Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
wahnwitziger Wut. Oder vielleicht ekstatischer Freude. Deshalb reißt man sich nicht zusammen. Macht weiter, wenn das Opfer schon tot ist. Das weist doch meist auf eine psychische Störung hin.«
»Wir erkundigen uns natürlich bei den Psychos, ob die irgendwelche Irren rausgelassen haben«, sagte Anna-Maria.
Sie hätte sich die Zunge abbeißen können. Verdammt, dass ihr Mund es immer so eilig hatte und einfach losplapperte! Rebecka war doch in die Psychiatrie eingewiesen worden. Sie war so verwirrt gewesen, dass man sie mit Elektroschocks behandelt hatte. Sie hatte halluziniert und geschrien. Das war, nachdem Lars-Gunnar Vinsa sich und seinen Sohn erschossen hatte. Anna-Maria hatte nie mit Rebecka darüber gesprochen. Es war einfach so unbegreiflich. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass noch immer Elektroschocks angewendet wurden. Sie hatte gedacht, die gehörten der Vergangenheit an. Wie im Film Einer flog übers Kuckucksnest .
»Jetzt ist es aber still geworden«, sagte Pohjanen mit krächzender Stimme.
In diesem Moment klingelte Anna-Marias Telefon. Sie meldete sich erleichtert, dass sie aus dieser angespannten Stimmung gerettet wurde. Es war Sven-Erik Stålnacke.
»Ich dachte, es sollte morgen früh eine Pressekonferenz geben«, sagte er ohne Vorrede.
»Richtig«, antwortete Anna-Maria.
»Ach was. Da fragt man sich doch, warum von Post im Konferenzzimmer mit einer Bande von Journalisten redet.«
Anna-Maria verkniff sich ein »Scheiße, was soll das?«.
»Ich komme«, sagte sie nur und beendete das Gespräch.
»Das wird dich gar nicht freuen«, sagte sie zu Rebecka.
W E MEET AGAIN , dachte Bezirksstaatsanwalt Carl von Post, als er Kommissarin Anna-Maria Mella und Rebecka Martinsson aus ihren Autos steigen sah. Ihr blöden Schnepfen.
Rebecka Martinsson. Es war einige Jahre her, dass sie in die Stadt gekommen war und sich in seine Ermittlungen zum Mord an Viktor Strandgård eingemischt hatte. Schon als sie aus dem Flugzeug stieg, hielt sie sich für sonstwas. Eine erfolgreiche Anwältin aus der Kanzlei Meijer & Ditzinger. Als ob das etwas zu sagen hätte! Ihr Freund war dort Sozius. Er hatte sofort begriffen, wie sie an ihren Job gelangt war. Aber die Medien, diese verdammte Pressemeute, die hatten sie angebetet. Nachdem der Mord aufgeklärt war, hatte man flächendeckend über sie berichtet. Ihn hatten sie als Trottel hingestellt, der die Falsche erwischt hatte. Er hatte geglaubt, Rebecka danach loszuwerden, aber nichts da. Sie war hierher in den Norden gezogen und hatte sich eine Stelle als Staatsanwältin gesucht. Sie und die Zwergpolizistin Mella waren durch die Ermittlung über den Mord an Wilma Persson und Simon Kyrö gestolpert. Es war ein Wunder, dass man die Mörder gefasst hatte. Aber die Presse – schon wieder diese verdammte Journaille – hatte eine neue Modesty Blaise aus ihr gemacht.
Während er sich jahrein, jahraus mit Trunkenheit am Steuer, gestohlenen Schneemobilen und Körperverletzungen abgegeben hatte. Im Prinzip. Ein Mord, immerhin. Ein Kerl aus Harads, der an einem Samstagabend seinen Bruder erschlagen hatte.
Carl von Post steckte bei den Anklagebehörden in Lappland fest. Und daran waren diese beiden schuld. Modesty Scheiß-Blaise und diese Polizistin, die sie an der Leine führte. Die Chancen standen gleich null, dass er eine Stelle in einer größeren Kanzlei in Stockholm finden könnte. Aber sein Entschluss stand fest. Etwas musste sich ändern. Er war jetzt damit an der Reihe, berühmt zu werden, in die Zeitungen zu kommen. So ein spektakulärer Mord war genau das, was er brauchte. Sie doch nicht. Er hatte sich den jetzt gesichert. Diese beiden konnten ihn sich nicht mehr zurückholen, das würden sie noch früh genug merken.
Carl von Post wandte sich den versammelten Journalisten zu. Alle schauten mit einem Auge auf ihre iPhones, checkten Twitter und Flashback auf der Jagd nach Zusatzinfos. Mikrophone wurden eingeschaltet. Expressen und Aftonbladet hatten ihre festen Freien geschickt. Die Reporter von NSD und Norrbottens-Kuriren lungerten ein Stück weiter weg auf dem Gang herum, in der Hoffnung, jemanden zu erwischen, den sie kannten. Die Typen von SVT und TV 4 schleppten sich mit ihren riesigen Kameras ab. Und dann waren da noch Leute, die er überhaupt nicht kannte. Alle schmissen sich ran in dem Versuch, ein wenig Extrazeit nach der Pressekonferenz für sich herauszuschlagen.
»Fünf Minuten«, sagte er, zeigte auf die im Konferenzzimmer aufgestellten Stühle und
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