Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
Anliegen vor.
»Es geht um Ihre Kusine«, sagte sie. »Sol-Britt Uusitalo. Sie ist ermordet worden.«
Maja Larsson sah Rebecka an wie ein Kind, das Lose für einen wohltätigen Zweck verkauft. Dann seufzte sie.
»Verdammt. Dann wollen Sie sicher reinkommen und reden. Na, dann herein mit Ihnen.«
Sie ging vor Rebecka her in die Küche. Rebecka streifte die Schuhe ab und folgte ihnen. Sie setzte sich auf die Holzbank, lehnte Kaffee dankend ab und zog einen Notizblock aus der Jackentasche.
Maja Larsson öffnete eine Schublade und kramte eine Packung Zigaretten hervor.
»Schießen Sie los! Fluppe?«
Rebecka schüttelte den Kopf. Maja gab sich Feuer und ließ Rauchwölkchen aus ihren Nasenlöchern quellen. Sie trat vor den Herd und zog an einer Metallkette, die die Abzugsluke in der Decke öffnete.
»Jemand hat sie im Schlaf erstochen.«
Maja Larsson schloss die Augen und senkte den Kopf. Als versuche sie zu verarbeiten, was Rebecka da eben erzählt hatte.
»Entschuldigen Sie, wenn ich nicht so ganz … Es ist wegen meiner Mutter. Sie hat nicht mehr lange zu leben. Ich wohne nur hier, um in der letzten Zeit bei ihr zu sein. Und es kommt mir so vor, als ob ich einfach keine Gefühle mehr übrig hätte.«
Dann starrte sie Rebecka plötzlich an.
»Marcus!«
»Dem geht es gut«, sagte Rebecka. »Jedenfalls ist er unverletzt.«
»Wollten Sie mich bitten, mich um ihn zu kümmern?«
»Ich weiß nicht. Könnten Sie das?«
Maja Larssons Miene verhärtete sich.
»Na, dann kann ich mir ja schon denken, dass seine liebe Mama Nein gesagt hat. Hatte sie vielleicht Rückenprobleme? Oder hatten sie einen Rohrbruch? Hat sie überhaupt gefragt, wie es ihm geht?«
Rebecka dachte daran, wie ausführlich die Mutter ihr geschildert hatte, dass ihr Freund sie verlassen würde, wenn sie Marcus zu sich holte. Danach, wie es ihrem Sohn ging, hatte sie nicht gefragt.
»Ich kümmere mich um ihn«, sagte Maja Larsson. »Natürlich. Wenn sich sonst niemand findet. Es ist nur wegen meiner Mutter … ich bin so viel im Krankenhaus. Ich weiß nicht recht, wie ich das auch noch schaffen soll. Er kennt mich doch gar nicht. Ich wohne ja nicht hier, wie gesagt, nur jetzt, solange meine Mutter … und ich kann mit Kindern überhaupt nicht umgehen. Hatte selber nie welche. Ach du meine Güte. Wie soll das alles enden! Ich kümmere mich um ihn. Natürlich kümmere ich mich um ihn.«
Rebecka schlug ihren Notizblock auf.
»Wer hat sie Hure genannt?«
»Was?«
»Jemand hat das über ihr Bett geschrieben.«
Maja Larsson sah Rebecka an, durchbohrte sie mit Blicken. Wie der Fuchs, der am Waldrand verharrt und zu erkennen versucht, ob der Fremde im Wald Freund oder Feind ist. Am Ende antwortete sie. Ihre Stimme war leise und sanft. Die Silberschlangen ringelten sich auf ihrem Kopf.
»Ich weiß, wer du bist, Rebecka Martinsson. Die Tochter von Mikko und Virpi. Du bist zurückgekommen. Aber ich wusste nicht, wie du heute aussiehst. Wir sind uns ein einziges Mal begegnet, als du noch klein warst. Rebecka, du weißt doch, wie es hier auf dem Land zugeht.«
»Nein.«
»Nein, vielleicht nicht. Du bist ja Staatsanwältin. Da trauen die anderen sich nicht, dich zu schikanieren. Aber Sol-Britt …«
Sie schüttelte den Kopf. Eine Geste, die bedeutete, dass sie die Geschichte nicht hervorkramen wollte.
»Erzähl.«
»Warum denn? Die Leute hier im Dorf sind grausam, aber sie haben sie nicht umgebracht. Ich erzähle dir etwas, und danach läufst du umher und stellst Fragen. Und dann heißt es plötzlich, ich hätte andere verpfiffen. Und mir werden die Fenster eingeworfen.«
»Jemand hat sie erstochen«, sagte Rebecka mit harter Stimme. »Nicht mit einem Stich. Mit hundert. Ich habe sie gesehen. Hast du vor, mir zu helfen?«
Maja Larsson griff sich in den Nacken und starrte Rebecka wütend an.
»Du kannst reden, du«, sagte sie.
»Ja. Das kann ich.«
»Ich habe deine Mutter gekannt. Wir sind oft zusammen tanzen gegangen. Sie war hübsch. Hatte eine Menge Verehrer. Dann hat sie deinen Vater kennengelernt und ihn geheiratet, und ich bin weggezogen, und so haben wir den Kontakt verloren. Sol-Britt war manchmal bei uns, obwohl sie jünger war als wir. Aber sie war doch meine kleine Kusine. Dann wurde sie schwanger. Und bekam ihren Jungen, Matti, mit nur siebzehn. Der Vater ist abgehauen, als Matti noch kein Jahr alt war. Ich weiß nicht einmal mehr, wie der Dreckskerl hieß. Er ist weggezogen und hat es wohl ziemlich weit gebracht, hat als
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