Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten!
benutzen, die nicht aggressiv seien. Statt Ritter soll man sich beispielsweise lieber eine Kuh vorstellen, die statt Gras
Viren frisst. Das andere Lager sagt, man könne sich vorstellen, was man wolle, Hauptsache, es sei wirkungsvoll. Da für mich
die Wirksamkeit das Maß der Wahrheit ist und meine Tochter offensichtlich alles richtig gemacht hat und ja auch gesund geblieben
ist, schreibe ich ihr nicht vor, wie und was sie zu denken hat. Nur das Ergebnis zählt. Versuchen Sie einfach beides und benutzen
Sie, was bei Ihnen am besten klappt. Sie können alles visualisieren, was Ihnen wichtig ist, und Ihre Ziele damit optimal fokussieren.
Ich kann die Bedeutung dieser Methode nicht genug betonen. Sie kann Ihr Leben verändern. Richtig angewandt ist sie die beste
Grundlage eines jeden Mentaltrainings. Unser Vorstellungsvermögen hat unglaubliche Kraft. Will ich beispielsweise ein neues
Experiment in mein Abendprogramm aufnehmen, dann entsteht es zunächst vor meinem geistigen Auge. Ich stelle mir die Situation
so lange vor, bis sie so ist, wie es mir gefällt. Dann mache ich mich an die Umsetzung. Künstler haben schon immer so gearbeitet.
Ich selbst wandte die Technik zum ersten Mal an, nachdem ich folgende Geschichte des Renaissancemalers und Bildhauers Michelangelo
gehört hatte: Er hatte einst den Auftrag, aus einem grob behauenen Marmorklotz eine Skulptur des biblischen David zu schlagen.
Die Arbeit war sehr wichtig und extrem schwer zu realisieren. Vor Michelangelo hatten bereits zwei andere Bildhauer versucht,
diesen Klotz zu bearbeiten. |153| Daran waren sie nicht nur gescheitert, sondern hinterließen den Klotz auch noch in einem grob behauenen Zustand, weil sie
sich zu nichts anderem in der Lage sahen. Anstatt sich sofort mit Hammer und Meißel über den Klotz herzumachen, setzte Michelangelo
sich ruhig davor und schaute ihn einfach nur an. Das tat er zunächst einen ganzen Tag lang. Dann noch einen zweiten. Und einen
dritten. Erst nach einigen Wochen begann er, den Marmor zu bearbeiten. Es entstand eines seiner berühmtesten Werke und eines
der wichtigsten Werke der Kunstgeschichte: die Davidstatue. Ich bin mir sicher, er hat so lange Bilder in seinem Kopf verändert,
bis er das perfekte Abbild vor seinen Augen hatte.
Um Michelangelo ranken sich weitere schöne Legenden. Einer zufolge soll er gefragt worden sein, wie er vorgehen würde, wenn
er einen Löwen formen wolle. Angeblich soll er wie selbstverständlich geantwortet haben: «Dann würde ich einfach alles vom
Klotz wegschlagen, was nicht zum Löwen gehört.»
Und es gibt noch weitere prominente Beispiele dafür, dass Visualisieren zum Erfolg führen kann. Der Komponist Ludwig van Beethoven
konnte zum Ende seiner Karriere nichts mehr hören. Trotz seiner Taubheit komponierte er aber weiter. Seine letzte Symphonie
– die Neunte – gilt bei vielen Musikkennern als seine beste. Trotz seiner Taubheit konnte er den Erfolg der Neunten bei der
Uraufführung noch miterleben. Beethoven saß in der ersten Reihe und sah dem Orchester beim Musizieren zu. Nachdem sie ihr
Konzert beendet hatten, tobten die Menschen hinter Beethoven vor Begeisterung. Der Meister selbst hörte das nicht. Der Dirigent
bat ihn schließlich, sich umzudrehen und seinen Blick auf den Saal zu lenken. Beethoven sah nun die begeisterten Zuhörer und
war sehr ergriffen.
Der Komponist hörte die Musik im Kopf und schrieb sie auf. Auch manche Ingenieure, die eine Maschine bauen wollen, arbeiten
auf diese Weise. Sie planen und zeichnen, weil sie schon |154| vorher wissen, wie alles sein muss, ohne es probiert zu haben. Der Erfinder Nikola Tesla ist dafür ein gutes Beispiel. Von
ihm wird behauptet, er habe seine Erfindungen größtenteils nur im Kopf konstruiert und so lange umgebaut, bis sie dort fehlerlos
funktionierten. Erst dann hat er seine Pläne gezeichnet, und die später gebauten Maschinen liefen sofort einwandfrei. Da sich
um Nikola Tesla viele Mythen ranken, weiß ich allerdings nicht, ob diese Geschichte stimmt. Vorstellbar ist sie allemal.
Sie sehen, Visualisieren kann durch Sehen, Hören oder auch Fühlen ergänzt oder ersetzt werden. Fachlich richtig wird zwischen
visuell, auditiv oder kinästhetisch unterschieden. Wenn es Ihnen also schwerfällt, sich etwas bildlich vorzustellen, dann
können Sie auch den Kanal wechseln und das gewünschte Ergebnis zu fühlen oder zu hören versuchen. Am besten ist es natürlich,
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