Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
lief hinaus, um außer Hörweite der anderen mit Rebecka und Anna-Maria zu reden.
Anna-Maria Mella ging mit großen Schritten auf Carl von Post zu. Er wurde langsamer, wollte wohl nicht gestresst wirken. Aber sie hatte durch die Glastür gesehen, wie er zum Ausgang gehastet war. Rebecka geriet ein wenig in die Nachhut.
»Hallo«, sagte von Post und lächelte. »Gut, dass ihr da seid. Ihr wart beim Rechtsmediziner, habe ich gehört. Ihr könnt mir vielleicht kurz zusammenfassen, was er gesagt hat, ehe …«
»Weißt du was«, fiel Anna-Maria ihm ins Wort, »ich bin kurz vor dem Schlaganfall. Wenn du also ein segensreiches Wort sagen könntest, das mich ein wenig beruhigt …«
»Wie meinst du das?«
»Wie ich das meine!«
Anna-Maria warf die Arme in die Luft, dann landeten beide Hände auf ihrem Kopf, wie um den an der Explosion zu hindern.
»Du hast eine Pressekonferenz einberufen. Jetzt. Ich hatte das schon getan. Die war für morgen früh um acht anberaumt.«
Von Post verschränkte die Arme.
»Tut mir leid, dass es ein bisschen schnell gegangen ist. Ich hätte dich über die Änderung natürlich informieren müssen. Ich leite die Voruntersuchung und finde, je eher wir mit der Presse sprechen, desto besser. Du weißt doch, was sonst passiert. Unsere eigenen Leute verkaufen Infos über die Ermittlungen. Und die Presse erfindet eine Menge, um die Auflage zu steigern.«
»Du brauchst mir nicht beizubringen, wie man mit der Presse umgeht! Und du leitest die Voruntersuchung? Das tut doch Rebecka.«
Von Post sah Rebecka an, die sie erreicht hatte und jetzt neben Anna-Maria stand.
»Nein, das tut sie nicht«, sagte er mit kalter Stimme. »Das hat Alf Björnfot entschieden.«
Alf Björnfot war der Oberstaatsanwalt. Als Rebecka nach Kiruna zurückgezogen war und ihre Stockholmer Stelle aufgegeben hatte, hatte er sie dazu überredet, für die Anklagebehörden zu arbeiten.
Anna-Maria öffnete den Mund, um zu sagen, dass das ja wohl verdammt noch mal unmöglich sei, klappte ihn aber gleich wieder zu. Natürlich wäre von Post nicht aus eigener Machtvollkommenheit hergekommen und hätte alles an sich gerissen. Dumm war er ja nicht. Oder doch, schon, aber nicht so dumm.
Rebecka nickte, sagte aber nichts. Nach einigen Minuten Stille brach Carl von Post das Schweigen.
»Du stehst der Toten einfach zu nahe. Deshalb hat Alf mir die Voruntersuchung übertragen.«
»Ich habe sie nicht gekannt«, sagte Rebecka.
»Das nicht, aber ihr wohnt doch im selben Dorf, früher oder später taucht in der Ermittlung jemand auf, den du kennst. Das ist eine heikle Angelegenheit. Das musst du verstehen. Björnfot kann dir das nicht überlassen. Das Risiko von Befangenheit ist zu groß.«
Er sah sie an. Sie verzog keine Miene.
Sicher hat sie irgendeinen kleinen Gehirnschaden, dachte er. Eine leichte Entwicklungsstörung.
Rebecka machte ein ausdrucksloses Gesicht. Ihre Stirn schmerzte vor Anstrengung, aber sie war fast sicher, dass nichts zu sehen war. Sie hatten sie weggefegt wie alten Abfall. Und Alf hatte sie nicht einmal angerufen.
Nicht zeigen, dass du verletzt bist, mahnte sie sich.
Denn genau das würde von Post freuen. Er würde sich wie ein Schmarotzer an ihrem verletzten Selbstbewusstsein gütlich tun.
»Und dann macht er sich wohl auch ein wenig Sorgen um dich«, sagte von Post jetzt mit sanfter Stimme. »Du hast doch eine Krankheitsgeschichte, und so ein Fall kann schließlich anstrengend sein.«
Er legte den Kopf ein wenig schräg und sah Rebecka an.
Nicht antworten, dachte Rebecka.
Von Post seufzte resigniert und warf einen Blick auf sein iPhone. »Wir müssen anfangen«, sagte er. »Was hat der Rechtsmediziner gesagt? Ganz kurz.«
»Das schaff ich nicht«, sagte Rebecka. »Muss die Hunde holen.« Aber sie rührte sich nicht von der Stelle.
»Er hat nichts gesagt«, sagte Anna-Maria. »Hatte noch nicht anfangen können.«
Beide Frauen schlugen die Arme übereinander. So standen sie eine Weile da. Dann ließ Rebecka die Arme sinken, drehte sich um und ging.
Von Post sah zu, wie sie ins Auto stieg und losfuhr. So war das also.
Ein kleines Negerlein bin ich schon losgeworden, dachte er.
Er konnte sich das Lächeln kaum verkneifen.
Da war es nur noch eins. Und diese alte Zicke Mella soll sich ja nicht einbilden, sie könnte sich hier irgendetwas erlauben.
»Ich habe jetzt keine Zeit für irgendwelchen Unfug deinerseits, Mella«, sagte er dumpf. »Du kannst mir sagen, was er gesagt hat. Sonst steigst du aus
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