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Deniz, die Lokomotive

Deniz, die Lokomotive

Titel: Deniz, die Lokomotive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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und der pfiff Dschabba Böckmann zurück.
    „Nein! Der gehört mir!“, sagte Sarzilmaz kalt und verwandelte sich in meinen Vater. Darth Hexerich wurde Frau Hexerich, meine Hortlehrerin, und Dschabba, der Bock, Friederich Böckmann, der Trainer vom TSG Hertha 05 . Mein Vater bedankte sich freundlich bei ihnen.
    Sie hatten über zwei Stunden nach mir gesucht. So groß war ihre Sorge gewesen, nachdem ich aus dem Hort ausgebüchst war.
    Doch jetzt waren alle Ängste verflogen. Ihre Ängste, mein ich natürlich, die der Erwachsenen, denn meine fielen jetzt erst über mich her. Ja, und mein Vater ließ mir alle Zeit dieser Welt, um diese Ängste auch zu genießen. Wortlos gingen wir heim, und in der neunten Etage des Carl-Orff-Bogens Nummer 9 stellte er mich wie einen zum Tode Verurteilten vor den Wohnzimmertisch.
    Meine Mutter und mein Vater saßen vor mir und schauten mich an. Immer wieder fuhren sie sich mit der Hand durch die Haare.
    „Warum, Deniz? Warum?“, fragte mein Vater, und meine Mutter fügte hinzu: „Wir haben es dir doch verboten.“
    „Ja, ja. Ich weiß“, druckste ich herum. „Aber sie ha-haben mich heute genommen. Es war total hart. Ich musste jeden besiegen.“
    „Das ist nicht die Antwort auf meine Frage!“, sagte mein Vater und schaute mich noch strenger an.
    „Doch. Da-has ist sie doch“, widersprach ich und hielt seinem Blick stand. „Böckmann ist immer gemein. Da fühl ich mich schlecht. Doch heute bin ich ganz stolz. Ich ha-hab es geschafft. Ich bin ganz al-ha-lein nach Grünwald gefahren. Ich hab fast alle Wilden Kerle besiegt, und sie ha-haben mich in die Mannschaft aufgenommen. Obwohl es keiner von ihnen wollte. Ja, und jetzt bin ich echt und ganz wirklich ein Wilder Kerl !“
    Meine Eltern schauten sich an, und ihre Augen leuchteten hinter den strengen Gesichtern. Ich glaube, in diesem Moment waren sie trotz aller Sorge und Wut auch ein ganz kleines bisschen stolz.
    „Ma-hama! Pa-hapa! Ich bitte euch. Die Wilden Kerle sind die beste Fußba-hallmannschaft der Welt.“
    Ein Lächeln huschte um den Mund meines Vaters. Ganz kurz nur, dann verschwand es schon wieder.
    „Trotzdem“, sagte er. „Ich muss dich bestrafen. Du bist aus dem Hort ausgebüchst. Du hast deine Lehrerin belogen, und du hast dich gegen mein Verbot aufgelehnt.“
    „Ja, das stimmt. Aber das mit Frau Hexerich war nur eine List. Das hast du doch immer gesagt. Wenn man kleiner ist, darf man die Großen durchaus überlisten. Das ist klug, hast du immer gesagt. Und überhaupt nicht gelogen!“
    Mein Vater schüttelte seinen Kopf, und er raufte sich seine Haare. Er zog so fest daran, dass es weh tat, nur um nicht grinsen zu müssen.
    „Ja, und mit dir konnte ich erst gar nicht reden. Du hast mir nicht zugehört“, fügte ich noch ganz schnell hinzu.
    „Trotzdem“, sagte mein Vater „musst du eine Strafe bekommen. Die nächsten drei Wochen hilfst du deiner Mutter. Du wirst die Fußballschuhe putzen, hast du gehört? Deine, und die von Boran und Tolgar.“
    Ich schluckte. Das war echt hart.
    Nicht das Schuhe putzen, nein, das meine ich nicht: Ich rede vom Drumherum. Meine Brüder würden es so richtig genießen. Sie würden mich ihren Schuhputzer nennen, ihren Diener, ihren Buckligen, ihren Sklaven. Und sie würden es jedem erzählen. Doch auf der anderen Seite kam ich auch verflixt nochmal billig davon. Ich konnte echt froh sein! Ja, denn jetzt raufte sich mein Vater nochmal die Haare, und dann malte er mir die Schrecken aus, die ich erleiden würde, wenn ich ihn noch einmal enttäuschte.
    „Okay. Abgemacht. Aber wenn du auch aus dieser Mannschaft rausfliegst, Deniz, ist es mit dem Fußball für dich aus und vorbei.“
    Ich hielt die Luft an. Das musste jetzt erst einmal wirken. Verflixt! Für meine Eltern war Fußball alles. Ich habe euch doch von meiner Tasche erzählt und von dem, was mein Vater von mir erwartete. Er war fest davon überzeugt, dass ich es mal schaffen würde. So wie es mein Opa geschafft hatte, dessen Motorradjacke viel zu groß und zu schwer für mich war. Er hatte es bis zum Türkischen Meister gebracht.
    Nein! Das durfte niemals passieren. Wenn ich mit Fußball aufhören müsste, gehörte ich nicht mehr zu unserer Familie. Dann war ich raus.
    Ich schluckte. Aber ich nahm die Bedingung meines Vaters an.
    „Unter ei-heiner Bedingung“, traute ich mich allerdings noch zu sagen. „Du musst zu Böckmann gehen, Pa-hapa. Ich brauch meinen Spielerpass. Und wenn Ma-hama ihn selbst zum

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