Denk doch, was du willst
uneingeschränkt behauptet. Ich wollte nämlich, dass Sie beim Lesen misstrauisch werden. Sobald nämlich jemand zu dick aufträgt, werden wir vorsichtig. Zu perfekt zu sein ist entwederlangweilig oder lässt uns besonders aufhorchen. Beides ist, gemessen an der Wirkung auf andere, nicht wünschenswert. Wenn jemand nämlich zu perfekt ist, dann kommt er schnell als schleimig rüber oder macht seine Mitmenschen nur neidisch. Und Neid ist etwas, das wir weder selbst empfinden noch in anderen hervorrufen sollten. Unter keinen Umständen. Wenn jemand nämlich neidisch ist, wird er möglicherweise sehr viel Zeit investieren, um Risse in unserer Fassade zu entdecken. Kleine Fehler machen uns liebenswert und nahbar. Unterschätzen Sie nie die destruktive Macht des Neids.
Der Philosoph Søren Kierkegaard formulierte es so: «Jemand, der bewundert und dabei spürt, dass er durch Hingabe nicht glücklich werden kann, entscheidet sich dafür, das, was er bewundert, zu beneiden. So spricht er bald eine andere Sprache. In seiner Sprache heißt nun das, was er eigentlich bewundert, es sei nichts, es sei etwas Dummes und Peinliches und Seltsames und Überspanntes. Bewunderung ist glückliche Selbstpreisgabe, Neid unglückliche Selbstbehauptung.»
Ich will hier keine Wertung abgeben, was das Verhalten von Entlarver und Entlarvten angeht. Mein Rat ist ein anderer: Zeigen Sie Schwächen und geben Sie wenigstens eine davon offen zu. Sobald Empfehlungsschreiben nur positive Äußerungen enthalten, werden Personalchefs misstrauisch. Enthalten Empfehlungsschreiben allerdings auch zumindest eine weniger vorteilhafte Bemerkung über den Bewerber, dann wirkt sich das auf die Bewerbung positiv aus (Knouse, 1983).
Für Sie bedeutet das: Geben Sie Schwächen zu, sprechen Sie über Laster, wenn auch über die harmlosen. Fallsdann wirklich einmal jemand im Dreck wühlt und etwas findet, dann mindert das Ihre Fallhöhe ungemein. Sehr gut beschreibt das Robert Greene in seinen «48 Gesetze der Macht». Er sagt: «Zu Geld können auch andere kommen, genauso an die Macht. Doch überlegene Intelligenz, gutes Aussehen, Charme – wer über solche Qualitäten nicht verfügt, kann sie auch nicht erwerben. Wer von Natur aus perfekt ist, muss am härtesten daran arbeiten, seine Brillanz zu bemänteln und den einen oder anderen Makel zu zeigen, um den Neid abzulenken, ehe er sich festsetzt. Es ist ein weitverbreiteter naiver Irrglaube, dass man Menschen mit seinen natürlichen Gaben erfreuen könne: In Wirklichkeit werden sie einen dafür hassen» . (Greene, 2006).
Sie können die Macht der Autorität auch über einen Umweg für sich nutzen. Wenn Sie sich beispielsweise nicht festlegen wollen, dann geben Sie die Entscheidung einfach an die nächsthöhere Instanz ab. Angenommen, ein Kunde ruft bei Ihnen an, um über den Preis eines Angebots zu verhandeln. Sie wollen aber nicht handeln. Anstatt auf Konfrontationskurs zu gehen und dem Kunden zu sagen, dass kein Spielraum dafür besteht, können Sie auf eine sanfte Weise dabei vorgehen und darüber hinaus noch das Verständnis Ihres Kunden gewinnen. Sagen Sie ihm einfach, dass Sie diese Entscheidung allein nicht treffen könnten und das Thema mit Ihrem Vorgesetzten besprechen müssten. Falls Sie selbst der Vorgesetzte sind, können Sie einen Mitgeschäftsführer nehmen. In jedem Fall müssen Sie die Suche an eine Autorität abgeben. Die lehnt dann die Forderung natürlich ab.
Unterschätzen Sie dieses Vorgehen nicht. Die Methodewird von Ihrem Gegenüber fast immer akzeptiert werden. Sogar Geiselnehmer gehen meistens darauf ein, wenn der Unterhändler die Verantwortung an einen Vorgesetzten abgibt. Bei uns zu Hause funktioniert das auch sehr gut: Wenn meine Kinder etwas wollen, worauf ich nicht eingehen will, kann ich immer sagen, dass ich das erst noch mit ihrer Mutter besprechen muss. Die hat natürlich am Ende das Sagen.
Ich bitte die Zuschauer in meinem Abendprogramm oft, dass sie mir nicht alles glauben sollen. Die anwesenden Skeptiker nicken dann immer wissend. Ein paar Minuten später führe ich aber mein Publikum so ganz nebenbei mit hanebüchenen Behauptungen, die allerdings sehr glaubwürdig klingen, aufs Glatteis. Viele glauben mir alles, bis ich sie mit der Wahrheit konfrontiere und gestehe, dass ich mich gerade eines Tricks bedient hätte. Hier ist die Macht der Autorität im Spiel. In überzeugender Weise. Interessanterweise findet genau an diesem Punkt eine Verschiebung der Realität
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