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Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder

Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder

Titel: Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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in der Morgenzeitung. Einmal mehr wurde mir bewusst, wie dunkel und vollgestellt der Raum war und welch stickige Atmosphäre der Resignation er ausstrahlte. Doch da war noch etwas, das nichts mit abgestandener Luft zu tun hatte. Paul sah gebrechlich aus an diesem Morgen, doch unter all seiner Gebrechlichkeit schwelte Frustration und hoffnungslose Wut. Ich konnte spüren, wie sie in Wellen von ihm ausstrahlte. Bevor er mich bemerkte, fragte er gereizt: »Wer war das?«
    Invaliden sind keine Heiligen. Wie sollten sie auch, an einen Rollstuhl gefesselt und tagaus, tagein von den gleichen vier Wänden umgeben? Irgendwann kocht die Frustration über. Sie können ihren sie pflegenden Angehörigen das Leben zur Hölle machen. Wahrscheinlich hatte sich Pauls Stimmung ein wenig gebessert, nachdem seine Tochter nach Hause gekommen war. Doch gegenwärtig war sie nicht da, und die Dinge liefen schlecht an diesem Morgen. Kein Wunder, dass Jennifer mich als mögliche Ablenkung willkommen geheißen hatte.
    Paul blühte unübersehbar auf, sobald er mich erblickte. Jennifer huschte geschäftig in die Küche, um Kaffee zu kochen, und ich setzte mich zu Paul, um mich mit ihm zu unterhalten, hauptsächlich über Theater und meine beruflichen Ziele. Es war eine schwierige und anstrengende Unterhaltung, und je länger sie dauerte, desto mehr wurde mir eines klar: Pauls Leben war so leer, dass er sich an alles klammerte, was nach einem »richtigen Leben« außerhalb der vier Wände seines eigenen Hauses aussah. Mir fehlt es, wegen des Mangels an Rollenangeboten, an Erfahrung, was die Arbeit im Theater angeht, doch ich habe zumindest eine ziemlich genaue Vorstellung davon. Paul hatte keine. Seine Ideen stammten voll und ganz aus Büchern. Er stützte sich auf das, was er in Biografien älterer Stars der Bühne und des Films gelesen hatte, von denen nicht wenige bereits seit einer Reihe von Jahren nicht mehr am Leben waren. Mir wurde klar, dass seine Vorstellung vom Theaterleben unglaublich glamourös war, nichts als Showbiz-Partys und reiche Verehrer aus der Oberklasse, die nur darauf warteten, aus Satinschuhen Champagner zu schlürfen. Ich gewann den Eindruck, dass er sich vorstellte, Lisa würde eines Tages einen reichen Bewunderer kennen lernen, der sie mit Blumen und Diamanten überhäufte, bevor er sie in die Ehe und möglicherweise sogar in den Adelsstand entführte.
    Ich bemühte mich nach Kräften, die Unterhaltung von seinen Fantasien abzulenken, von mir und seinen Erzählungen von den (rein fiktiven, doch das wusste er nicht) Erfolgen seiner Tochter auf der Musicalbühne. Ich erkundigte mich nach seiner Büchersammlung. Wir redeten über alte Filme, die wir beide im Fernsehen angeschaut hatten. Ich fragte sogar (voller Verzweiflung!), wie es Arthur im Augenblick so ginge.
    »Ich war heute Morgen draußen bei ihm«, sagte Paul. »Aber er war nicht zu Hause. Er ist wahrscheinlich Schnecken und Würmer einkaufen.«
    Ich erkannte, dass die letzten Worte ein Witz sein sollten – ein Witz, der auf bestürzende und peinliche Weise die Leere seiner Existenz noch einmal verdeutlichte. Für Paul Stallard war Arthur wie ein menschlicher Nachbar. Ich fragte mich, warum sich die Stallards kein richtiges Haustier anschafften, beispielsweise eine Katze. Möglich, dass sich Katzen und Ringelnattern nicht vertragen.
    Endlich gelang es mir, mich zu verabschieden. Ich hatte das Gefühl, dass ich die Stallards allein und im Stich ließ, doch ich wusste auch, dass ich nichts für sie tun konnte, außer Lisa bei der Bewahrung ihres Geheimnisses zu helfen. Kein Wunder, dass sie Neds Schulter brauchte, um sich auszuweinen. Sie konnte niemals mit einem Problem zu ihren Eltern gehen. Ihr Zuhause war ein Wespennest voller eingesperrter Probleme.
    »Es tut mir wirklich leid, dass Sie Lisa nicht angetroffen haben«, sagte Jennifer Stallard an der Haustür. »Ich sage ihr, dass Sie hier waren.« Sie ergriff meine Hand. »Ich danke Ihnen sehr dafür, dass Sie uns ein wenig von Ihrer Zeit geschenkt haben«, sagte sie leise.
    Zum ersten Mal sah ich sie genauer an. Sie besaß eine verblasste Schönheit und starke Ähnlichkeit mit ihrer Tochter. Doch unter den Augen waren dunkle Schatten, und tiefe Linien zogen sich um ihren Mund. Sie trug das Haar kurzgeschnitten und glatt, und sie hatte trotz der frühen Stunde die Zeit gefunden, Puder und Lippenstift aufzutragen. Sie hielt sich aufrecht mit der Verzweiflung von jemandem, der keine Alternative sah. Die Stallards

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