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Deniz, die Lokomotive

Deniz, die Lokomotive

Titel: Deniz, die Lokomotive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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uns. Selbst mir ging es so. Das hatte ich nicht gewollt.
    Das hatte niemand gewollt. Was waren die Wilden Kerle ohne Fabi und Leon? Sie waren die Golden Twins, das Twisterduo, die Konterflutwelle, die wildesten unter tausend. Sie hatten die Wilden Kerle bis hierher geführt. Ohne Leon, den Slalomdribbler, hätten sie nie gegen den Dicken Michi gewonnen, als der ihnen den Bolzplatz wegnahm. Und ohne die Ideen von Fabi, dem schnellsten Rechtsaußen der Welt, wären die Wilden Kerle längst unter Bergen von Hausarrest und Fußballverbot lebendig begraben. Ohne Fabis Ideen hätten sie nie das Geld für die Trikots gekriegt, die unbedingt notwendig waren, um gegen die Bayern zu spielen und Rocce, den Zauberer, zu den Wilden Kerlen zu holen.
    Das alles erfuhr ich erst später. Doch es lag in diesem Moment in der Luft. Das konnte ich spüren, und ich hielt es nicht länger aus. Ich wollte nicht Schuld daran sein, dass die ganze Welt in ein Fass Rübenkraut fiel. Deshalb stand ich jetzt auf, ging zu meiner Tasche, zog meine Straßenschuhe an, vergrub mich in der viel zu schweren Motorradjacke von meinem Opa, und trottete los. Den Blick stur auf die Füße gerichtet, trottete ich an Willis Kiosk vorbei und auf das Holztor des Teufelstopfs zu.
    Da stellte sich Raban mir in den Weg. Er schaute mir durch seine Coca-Cola-Glas-Brille direkt ins Gesicht. Seine Augen waren so groß wie die von Donald Duck. Dreibeiniger Ochsenfrosch. Er sah aus wie Raban, der Clown. Doch andererseits strotzte dieser Clown jetzt vor Mut.
    „Wir lassen uns nicht erpressen!“, sagte er und schickte einen letzten entschlossenen Blick Richtung Leon und Fabi.
    Dann zog er zwei Apfelsaftschorlen hinter dem Rücken hervor und stieß mit mir an.
    „Alles ist gut!“, lächelte Raban, und als ich nicht begriff, was er meinte, fügte er ganz ernst hinzu. „Solange du wild bist!“
    „So-ha-lange du wild bist!“, wiederholte ich lächelnd und goss mir die Apfelsaftschorle über den Kopf.
    Beim fliegenden Orientteppich! Ich hatte es doch noch geschafft. Die Wilden Kerle nahmen mich auf!
    Langsam kamen sie jetzt auf mich zu. Langsam, aber nicht zögerlich, sondern fest überzeugt, stießen sie alle und Willi der Reihe nach mit mir an.
    „Alles ist gut!“ und „So-ha-lange du wild bist!“, erklangen die Flaschen, und niemand beachtete Leon und Fabi. Die warteten noch ein paar Herzschläge lang. Dann packten sie ihre Sachen, schwangen sich auf ihre Fahrräder und fuhren für immer und ewig aus dem Teufelstopf raus.

Die letzte Chance
    Noch auf dem Heimweg in der U-Bahn hielt ich die erste Wilde Kerle -Apfelsaftschorle meines Lebens fest in der Hand. So glücklich war ich, und damit es ganz klar war, wieviel mir diese Apfelsaftschorlenflasche bedeutete, malte ich ihr Etikett mit einem Bleistift schwarz an.
    Nachtschwarz! Nur das Wilde Kerle -Logo blieb weiß und als wär sie der Pokal der Weltmeisterschaft, wickelte ich sie vorsichtig in meine Fußballsachen ein und verstaute sie in meiner Tasche. Mir ging es fantastisch, und dass ich aus dem Hort ausgebüchst war, dass ich meine Lehrerin, Frau Hexerich, reingelegt und dass ich gegen den Willen meines Vaters beim Training der Wilden Kerle mitgemacht hatte, das hatte ich einfach vergessen.
    In Freimann stieg ich aus.
    Draußen, über der Erde, war es dunkel geworden, und ich erkannte die Straßen nicht wieder. Die Toreinfahrten stürzten wie schwarze Löcher aus dem Nebel direkt auf mich zu, und bei jedem Geräusch fuhr ich erschrocken herum. Die Schritte, die mich verfolgten, gehörten Räubern, Killern und Kopfgeldjägern.

    Sie waren alle hinter mir her. Hinter El Den-ha-heniz, dem Held der Galaxis. Für seinen Tod gab es 17.000 Sternensolare in Gold.
    Und jetzt war sie da. Die gemeinste und hinterhältigste Zicke des westlichen Universums. Hochhackig und siegessicher lief sie hinter mir her. Ich erkannte sie schon am Geruch, am leise pfeifenden Atem: Darth Hexerich, die Letzte aus der Hort-Dynastie am Tor des Carl Orff.
    Ich rannte los. So schnell wie ich konnte, flüchtete ich. Doch nach drei Schritten prallte ich gegen eine riesige Wand. Die Wand war die Brust von Dschabba, dem Bock. Dem mächtigen Fritz aus den Herta-Nebeln. Er packte mich an den Haaren, zog mich zu seiner Vulkanglatze hoch und hätte mich sofort gefressen, wenn nicht zu allem Überfluss der Schlimmste von allen aufgetaucht wäre.
    Wie eine schwarze Katze kam er von links. Der Schwarze Sarzilmaz, der Herrscher über alles und jeden,

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