Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
Selbstbestimmung »ruckizucki« (G. Polt) endgültig abgestreift, ja zerrissen. Oder aber, ein Wort Adornos abzuwandeln:
Bei den meisten Menschen ist es schon eine Frechheit, wenn sie gar zu leichtfertig »wir« und »bestimmen« gackern.
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Wenn wir schon in höchsten Nöten sein, kommt aber doch wenigstens immer noch eine höhere und aberhöchste hinzu. Etwa die, daß Merkel sich freut, wenn Osama bin Laden am 1.5.2011 erschossen, genaugenommen wohl ermordet wird: »Ich freue mich darüber, daß es gelungen ist, bin Laden zu töten«; was uns immerhin nochmals bestätigt, daß diese Kanzlerin zehn Jahre vorher und in Anbetracht desselben Osama am 11.9.2001 »ein Stück weit fassungslos« geworden und dann auch gewesen war.
Diesmal mußte sie sich eilig für ihr dummes Gerede entschuldigen; damals hat außer mir (Frankfurter Rundschau 11.10.2001) niemand etwas zu wundern oder wenigstens zu meckern gehabt.
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Drei Tage später teilen 28 Prozent der Deutschen im Rahmen einer Umfrage mit, daß sie diese »Freude« der Kanzlerin über den gewaltsamen Tod des lästerlichen El-Kaida-Chefs teilen. 64 Prozent aber teilen nicht. Erstmals sind also die Deutschen teilweise ein bißchen weniger töricht als ihre Kanzlerin.
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Den Glauben an den Menschen geben, seltsam genug, am besten Tiere und bekannte oder weniger bekannte Tiergeschichten wieder:
Eisbären, die erschossen und schon sterbend nochmals ihre auch bereits toten Jungen schlecken (H. v. Kleist); persische Kühe, die aus Kummer über ihre ertrunkenen Besitzer sofort mit Herzschlag tot umsinken; Elefantenkühe, die tagelang ihr totes Kalb mit sich herumtragen und zum Fressen ablegen und wiederaufnehmen, unterstützt dabei von Mitgliedern der Herde, die auch um das Kleine trauern und die Freundin unterstützen möchten –
Warum uns Menschen das aufrichtet und sogar ein bißchen den Glauben an die Menschheit wiedergibt? Darum: Wenn wir schon nicht so grandios und edel sind wie die Tiere, zumindest manche Tiere, so vermögen wir deren Größe doch immerhin bewundernd und gerührt wohl zu begreifen.
Dies mein vermutlich beträchtlichster Gedanke im sich rundenden 70. Lebensjahr.
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»Da sich jeder Dichter eine Poetik nach seinem Talente bildet« (Madame de Staël, Über Deutschland), entschied sich der fast immer hell und schnell denkende Robert Gernhardt früh für die nachher von ihm und Gefolgsleuten bis zum Überdruß zitierte und reklamierte der »Helligkeit und Schnelligkeit« (Morgenstern); und damit aber waren naturgemäß seinem Verständnis meiner mehr dunklen und langsamen Hauptwerke von der »Mätresse« über »Madonna Bionda« und »Maria Schnee« bis zum theologischen Tierbuch natürliche und erstaunlich enge Grenzen gesetzt, ein so verläßlicher Leser der sonst Treffliche insgesamt auch immer gewesen sein mag.
Um ihm auch an Verständnisgrenzen in nichts nachzugeben, tue ich mich zum Ausgleich weniger mit seinen hellen und schnellen Produkten als mit den späten sozusagen gedankenlyrischen Gebilden härter. Die aber nun seit der Jahrtausendwende von der, soweit das überhaupt noch stattfindet, kanonbildenden Germanistik/Feuilletonistik und anderen Professorenprimeln für seine erheblichsten, ja einzig erheblichen erachtet werden. Indessen in diesen immerfort hartköpfigen Kreisen allerhöchste Artefakte Gernhardts wie »Der unwürdige Inquisitor« oder »Hochwürden, ja, mein Kind, was ist« kaum mehr (oder: schon) zur Kenntnis genommen, im Grunde noch immer als unwürdig erachtet werden.
»Nein, nein! Es ist kein Gott« (Grabbe).
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»Wieschon der allg. Landessitten wenig froh, bisweilen sogar unfroh, ja unfrohgemut in extenso und bis zum Abwinken und beinahe schon zum schauernmachenden Exzeß, dazu dann auch noch rechtschaffen müde, gleichwohl doch allzeit unverdrossen und nichts allzu Arges wähnend, sondern seiner ihm ja wohl von oben vorgesponnenen Schicksalsfäden eingedenk, so zögerlich wie lasterhaft inne und sogar gewissermaßen gehorsam, ja hörig, erhob Capt’n Alwin II lauschend und zugleich etwas unstet sein mit lüsterner Miene spähendes markiges, ja massives Löwenhaupt, um aber schon im nächsten Nu so beklommen wie unsererseits beklemmend mit verfänglich fahriger Gebärde, ungeachtet aller Verbissen- wie Verschlagenheit, letztlich unbehelligt sowie gebieterisch genug jenen Rat zu beherzigen, dessen (so steht jetzt zu befürchten) Quintessenz wohl darauf hinauslief, daß er, ja er, Alwin II , in Kenner- und
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