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Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)

Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)

Titel: Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Löwen , Eduard Dyck
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Prolog
    Die Dunkelheit verdichtete sich und es wurde kälter. Fröstelnd sah Kepler zum Himmel. Unbehaglich aussehende Regenwolken schoben sich vor den Mond, der Wind frischte unangenehm scharf auf. Kepler öffnete trotzdem den dritten Knopf von oben am Regenmantel, bevor er das verfallene Haus verließ. Jetzt konnte er mit einer Bewegung zur Glock greifen, die in der Weste steckte.
    Aus der Ruine heraus, ging er nach links, weiter in den Slum hinein. Er musste endlich etwas essen und dann eine Bleibe für die Nacht finden. Die Chancen dafür standen eigentlich gar nicht mal schlecht.
    Nachdem in Shiyan in den Sechzigern eine Autofabrik gebaut wurde, hatte sich die Stadt aus einem Dorf in eine typische Industriemetropole sowjetischer Prägung verwandelt. Deren brutal sozialistischer Anblick manifestierte sich im Zentrum in den endlosen kasernenartigen Plattenbauten. Typisch chinesisch an Shiyan waren der Tribut an die Tradition in Form einer Pagode mit neun gelben Dächern, und die Modernität des einundzwanzigsten Jahrhunderts, die sich in den Lichtern unzähliger Autos und bunter Reklamen zeigte.
    Und am Rande der Stadt gab es Viertel, wo der Sozialismus seinerzeit nicht angekommen war und nun auch der Kapitalismus nicht hin fand. Hier lebten Menschen aus allen Teilen Chinas. Die meisten von ihnen hatten tatsächlich Arbeit in der Industrie gefunden. Aber ein viel besseres Leben nicht.
    Chinesische Slums unterschieden sich von den afrikanischen Townships. Das Elendsviertel von Shiyan war ordentlicher als Soweto, oder vielleicht nur i rgendwie zielgerichteter, die Bauten hier waren solider und die Gassen dazwischen sauberer. Die Mittellosen der chinesischen Gesellschaft imitierten die Bessergestellten, indem sie ihre Lebenslage mit emsiger Betriebsamkeit zu meistern versuchten. Die Afrikaner taten es nie so. Sie lebten ihr Leben um einiges beschwerlicher und einen Hauch fröhlicher.
    Kepler bog um eine Ecke und sah eine aus rosa gestrichenen Brettern gezimmerte Bude. In China gab es wohl soviele Variationen der nationalen Gerichte wie Abwandlungen von Kung-Fu-Stilen, zumindest kannte Kepler solche Gerüche sonst nicht. Aber Essen war Essen, es schien den Menschen zu schmecken, die an den Tischen vor dem Imbiss saßen, Kepler war in den meisten Dingen sehr aufgeschlossen und jetzt auch noch ziemlich müde. Auch wenn seine letzte List aufgegangen war, er musste trotzdem von der Straße verschwinden, bevor der Geheimdienst seine Spur wiederfand. Kepler schlug den Kragen hoch, zog den Kopf in die Schultern ein und reihte sich in die Schlange zum Tresen ein.
    Die winzige junge Chinesin im rot-weißen Sportanzug, hinter der Kepler stand, wirkte weniger erschöpft als die anderen Menschen hier. In den Händen hatte sie eine amerikanische Ausgabe von National Geographic. Um im spärlichen Licht vor dem Imbiss lesen zu können, hielt die junge Frau die Zeitschrift ziemlich schräg. Über die Schulter der Frau konnte Kepler den Artikel über die paläontologischen Entdeckungen der letzten Jahre ganz gut mitlesen.
    Über der Theke hing eine Speis etafel, auf der die Gerichte nicht nur benannt, sondern auch aufgemalt waren. Kepler glaubte, Judasohren auf einem Bild zu erkennen. Diesem Pilz wurde in der chinesischen Heilkunst eine gesundheitsstärkende Wirkung und die Förderung des Blutkreislaufes postuliert. Kepler war der Meinung, die letzte Eigenschaft des Pilzes gut gebrauchen zu können. Als er an der Reihe war, deutete Kepler nur auf ein Bild. Seine Erscheinung würde den Menschen hier im Gedächtnis bleiben, er verfestigte ihre Erinnerung an ihn nicht damit, dass er das Essen auf Mandarin bestelle. Einige Minuten später bekam er eine Pappschachtel und Essstäbchen. Er bezahlte und ging schnell weg.
    Zweihundert Meter weiter, hinter einer durch eine Straßenlaterne erleuchteten Müllhalde, stand im Schatten eines Schuppens auf Ziegelsteinen statt auf eig enen Beinen ein blaues Sofa. Kepler sah sich um. Außer drei kleinen Jungen, die vor einem Haus auf einer grünen Matratze herumhüpften, war niemand in der Nähe. Es war auch schon ziemlich spät.
    Kepler setzte sich auf das immer noch recht extravagant wirkende Möbelstück und öffnete die Pappschachtel. Zweieinhalb Tage ohne Essen ließen ihn die relativ große Portion zügig verschlingen. Bei den Pilzen hatte er sich getäuscht, es waren keine Judasohren, sie schmeckten seltsam. Nicht einmal das scharf gewürzte Rindfleisch vermochte den Geschmack zu unterdrücken,

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