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Denen man nicht vergibt

Titel: Denen man nicht vergibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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und begann dann, wieder krächzend zu singen.
    Nick beugte sich über ihn und sagte ihm direkt ins Gesicht: »Ich habe Ihnen das Leben gerettet. Sie schulden mir was. Sagen Sie uns die Wahrheit.«
    Captain DeLoach schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, hob seine dick geäderte alte Hand und berührte mit den Fingerspitzen ihre Wange. »So weich«, sagte er. »Was wollen Sie wissen, kleines Mädchen? Ja, ich schätze, ich schulde Ihnen was. Weldon will seinen Sohn schützen.«
    »Seinen Sohn?«, fragte Dane. »Weldon hat einen Sohn?«
    »Klar. Hat mich nicht in seine Nähe gelassen, als er noch klein war, aber dann ist er selber zu mir gekommen. Hab ihn ordentlich auf Vordermann gebracht, den Jungen, nicht wahr? Hab ihn richtig aufgeheizt, und da ist er nun und tritt in die Fußstapfen seines Opas. Weldon will seinen Sohn schützen, er will nicht, dass er ruiniert wird, dass er von der Presse verfolgt wird.«
    »Wer ist dieser Sohn, Sir?«, wollte Savich wissen.
    »Ihr seid doch vom FBI, Söhnchen. Findet es gefälligst selbst raus. Zu leicht will ich’s euch nun auch wieder nicht machen.« Er hustete, und Blut rann ihm in einem Rinnsal aus dem Mund.
    Sherlock sagte: »Vor Ihnen salutiere ich nicht.«
    Captain DeLoach meinte mit schief geneigtem Kopf. »Na ja, eigentlich sind Sie ja auch nur ein Mädchen, wenn man’s genau nimmt.«
    »Und Sie sind ein böser alter Mann.«
    »O ja«, keuchte er, »das bin ich wirklich. Ich bin siebenundachtzig und hab hier ein richtig hübsches Nest. Wie das Leben so spielt. Ein Knaller, nicht?«
    Als sie das Ventura County Community Hospital erreicht hatten, suchten sie Weldon auf, der gar nicht gut aussah. Er war blass, litt Schmerzen, und er wusste, dass die Bombe geplatzt war. Alles, wogegen er angekämpft hatte, war passiert, und er wusste es. Dane legte ihm leicht die Hand auf die Schulter: »Es tut mir aufrichtig Leid, Weldon. Uns allen tut es sehr Leid.«
    »Sie wissen es also«, sagte Weldon mit tonloser Stimme. »Dieser böse alte Mann hat Ihnen alles erzählt.«
    Savich sagte: »Ja, Ihr Vater hat es uns endlich erzählt, nachdem ich ihn mehrmals dazu aufgefordert hatte. Ohne Ausflüchte, ohne irgendwelche verrückten Anspielungen oder Hinhaltetaktiken. Er ist wirklich und allen Ernstes wahnsinnig. Ich glaube nicht, dass er senil ist, keinen Augenblick glaube ich das, aber alle anderen sind ihm auf den Leim gegangen. Er ist ein beachtlicher Schauspieler.«
    »Er war immer schon wahnsinnig, sein ganzes Leben lang. Dann hat er’s also doch getan. Ich wusste nicht, ob er’s wirklich ernst meint oder nicht.«
    »Wie alt waren Sie, als Sie rausfanden, was er ist?«, wollte Sherlock wissen.
    »Ich war zehn. Eines Nachts konnte ich nicht schlafen; er war früh am Abend noch weggegangen, dienstlich, sagte er. Ich hab auf ihn gewartet. Ich sah ihn in die Garage fahren. Ich hörte, wie die Küchentür aufging. Ich wollte schon zu ihm, aber irgendetwas hinderte mich daran, eine Art Gefühl, eine unbestimmte Angst, die ich schon lange mit mir rumschleppte. Ich versteckte mich im Wohnzimmer, hinter den Lieblingsvorhängen meiner Mutter.
    Ich hörte ihn pfeifend reinkommen. Ich schlich mich zur Küche. Seine Kleidung, seine Hände - er war blutüberströmt. Alles war rot, und all das Rot wurde, noch während ich zusah, immer dunkler und dunkler, fast schwarz. Sein Hemd war steif vor Blut. Zuerst dachte ich noch, es wäre sein Blut, und war zu Tode erschrocken, aber nicht lange.
    Ich sah ihm zu, wie er sich am Spülbecken die Hände schrubbte, wie er sich bis auf die Unterwäsche auszog, seine blutigen Sachen zu einem Bündel verschnürte. Seine Bewegungen wirkten geübt, wie einstudiert, als hätte er das alles schon viele Male gemacht. Und die ganze Zeit pfiff er. Ich sah, wie er das blutige Kleiderbündel in den Garten rausbrachte. Er maß sechs Schritte von einer großen Ulme ab, begann zu graben und warf das Bündel dann ins Loch. Ich sah, dass dort schon mehrere Bündel lagen, etwa ein halbes Dutzend. Dann schaufelte er alles wieder zu. Und die ganze Zeit über pfiff er vor sich hin.
    Als ich zwölf war, fragte ich mich, ob er vielleicht dieser
    Zodiac-Killer war. Ich hatte im Fernsehen von ihm gehört, aber die Morde geschahen nicht an den Tagen, an denen er fort war. Und dieses verrückte Pfeifen - immer pfiff er dasselbe, immer Eleanor Rigby. Das summt oder pfeift er noch heute, bloß dass er’s jetzt macht, um die Leute zu täuschen, damit sie ihn für senil halten.«
    »Was

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