Pommes, bitte« zu antworten, doch stattdessen verbeugte sie sich. »Danke, Vater. Das ist alles.«
»Idess.« Seine Stimme war sanft, aber eindringlich. »Es kommt, um dich zu holen. Das Licht. Und was auch immer du tust, lauf nicht weg .«
Als Lore in Deths Kammer trat, war er von einem einzigen Gedanken beherrscht. Was auch passierte, er würde Rades Überreste mit sich nehmen. Eidolon hatte geschworen, Shade und Runa nichts zu sagen, bis Lore ins UG zurückkam. Wobei Lore nicht sicher war, ob die Nachricht leichter zu ertragen war, wenn sie von einer Leiche begleitet wurde.
So oder so würde es das Leben seiner Eltern vernichten.
Er fluchte, als er seine Schwester vor ihrem Boss stehen sah. Verdammt! Er zweifelte nicht daran, dass er mit Deth um Rades Überreste würde feilschen müssen, und genauso wenig daran, dass Sin die Sache nur verkomplizieren würde.
»Um deinetwillen hoffe ich, dass du deine Aufgabe erfüllt hast.« Deths rechte Hand hing über die Seite seines Stuhls hinab, und als sich Lore ihm näherte, wurde klar, warum.
Deth hatte den neuen Seminus, Tavin, an den Thron angekettet und
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