Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
Franz Arnold c/o a.a.O. Arnold Schönberg, »mag Gott sich selber gnaden«.
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Nachdem ich, um nach dem Geburtstag vom 14.9.1941 wiederum ein Palindrom zu erhalten, den Todestag ja wohl oder übel auf den 14.02.2041 festzusetzen mich gezwungen sehe, frägt sich nur noch, wo es denn sein soll, daß ich von hinnen fahre: Mimbach? Mehlmeisel? Tabernackel? Sunzendorf? Reichenunholden? Mausdorf?
Wurmrausch?
Wurmrausch!
Jawohl, mit 99,5 zwar vollkommen zerblödet, ja von Blödheit förmlich zerblendet; aber in Wurmrausch.
So. Das wär’s dann gewesen. Genau.
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Zum Beschluß
S o. D.h. dieses Schlußwort hier möchte noch einmal, ehe es zu spät ist, ein bißchen au fond gehen, ins Grundsätzliche, ins Titelthematische, in die historischen Zusammenhänge, in die korrespondierenden, die korrespondativen Bezugssysteme; nämlich:
»Sokratische Denkwürdigkeiten«, so benennt 1759, nachdem er im Jahr zuvor noch »Gedanken über meinen Lebenslauf« verlautbart hatte, Johann Georg Hamann sein damals berühmtes halbbiografisches Werk, hinter dem Goethe (in »Dichtung und Wahrheit«) einen »würdigen«, einen »tiefdenkenden gründlichen Mann« erkannte, der schon deshalb »sich mit dem blendenden Zeitgeist nicht vertragen konnte«. Das »Sokratische« meinte da bei Hamann wohl auch die bekannte sokratische Hebammenkunst, das philosophische Heben und heuristische Aufspüren der Wahrheit, das sich wechselseitig befragende Gegeneinander der Dinge und Argumente; das, wie es wiederum Goethe ausdrückt, »aus sämtlichen vereinigten Kräften Entsprungene«; welches der Idee und der aus ihr folgenden möglichst denkwürdigen Wahrheit zur gedeihlichen Geburt verhilft.
Für dieses mein hier tapfer vorgelegtes Buch möchte ich, auch wenn ich in Angelegenheiten des Sokrates immer Dilettant, fast schon Ignorant war und bin, eine ähnliche Intention nicht ausschließen. Der früher manchmal sogenannte Fragmentist Hamann könnte zumindest für diese Schrift und Literaturform ein naher Verwandter gewesen sein. Und beim »Denkwürdigen« meinen wir beide gewiß das denkbar akkurat Gleiche.
»Denkwürdigkeiten« waren im gesamten 19. Jahrhundert wohl beinahe eine feste Literaturgattung und vor allem ein häufiger und beliebter Buchtitel. »Denkwürdigkeiten« nennen Heinrich und Amalie v. Beguelin ihr Gemeinschaftswerk aus den Jahren 1807–15; »Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens« berichtete Karl Varnhagen von Ense (posthum 1853); »Denkwürdigkeiten und Erinnerungen« verfaßt Hermann von Boyen, ein Militär um 1800; »Denkwürdigkeiten« um 1850 Klemens Reichsgraf Metternich. Von Maximilian Joseph Graf von Montgelas erscheinen 1887 »Denkwürdigkeiten des bayerischen Staatsministers«. Und ähnlich treten an und vor die Welt »Denkwürdigkeiten« von und über General Eickemeyer, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Graf Waldersee, Prinz Friedrich Karl von Preußen sowie, nicht zu vergessen, Generalfeldmarschall Edwin Freiherr v. Manteuffel an der Wende zum 20. Jahrhundert.
Und zumindest für drei Sekunden aus dem Grabe heraus wiederum in Erinnerung gerufen seien die »Denkwürdigkeiten«, welche Mathilde Quednow 1877 aus dem Leben des unvergessenen Infanteriegenerals von Hüser vorzutragen hatte.
Kein Vergleich alles in allem jedenfalls mit nachmaligen autobiografischen Titelsaloppheiten wie »Als wär’s ein Stück von mir«, »Neunzig und kein bißchen weise« oder gar »Dem Wolf ins Maul schauen« und dergleichen mehr.
Mag sein, daß, Hamann und Beguelin beiseite, den »Denkwürdigkeiten« vornehmlich etwas suggestiv vornehm Hoheitlich-Staatliches, Halbstaatliches, ja Militärpolitisches eignete und, mir durchaus genehm und willkommen, wortatmosphärisch anhaftete und heute noch haftet. Scheinen will mir, es könnte bei dem zwischenzeitlich stark aus der Mode gekommenen Wort und Buchtitelwort auch immer etwas anderes mitgemeint gewesen sein: die durchaus gründlichere, bedachtere, wohl auch weniger flagrant eitle Form von Selbstbiografie; eitel jedenfalls nicht mehr als rechtschaffen und tunlich. Denn eigentlich, jenseits der mitunter etwas schematisch genutzten Begriffstradition, sagt das Wort nicht mehr und nicht weniger aus als recht verschwiegen, daß eben keineswegs alles in so einem Leben, und sei’s im glanzvollsten, bedeutend sei. Sondern, zumindest im nachhinein, nur manches: denkwürdig. Mit bedeutender Gebärde besteht das Wort auf einer entsprechenden Selektion.
Und so möge es auch in meinem
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