Denk doch, was du willst
statt. Die «normalen» Menschen glauben mir aufgrund meiner natürlichen Autorität auf der Bühne meistens alles, also ein wenig zu viel. Sie wollen es einfach so. Die Zauberkünstler hingegen gehen davon aus, dass ich ausnahmslos – sprich immer – mit Tricks arbeite. Das entspricht aber auch nicht der Wahrheit. Von ihnen werde ich regelmäßig gefragt, wie ich es beispielsweise in Beiträgen für «Extra – das RT L-Magazin » oder «Explosiv – das Magazin» geschafft hätte, Lügner zu überführen. Welchen Zaubertrick ich hier angewendet hätte, wollen sie unbedingt wissen. Die Wahrheit wird mir oft nicht geglaubt: Es gibt gar keinen Zaubertrick. Ich benutzte hier genau die Methoden, die ich auch schon mehrfach in meinen Büchern beschriebenhabe. Beim Finden der berühmten Stecknadel ist es in meiner Show genau dasselbe. Viele Zauberkünstler wollen wissen, mit welchem Trick ich es schaffe, eine irgendwo im Publikum verborgene Nadel so schnell wiederzufinden. Es gibt bei dieser Nummer aber nichts Verborgenes. Das einzige Geheimnis besteht darin, dass ich mich extrem konzentriere, sehr strategisch vorgehe und dass ich sehr lange dafür geübt habe.
Auch was den Rapport betrifft, hat die jeweilige Autoritätsperson eine große Macht: Fast immer führt die Person mit dem höheren Status, die mit dem niedrigeren Status folgt. Wenn Sie einem Menschen auf Augenhöhe begegnen wollen, dann sollten Sie vorgehen wie im ersten Kapitel beschrieben. Fragen Sie sich weiterhin immer, welchen Vorteil ein vermeintlicher Experte von den Ratschlägen, die er Ihnen gibt, hat. Fragen Sie sich darüber hinaus, ob Sie der Person, wenn Sie sie aus einem anderen Zusammenhang kennen würden, auch trauen würden. Oder falls Sie Ihnen nicht als Experte vorgestellt worden wäre. Außerdem kann es sehr hilfreich sein, sich den Experten ohne seine Symbole der Macht vorzustellen – ohne Kittel, Anzug oder Uniform und ohne Dienstwagen und Titel. Trauen Sie diesem Menschen nach wie vor? Oder kommen Ihnen Zweifel?
Die Knappheit der Mittel
Ich behaupte, dass meine Kinder gute Tischmanieren haben. Sie sind höflich, sprechen nur selten mit vollem Mund, nehmen Rücksicht auf ihre Geschwister und ihre Eltern, solange von dem, was sie wollen, genug da ist. Sobald aber vom Lieblingsjoghurt nur noch ein Becher zum Abendessenauf dem Tisch steht, ist bei uns Land unter. Die vorher noch so lieben und guterzogenen Kinder kennen keine Gnade und zoffen sich ohne Ende. Und das, obwohl sie wahrscheinlich alle den Joghurt ignorieren würden, würden davon fünf Becher auf dem Tisch stehen. Kommt Ihnen das bekannt vor, lieber Leser, liebe Leserin? Knappheit schaffen, darin liegt eine sehr gute Möglichkeit, Menschen zu beeinflussen. Logischerweise klappt das bei meinen Kindern aber nur bei Joghurt, Schokolade, Gummibärchen oder so. Bei Harzer Roller und Spinat lässt auch ein noch so großer Mangel meine Kinder kalt.
Dieselbe Technik nutze ich an vielen Stellen in meinem Programm. Wenn ich zum Beispiel will, dass eine Aufgabe von einem Mitwirkenden auf der Bühne schnell erledigt wird, dann verknappe ich die Zeit. Früher brauchten einige Zuschauer beispielsweise sehr lange, um sich ein bestimmtes Symbol auszudenken und dieses dann aufzumalen. Mit dem Prinzip der Verknappung bringe ich mittlerweile ausnahmslos alle dazu, sich damit zu beeilen: Ich gebe ihnen einfach nur zehn Sekunden Zeit und zähle laut von zehn bis null rückwärts. Das wirkt Wunder.
Ein anderes Beispiel: Für eine Nummer in meinem Vortrag brauche ich die Hilfe von sechs Personen aus dem Publikum. Sobald ich sage: «Ich hätte gern sechs Personen hier vorn auf der Bühne», könnte die ganze Nummer unter Umständen platzen, weil kein Mensch auf die Bühne will. Wenn ich den Platz auf der Bühne künstlich verknappe und die Möglichkeit mitzuwirken vorher stark einschränke, sieht die Reaktion ganz anders aus. Ich sage also: «Heute Abend sind hier tausend Personen. Leider hat daher nicht jeder von Ihnen die Möglichkeit, hier vorne persönlich mitzuwirken.Bei meiner nächsten Nummer können aber sechs von Ihnen dabei sein.» Seitdem stehen sofort mehr als genug bereit.
Das Prinzip der Knappheit besagt, dass uns unsere Möglichkeiten umso attraktiver erscheinen, je schwerer sie erreichbar zu sein scheinen. Eine Briefmarke, die es nur ein einziges Mal gibt, hat für Sammler einen unschätzbaren Wert. Das hängt damit zusammen, dass sie durch ihre Einzigartigkeit erst ihre Bedeutung
Weitere Kostenlose Bücher