Denken Sie Nicht an Einen Blauen Elefanten
stoisch so lange Tee in die übervolle Schale, bis die Kanne leer war. «Warum hast du das gemacht?», fragte der Schüler entgeistert.
«Weil du wie diese Schale bist, du weißt bereits alles, was du wissen musst – mehr als das brauche ich dir nicht zu zeigen.»
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|229| Kapitel 4
MNEMOTECHNIK: UPDATES FÜRS GEHIRN
Haveners kleine Denkschule
Folgende Szene ereignete sich vor einigen Jahren: In einem Theater in Wien holte ich bei einem Auftritt ein Paar zu einem
Experiment auf die Bühne. Beide saßen auf Stühlen, während ich zwischen ihnen stand: rechts von mir die Dame, links von mir
der Herr. Ich sorgte dafür, dass sich die beiden bei mir wohl fühlten, und versetzte die Frau anschließend in einen leichten
Trancezustand. Sie schloss die Augen und ging unter meiner Anleitung auf eine Mentalreise; die Augen ließ sie dabei weiterhin
fest geschlossen. In dem Moment, in dem sie den optimalen Zustand erreicht hatte, berührte ich den Mann dreimal an seiner
Schulter. Ich fragte nun die Dame, ob sie eine Berührung gespürt habe, und sie berichtete, dass sie drei Kontakte an ihrer
Schulter wahrgenommen habe. Dann berührte ich den Mann an der Hand. Auf meine Frage hin, ob sie etwas merke, sagte die Frau,
dass sie eine Berührung an ihrer Hand gespürt habe. Das Publikum war wie gebannt, es herrschte absolute Stille! Ich holte
die Frau aus ihrer Trance zurück und fragte Folgendes: «Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen jetzt verriete, dass ich ein
bisschen geflunkert habe und in Wirklichkeit nicht die ganze Zeit neben Ihnen, sondern viel länger neben Peter stand und nur
ihn sowohl an der Schulter als auch an der Handfläche berührt habe – und nicht Sie? Würden Sie das glauben?» |230| Ihre staubtrockene Antwort: «Also, wenn Sie sagen, Sie haben neben Peter gestanden, würde ich es nicht glauben, weil er Oliver
heißt.» Lautes Lachen im Zuschauerraum. Solche Momente sind einfach göttlich und waren lehrreich für mich. Das Behalten von
Namen bereitet mir unter gewissen Umständen noch heute Probleme, obwohl ich mich schon seit über zehn Jahren mit Methoden
beschäftige, die mir helfen, mir Ereignisse, Zahlen, Fakten und eben Gesichter besser zu merken.
Ein weiterer schöner Anlass, bei dem mir Namen das Leben schwermachten, war eine Weihnachtsfeier des FC Bayern München. Sie
müssen wissen, dass ich von Fußball wirklich überhaupt keine Ahnung habe. In Deutschland dürfte es nur wenige Männer geben,
die davon noch weniger verstehen als ich. Und ausgerechnet ich war nun als Künstler für die Münchner Kicker engagiert. Ich
hatte also weltbekannte Fußballstars im Publikum, kannte deren Namen nicht und hatte auch vorher keine Zeit gehabt, sie mir
einzuprägen. Also behalf ich mir mit folgendem Kniff: Ich fragte einfach nicht nach ihren Namen und zeigte meine Effekte,
ohne die Mitwirkenden zu identifizieren. Erstaunlich: Keiner schöpfte Verdacht, es funktionierte …
Dass ich es so darauf ankommen lasse, passiert allerdings sehr selten. Denn ich weiß, wie wichtig das Kennen der Namen für
mich ist. Aber ich muss immer gewisse Hürden überwinden, was mir auch ein bisschen schwerfällt. Ich musste schon in meinem
Studium Massen von Fakten lernen, ganz abgesehen von den vielen – auch absonderlichen – Vokabeln. Mein Lieblingswort bei einer
Übersetzung aus dem Französischen ist seither der Begriff «Pantograph». So eine Vokabel sollte man schon kennen …
Glücklicherweise erzählte mir ein guter Freund, Markus Beldig, zu Beginn des Studiums von verschiedenen Merkhilfen und erklärte
mir einige davon. Solche Mnemotechniken beziehen sich auf Methoden zur Steigerung der Gedächtnisleistung. In diesem Kapitel
möchte ich Ihnen die vorstellen, die mir persönlich |231| am wirkungsvollsten erscheinen, die am schnellsten funktionierten und Wirkung zeigten, nachdem ich sie anderen Menschen vorgestellt
hatte. Mit diesen Methoden können Sie sich Einkaufszettel, Reden – Listen aller Art – einprägen. Sie können sie, wie ich auch, benutzen, um Gedächtnisleistungen zu zeigen und so andere mit
Ihrer bemerkenswerten Schnelligkeit und Präzision zu beeindrucken. Ich habe keine der hier vorgestellten Methoden selbst erfunden,
aber ich benutze sie täglich fast alle. Manche stammen sogar aus der Antike. Ich habe schon lange bemerkt, dass fast niemand
meiner Zuschauer oder Bekannten sie beherrscht, und würze die Methoden darum
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