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Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben

Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben

Titel: Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Gleichauf
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beeinflusst durch das, was sie erlebt. Alles, was zum Gegenstand der Reflexion
     wird, hat seinen Grund in den persönlichen Erfahrungen der Philosophin. Sie hat Angst vor dem Tod und dem Vergessenwerden
     und fühlt sich solidarisch mit all denen, die im Krieg ihr Leben lassen müssen. Ohne Wissen um die Endlichkeit gäbe es keine
     Philosophie: »Wäre unser Leben unendlich, es löste sich in der Gleichgültigkeit des Universums auf.« 14 Der Tod ist die absolute Grenze, die unser Denken anstachelt. Ein unendliches Leben ist überhaupt nicht vorstellbar und nicht
     vereinbar mit dem Menschen als einem denkenden und nach Sinn fragenden Wesen.
    In ihrem Alltag beginnt Beauvoir, kommunikativer zu werden, stärker auf andere zuzugehen. Sie löst sich aus der Einseitigkeit
     ihrer Beziehung zu Sartre. Gemeinsam lernen die beiden viele neue interessante Menschen kennen. Vor allem mit Albert Camus
     beginnen sie eine spannende Freundschaft. Camus, der in seiner Heimat Algerien unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen
     ist, vaterlos und mit einer analphabetischen Mutter, eröffnet Beauvoir die ihr bis dahin unbekannte Welt des Mangels. Andere
     neu hinzugekommene Freunde sind: der Maler Pablo Picasso,der Bildhauer Alberto Giacometti, die Schriftsteller Jean Cocteau und Jean Genet. Zu Hause sind sie alle im »Café Flore«,
     wo sie sich treffen und hitzige Diskussionen führen. Solche Zusammenkünfte und das äußere Erscheinungsbild dieser Gruppe prägen
     das Meinungsbild in der Öffentlichkeit. Es heißt, die sogenannten Existenzialisten seien Leute, die schwarze Kleidung trügen
     und diskutierend in Cafés herumsäßen.
    Während der deutschen Besatzung bleibt Beauvoir nicht untätig. Im Nachhinein nennt sie diese Zeit ihre »moralische Periode«,
     und zwar im Sinn einer bisher rein theoretischen Auseinandersetzung mit Fragen der Moral. In konkreten Aktionen äußert sich
     diese Beschäftigung noch nicht.
    Beauvoir schreibt einen Essay mit dem Titel
Pyrrhus und Cinéas.
Darin stellt sie die Frage nach dem Sinn des Handelns. Ich kann ja bei allem, was ich tue, fragen: Wozu? Für die Reflexion
     scheint das menschliche Handeln zunächst absurd zu sein. Würde der Mensch aber aufgrund dieser Ratlosigkeit in Lethargie verfallen,
     so machte er sich zu einer bloßen Sache. Aber er ist mehr als die Dinge, die einfache Gegebenheiten sind. Der Mensch ist »Transzendenz«,
     und das heißt für Beauvoir, er entwirft sich immer wieder auf ein Ziel hin, er geht über die reine Faktizität, den Objektstatus
     hinaus. »Er jagt, er fischt, er schafft sich Instrumente, er schreibt Bücher: dies sind keine Zerstreuungen, keine Flucht,
     sondern Bewegungen auf das Sein hin: Der Mensch macht, um zu sein.« 15 Wirklich sinnvoll sind aber nur die Handlungen, die den Menschen auch äußerlich frei machen zu der Freiheit, die in ihm angelegt
     ist, und das bedeutet für Beauvoir den Kampf gegen Not, Krankheit und Unwissenheit. Ihr Existenzialismus ist einsozialer. »Ein wirklich moralischer Mensch kann kein gutes Gewissen haben.« 16 Ein Leben in diesem Sinn kennt keinen Moment des Stillstandes, immer gibt es etwas zu tun, immer wächst der Mensch über sich
     hinaus auf andere hin.
    1945 wird Beauvoir als einzige Frau Redaktionsmitglied von Sartres neu gegründeter Zeitschrift
Les Temps Modernes.
Diese Zeitschrift soll sich mit aktuellen Fragen beschäftigen und wird so schnell bekannt, dass Beauvoir und Sartre plötzlich
     in aller Munde sind und ihre Schriften gelesen und diskutiert werden. Sie haben eine große Anhängerschar, aber auch gewichtige
     Gegner: Angegriffen werden sie sowohl von konservativer katholischer wie auch von kommunistischer Seite. Man beschimpft sie
     als Nihilisten und Schwarzmaler.
    Beauvoir geht in die Offensive und schreibt einen neuen, vor allem an die Kirche gerichteten Essay mit dem Titel
Für eine Moral der Doppelsinnigkeit.
Die Freude des Menschen an seiner Existenz ist Beauvoir zufolge erst möglich, wenn er ein fremdes Absolutes, also einen Gott,
     verneint. Indem der Mensch allein ist auf der Erde, ist er selbst für seine Taten verantwortlich. Es gibt keine Instanz, die
     verzeiht oder versöhnt. Nur der Mensch selbst kann seinen Taten Bedeutung verleihen. Den Kommunisten entgegnet sie, es sei
     bedeutsamer, den Einzelnen zu stärken als eine bestimmte Klasse.
    Mit ihrer Betonung der Gemeinschaft geht Beauvoir über Sartre hinaus. Wieder zeigt es sich, dass sie keineswegs das verlängerte
    

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