Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
Lebens.«
Jetzt war es in der Küche so still, dass das Ticken der Wanduhr zum Dröhnen wurde. Alle wussten, dass Carl von Posts Frau in einer Bank arbeitete und viel mehr verdiente als er. Außerdem war allgemein bekannt, dass er mit Dienstanwärterinnen, Referendarinnen und auch mal der einen oder anderen Zeugin ins Bett ging. Fred musterte seine Fingernägel, und Sven-Erik strich sich über den Schnurrbart.
Jetzt war Maja Larssons Stimme messerscharf.
»Jede Wette, dass Ihr Vater denselben Beruf hatte wie Sie. Aber dass er erfolgreicher war. Jurist, was? Oder vielleicht Oberarzt.«
Carl von Post wurde blass um die Nase. Sein Vater war Regierungsrat.
»Verweigern Sie die Antwort auf meine Frage?«
»Ich weiß nicht, mit wem sie ein Verhältnis hatte, klar? Wir haben einander nicht sonderlich gut gekannt. Ich weiß nur, dass sie jemanden hatte.«
»Sie hat Ihnen eine SMS geschickt …«
»Ja, sie hat geschrieben, dass sie Schluss machen wollte. Und das habe ich nicht erzählt. Es wurde so viel Klatsch über sie verbreitet. Aber mehr weiß ich nicht. Habe ich Sie jetzt so sehr gereizt, dass Sie mich deshalb verhaften?«
»Sie haben mich durchaus nicht gereizt«, sagte von Post. Seine Stimme klang ein wenig schwach.
»Gut, dann können Sie jetzt vielleicht fahren und mich in Ruhe lassen. Ich muss morgen früh meiner sterbenden Mutter das Frühstück geben. Das Schlucken fällt ihr jetzt so schwer. Es dauert eine Ewigkeit. Das Personal hat keine Zeit.«
Sie konnten sich gar nicht schnell genug zurück ins Auto quetschen. Aber sie hatten den Hofplatz kaum verlassen, als Sven-Erik Stålnacke ausrief: »O verdammt! Sofort anhalten. Ich muss aufs Klo. Scheiße, was für ein Druck! Halt an, sonst geht es auf den Sitz.«
Er rannte zurück ins Haus.
Die Kollegen sahen im Rückspiegel, dass Maja Larsson aufmachte. Dass es eine Weile dauerte, bis sie zur Seite trat und ihn einließ.
Sven-Erik Stålnacke setzte sich auf den Deckel der Toilette. Er musste gar nicht. Nach zwei Minuten zog er ab. Dann zog er noch einmal ab. Er wusch sich die Hände und ging hinaus. Maja Larsson und ihr Freund saßen am Küchentisch. Er nickte dem Mann kurz zu und sagte zu Maja Larsson: »Du hast das alles ganz richtig geraten.«
Sie nickte zum Zeichen, dass ihr das egal war, drückte ihre Zigarette auf dem Deckel eines Einmachglases aus, ließ die Kippe hineinfallen und drehte den Deckel zu.
»Er hat Rebecka aus der Ermittlung rausgeekelt. Und wir haben ja verdammt noch mal nichts zu sagen. Na also. Entschuldige das eben …«
Er wies in Richtung Küche.
»Und ich kann dir sagen, wir wollen den Täter wirklich finden.«
Ihre Mundwinkel zuckten, und sie drehte das Gesicht rasch weg.
»Danke, dass ich aufs Klo gehen durfte. Altwerden ist ein Dreck. Zuerst kann man eine Woche lang gar nicht, und dann … na ja, jetzt muss ich los.«
»Warte.«
Sie hatte noch immer ihr Gesicht weggedreht, als sie nun hinzufügte: »Sie hatte was mit einem verheirateten Mann aus dem Ort. Du weißt, man soll der Polizei nicht immer alles erzählen. Plötzlich werfen die Kinder aus dem Dorf gerade dir die Fenster ein. Aber du brauchst mich nicht zu bemitleiden. Was spielt es für eine Rolle, mit wem sie geschlafen hat? Sie ist tot. Davon wird sie nicht wieder lebendig. Und dann dieser verdammte Schnösel, der durch sie Karriere machen will. Wird dann in den Zeitungen stehen, mit wem sie ins Bett gegangen ist? Verdammter Mist.«
»Wer war es?«
»Ich weiß nicht. Nur, dass er in der Stadt arbeitet. Und hier im Ort wohnt. Dass er verheiratet ist und Kinder hat.«
»Das hat ja verdammt lang gedauert«, sagte Tommy Rantakyrö zu Sven-Erik, als der endlich zum Auto zurückkehrte.
»Kann schon sein«, sagte Sven-Erik und machte sich am Sicherheitsgurt zu schaffen. »Herr im Himmel. Da hatte ich doch glatt eine ganze Woche lang die totale Verstopfung. Und ausgerechnet jetzt ist es damit vorbei.«
Carl von Post trat aufs Gaspedal, dass der Kies nur so durch die Luft stob.
Anna-Maria lugte zu Sven-Erik hinüber. Er erwiderte ihren Blick und nickte unmerklich.
K RISTER E RIKSSON STAND allein in der Küche und hielt seine Kautabaksdose in der Hand.
»Ich höre auf«, verkündete er den Mächten des Universums. »Es reicht. Ausgekaut.«
Er warf die Dose in den Müllsack, verknotete ihn energisch und trug ihn zur Mülltonne bei der Garagenauffahrt.
Im Haus fiel es Marcus schwer, zur Ruhe zu kommen. Er kroch mit den Hunden umher und spielte unermüdlich.
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