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Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition)

Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition)

Titel: Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Frömmert
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vor. Es ist Frans aus den Niederlanden. Er ist allein auf dem Weg nach Santiago und klagt über Knieprobleme, nimmt aber darauf keine Rücksicht, sondern fährt schnell in einem, wie ich finde, relativ hohen Gang. Wir unterhalten uns über alles Mögliche. Unsere Kinder, Job und so weiter. Er ist von seinem alten Arbeitgeber gekündigt und hat bereits eine neue Stelle, die er aber erst im August antritt. Die Übergangszeit wird noch von seinem alten Chef bezahlt. So hat er reichlich Zeit und beschließt, sich auf den Weg zu machen. Eine bessere Gelegenheit, so erzählt er, würde er wahrscheinlich nie wieder bekommen. Er spricht sehr gut deutsch. Immer wenn er einmal eine Vokabel nicht kennt, bitte ich ihn es mir auf niederländisch zu erklären. Ich habe vor langer Zeit bei der Volkshochschule ein Diplom in niederländisch abgelegt und kann die Sprache zwar nur schlecht sprechen, aber verstehen kann ich sie immer noch recht gut. So können wir uns hervorragend verständigen. Während wir im Gespräch vertieft sind, fliegt mir plötzlich ein Insekt in den Mund und sticht mir unvermittelt in die Zunge. Ich spucke es aus und sehe dann, dass es eine kleine Biene ist. Der Stich ist relativ schmerzhaft und ich spüre, dass die Zunge leicht anschwillt. Nun rasen mir schlimme Gedanken durch den Kopf. Was passiert, wenn die Zunge so dick wird, dass ich keine Luft mehr bekomme? Wie können wir Hilfe holen? Und was viel wichtiger ist, wer kann Hilfe holen? Timo und Siggi sprechen nämlich kein Wort einer außerdeutsche Sprache. Frans hat gesagt, dass er spanisch spricht und erzählte vorher, dass er sich damit in Frankreich sehr gut verständlich machen konnte. Aber wir sind mitten in der Prärie. Ein Notarzt oder Rettungswagen würde ziemlich lange brauchen, um uns zu erreichen. Im Notfall könnte man vielleicht an einem Haus klingeln und um etwas Eis zum Kühlen bitten. Aber das ist nicht nötig. Nur die Einstichstelle ist etwas geschwollen und es wird nicht schlimmer. Entweder haben wir Glück gehabt oder es passt jemand gut auf uns auf. Wir sind während dieser Aktion immer weiter gefahren. So ist der Abstand zu meinen Pilgerbrüdern bedrohlich groß geworden.
    Daher sage ich Frans, dass ich langsamer machen muss, weil die beiden sonst den Anschluss verlieren. Die Navigation mache ja ich. Frans will aber nicht langsamer fahren und so trennen sich vorläufig unsere Wege.
    Nach gefahrenen 60 Kilometern ziehen wir eine kurze Zwischenbilanz und halten fest, dass wir bis dahin zwar einige Berge auf dem Weg hatten, die unserem Vorwärtsdrang jedoch nicht wirklich entgegen standen, denn wir sind gut und relativ schnell voran gekommen. Und, was noch viel wichtiger ist, wir hatten heute noch keine Panne. Kurz vor der Ortschaft Charroux überholen wir Frans wieder. Der macht gerade eine Pause und will in dem Ort übernachten. Uns zieht es aber weiter. So verabschieden wir uns erneut und wünschen einander einen „Buen Camino“.
    Beim Tachostand von 80 Tageskilometern machen wir an einer Sitzgruppe nahe eines Flusslaufs in der Nähe eines kleinen schönen Ortes eine Pause. Die Fahrräder stellen wir an den dortigen Zaun und genießen die Sonne. Diese Pause wird richtig zelebriert, denn kurz zuvor gab es eine rauschende Abfahrt mit Steilwandkurven, die wir förmlich herunter geflogen sind. Und dann natürlich deutlich langsamer wieder steil nach oben den nächsten Berg hinauf. In diesem Moment ist auch noch alles in Ordnung und wir sind mit der Welt und die Welt, so scheint es, auch mit uns, sehr zufrieden.
    Bei der Weiterfahrt stellt Timo dann aber fest, dass sein Vorderreifen entlüftet ist. Also Boxenstopp und Rad ausbauen, Schlauch ziehen und durch einen Ersatzschlauch ersetzen. Die undichte Stelle im kaputten Schlauch sucht Siggi am Ufer des Flusses. Hier gibt es Wasser, ohne dass jemand einen Becher auf den Abfluss halten muss. Der Fahrradschlauch wird von mir noch schnell geflickt und für den nächsten Gebrauch zusammengerollt in die Lenkertasche gepackt.
    Nach etwa 90 Kilometern haben Siggi und ich eine Auszeit. In einer total verlassenen Gegend stehen ein paar verfallene Häuser. Um diese herum ist alles sehr ungepflegt und wenig einladend. An einer Kreuzung fahren wir aus lauter Paddeligkeit und obwohl die blaue Linie des Navis es anders anzeigt, statt nach links abzubiegen nach rechts. An dem letzten Haus angekommen, versperrt uns ein kleiner zotteliger, aber um so giftigerer Hund, der es sichtlich ernst meint, den Weg.

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