Denk doch, was du willst
über ein Thema kontrovers diskutiert wurde? Die meisten Erkenntnisse aus meiner Schulzeit verdanke ich den guten Fragen meiner Lehrer, und zwar zum richtigen Zeitpunkt. Die am meisten gestellte Frage meiner Lehrer war übrigens: «Thorsten, warum schwätzt du eigentlich so viel?» Aber das nur am Rande.
Gerade bei der Fragetechnik gilt übrigens einer meiner Lieblingsgrundsätze: Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Hier ein wirklich schauerliches Negativbeispiel aus Ingolfs Seminar. Der Verkäufer fragt den Kunden am Ende seiner Produktpräsentation: «Gibt es noch irgendetwas, das Sie davon abhalten könnte, mein Angebot anzunehmen?» Ich glaube, es gibt wirklich Verkäuferseminare, in denen so dämliche Fragen empfohlen werden, und Seminarteilnehmer, die solche Fragen dann auch wirklich stellen. Nach dem Grundsatz, dass die Energie der Aufmerksamkeit folgt, ist das so ziemlich die dümmste Frage, die man am Ende eines Verkaufsgesprächs äußern kann. Selbst wenn der Kunde zu diesem Zeitpunkt nur halbwegs überzeugt wäre, durch diese Totschlagfrage würde seine Aufmerksamkeit sofortauf die negativen Aspekte des Angebots gelenkt. Solche Fragen also bitte ersatzlos aus Ihrem Katalog streichen. Wir wollen uns in diesem Kapitel mit vier Arten von Fragen beschäftigen:
Mit der Suggestivfrage: «War das Auto rot oder schwarz?» Diese Frage gibt bereits zwei Alternativen vor. Vielleicht war das Auto ja blau. Und: «Du bist doch sicher auch schon ganz müde», das klappt leider nie bei meinen Kindern.
Mit der schließenden Frage: Auf eine Entscheidungsfrage kann man nur mit ja oder nein antworten, möglicherweise noch mit «vielleicht» oder «ich weiß es nicht». Ein Beispiel: «Gefällt Ihnen dieses Buch?»
Mit der öffnenden Frage: Sie beginnt meistens mit ei nem «W». Wie viel, warum, weshalb, woran, wen, wem, wodurch? Konkret: «Was gefällt Ihnen denn an diesem Buch am besten?» Sie hat den großen Vorteil, den Gefragten zum Reden animieren zu können. Bei richtiger Anwendung wecken Sie damit sein Interesse, und Sie erfahren etwas über seine Einstellung und seine Art zu denken. Sie können mit der öffnenden Frage natürlich auch gezielt eine Entscheidung beeinflussen. Achten Sie bei der Art der Frage aber bitte auf Aufmerksamkeit und Energie, die Sie durch Ihre Frage befördern. Im oben genannten Beispiel – was den Kunden noch davon abhalten könnte, das Angebot abzulehnen – ging das komplett in die Hose. Des Weiteren sollten Sie bei der öffnenden Frage die Wörtchen «warum», «weshalb» und «wieso» von nun an vergessen. Was diese drei betrifft, reagieren wir alle nämlich voreingenommen. Mit ihnen verbinden wirsofort eine Antwort. Bitte beachten Sie: Es wird gewöhnlich erst nein gesagt, und dann «warum» gefragt.
Und schließlich mit der Alternativ- oder Entscheidungs frage : «Grobe oder feine Bratwurst?»
Nehmen wir ein Beispiel aus meinem Alltag: Es ist neunzehn Uhr abends. Zeit für meine Kinder, zu Bett zu gehen. Fast täglich kommt von einem von ihnen genau jetzt die Frage: «Papa, darf ich noch Schokolade essen?» Meine Antwort lautet normalerweise – außer an Weihnachten vielleicht: «Nein.» Die Reaktion meiner Kinder ist jedes Mal dieselbe: «Warum denn nicht?» Ich freue mich dann, dass sie anfangen, mit mir zu handeln. Das macht jedes Mal aufs Neue Spaß. Darum geht es jetzt allerdings nicht. Das Beispiel soll vielmehr zeigen, dass das Wort «warum» oft mit dem Wörtchen «nein» auftritt. Da die Energie der Aufmerksamkeit folgt, wollen wir in diesen Sog aber gar nicht erst reingeraten. Also, vergessen Sie das Warum und fragen Sie lieber anders – das ist weitaus effektiver, glauben Sie mir.
Zum Beispiel könnten meine Kinder sagen: «Liebster Papa, wenn ich nachher auch ganz gründlich Zähne putze, dann hast du doch sicher nichts dagegen, dass ich jetzt als kleines Betthupferl noch ein kleines Stückchen Schokolade esse …» Diesen druckreifen Satz hat mein Sohn mir tatsächlich mal abends ins Ohr geflüstert. Ich war begeistert! Nicht nur dass er eine Frage in eine Aussage verwandelt hatte, er hatte sie auch noch in eine Suggestivaussage verwandelt. Vielleicht war das alles noch ein wenig sperrig, aber er ist ja auch erst fünf Jahre alt. Natürlich hat er ein Stück bekommen, so viel rhetorisches Talent muss belohnt werden. Das Beispiel zeigt übrigens auch, dass es sehr großen Spaß machenkann, einer solchen Suggestion zu folgen. Natürlich weiß ich, dass mein
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